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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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warum es verhehlen: Der Aufenthalt in den Beinernen Palästen hatte meinem Hirn erheblichen Schaden zugefügt. Fristen galten mir mit einem Mal mehr als mein eigenes Leben! Und so fasste ich den nächsten klaren Gedanken erst, als ich in jenem Saal bereits einige Schritte hinter mich gebracht hatte, in jenem Saal also, den zu betreten man mir doch so entschieden abgeraten hatte.
    (Aber das war das alte Lied! Wie kommen die größten Dummheiten des Universums denn zustande? Indem die Füße den Weg entscheiden, die Hand aus eigenem Antrieb zum Messer fliegt. Am Ende heißt es dann immer, mein Kopf habe das gar nicht gewollt – was diesen freilich nicht davor bewahrt, für die Fehler von Armen und Beinen zu büßen.)
    Die Angst brodelte nicht schlechter in mir als ein Geysir auf der Insel des Drachen, ja, sie trat sogar langsam über den Rand.
    Ganz ruhig!, verlangte meine innere Stimme. Bloß keine Panik! Noch ist dir nichts geschehen, noch kannst du umkehren. Und nun versuch, dich zu beruhigen!
    Was für ein wunderbarer Rat! Ich seufzte mehrmals schwer und gab mir alle Mühe, meinen Atem und das wilde Getrommel meines Herzens unter Kontrolle zu bringen. In gewisser Weise hatte die Stimme ja recht: Obwohl ich bereits gut zwanzig Schritt in das verbotene Terrain hinein vorgedrungen war, war mir ungeachtet der markigen Drohung am Saaleingang kein Härchen gekrümmt worden. Ob mir die Elfen bloß einen Schrecken hatten einjagen wollen? Am besten sah ich mich erst einmal in Ruhe um und entschied dann, ob ich meinen Weg fortsetzte oder nicht doch besser kehrtmachte.
    Der Saal hatte etwa die Größe eines Turnierplatzes. Die Wände waren aus gewaltigen Steinquadern errichtet, von denen jeder so groß wie eine ganze Kutsche war. Angesichts dieser groben und einfallslosen Architektur vermochte ich kaum zu glauben, dass hier neunundsechzig Herrscher aus einem der lichten Elfenhäuser ihre letzte Ruhe gefunden hatten.
    Die Säulen zeigten eine vollständig willkürliche Anordnung, mal standen drei zusammen, mal eine oder auch gleich acht. Sie alle waren hoch, achtkantig und sehr schlank, sodass sie kaum Schutz boten. Über den Boden krochen langsam Lichtflecken – was ich mir überhaupt nicht erklären konnte. Es sah aus, als fielen Sonnenstrahlen auf den Boden – nur dass es hier eben keine Sonne gab.
    Insgesamt haftete der Szenerie etwas Bedrohliches an: Ein halbdunkler Saal, in dem jede Säule einen tintenschwarzen Schatten warf und rund vierzig Lichtflecken über den Boden irrten.
    An der Stelle, wo ich stand, gab es zum Glück keine dieser Flecken. Vor mir ballten sie sich jedoch zusammen. Ich wandte mich zum Ausgang zurück. Acht Sonnenstrahlen, die wer weiß woher aufgetaucht waren, versperrten mir den Weg. Wollte ich den Saal wieder verlassen, musste ich an ihnen vorbei.
    Da ich aber um keinen Preis auf irgendwelche mysteriösen Lichtflecken treten wollte, gedachte ich, die schwarzen Flächen zwischen den Flecken zu nutzen und zum Ausgang zu huschen. Als hätten die Flecken meine Gedanken gelesen, setzten sie sich in Bewegung und verschmolzen zu einer einzigen großen Schranke.
    »Ihr Schweine!«, entfuhr es mir unwillkürlich.
    Die Flecken verstanden das natürlich nicht und zitterten nicht einmal (ganz zu schweigen davon, dass sie zur Seite gewichen wären und mir den Weg freigegeben hätten). Sollte ich nun kurzerhand zum Ausgang zurückstiefeln? Spielte es wirklich eine so große Rolle, ob der Boden beleuchtet war oder im Schatten lag?
    Doch jede Überredung versagte. Mir behagten diese Lichtflecken nicht. Ich gab sogar einen Schuss aus der Armbrust auf sie ab, in der Hoffnung, dies habe irgendeine Wirkung. Doch der Bolzen schlug bloß dumpf klirrend auf dem Boden auf.
    »Ich gehe da nicht lang, und wenn ihr mich zerfleischt!«, murmelte ich und wandte mich vom Ausgang ab.
    Dann also durch den Saal! Es musste doch ein System in diesem Geflirre geben, das auf den ersten Blick so sinnlos erschien!
    Die Flecken krochen mit der Geschwindigkeit eines lahmen Mammuts über den Boden und schienen kein Ziel anzusteuern, sondern sich ausschließlich zu ihrem Vergnügen zu bewegen. Einige zogen es vor, nach rechts zu wandern, andere bogen nach links ab. Hier waberten welche über die Diagonale, dort beschrieben sie einen Kreis oder eine Spirale, und schließlich gab es auch welche, die auf einer Zickzacklinie vorwärtsglitten. Manchmal verschmolzen sie kurz zu einem einzigen großen Fleck, teilten sich dann aber wieder und

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