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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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mich völlig aus. Der Weg wand sich wie eine wild gewordene Schlange von Saal zu Saal, in den engen Gängen mit ihren niedrigen Decken hing abgestandene Luft. Am liebsten hätte ich mir die Brust aufgekratzt, nur um etwas freier atmen zu können.
    In einem Saal erschreckte mich ein riesiger Schatten halb zu Tode – mein eigener, wie sich herausstellte, der durch eine Fackel an der Wand auf ein Vielfaches vergrößert worden war. Dreimal fand ich die Skelette früherer Besucher dieser Sehenswürdigkeit. Bei einem war die Kleidung noch nicht ganz zerfallen, er musste zur ersten Expedition Stalkons gehört haben. Wie er es geschafft hatte, ohne den Schlüssel durch das Flügeltor und in die fünfte Terrasse zu gelangen, blieb mir ein Rätsel.
    Irgendwann war ich bereit, die Hälfte meines Blutes herzugeben, nur um aus diesem Labyrinth herauszukommen. Gut, am Ende kam ich heraus, einfach indem ich durch ein Loch stieg – und zwei Schritt vor einem Abgrund stand. Eine letzte Fackel brannte hier. Sie hatte auch verhindert, dass ich ins Bodenlose trat. Hinter mir lag die Fünfte Hand, vor mir und unter mir das Nichts. Seitlich führte jedoch ein Pfad weiter, der unmittelbar ins Gestein gehauen war. Er war sehr schmal. Ein Schritt nach links, und meine Schulter stieß gegen kalten Basalt, ein Schritt nach rechts – und mich erwartete Leere.
    Diesen Pfad musste jemand mit den Zähnen aus dem Gestein herausgenagt haben. Linker Hand klafften immer wieder dunkle Löcher, die ins Innere des Felsens führten. Ich setzte alles daran, so schnell wie möglich an ihnen vorbeizukommen, damit mich ja nichts aus ihnen ansprang.
    Nach einer Weile verengte sich der Pfad sogar noch weiter. Ich vermochte kaum einen Fuß vor den anderen zu setzen, und die Gefahr abzustürzen war beängstigend gestiegen. Um irgendwie Halt zu finden, krallte ich die Finger in den Basalt.
    Nach einer Ewigkeit tauchte eine horizontale Kette aus sechs Lichtern vor mir auf. Der Pfad endete unmittelbar vor ihnen. Auch hier klaffte ein Loch im Felsen, das genau dem entsprach, durch das ich aus der Fünften Hand herausgetreten war. Dieser Eingang betraf mich jedoch nicht, da ich nicht beabsichtigte, das Felsinnere zu erkunden. Deshalb wandte ich mich den Lichtern sowie dem zu, was unter ihnen begann. In den Karten gab das Gebilde eine feine Linie ab, die die Bezeichnung Neerenas Haar trug.
    Noch eine Brücke, auch diesmal sehr schmal – und obendrein rund! Ein Haar eben! Für jeden, der sich nicht rühmen konnte, Hochseilartist zu sein, ein hübscher Spaß!
    Doch selbst wenn ich noch so lange auf die Brücke starrte, sie wurde nicht breiter. Und auch nicht kürzer. Zum Glück war Garrett aber kein Stumpfhirn, zum Glück hauste in Garretts Kopf nicht nur Walder, sondern auch jede Menge Grips! So kam ich denn zu dem Schluss, die Brücke nicht auf spektakuläre, sondern auf eine möglichst ungefährliche Weise hinter mich zu bringen. Und das bedeutete: auf dem Bauch.
    Ich kam so schnell vorwärts wie eine Raupe, die zu viele Blätter des Schönen Krauts gefressen hat. Nachdem ich ein Viertel des Weges bewältigt hatte, legte ich eine redlich verdiente Pause ein, während der ich die Brücke mit Armen und Beinen umklammerte, als wäre sie der größte Schatz in meinem Leben. Von unten stieg kaum spürbar warme Luft auf, die nach Latrine roch. Der Gestank trieb mir die Tränen in die Augen.
    Ich malte mir aus, was für ein verlockendes Ziel ich für einen Bogenschützen mit festem Boden unter den Füßen abgab. Glücklicherweise dürfte sich aber wohl im Umkreis von hundert League niemand mit einem gespannten Bogen finden.
    Dann robbte ich unverdrossen weiter, ließ mich nicht von der Brücke bezwingen – und erreichte am Ende meiner Kräfte die andere Seite. Hier pochte der Schlaf unerbittlich auf sein Recht.
    Sei’s drum, dann würde ich eben ein Weilchen ausruhen … nur kurz die Augen schließen, die brannten ja auch schon … auf gar keinen Fall aber würde ich einschlafen … ganz bestimmt nicht …

Kapitel 7

    Der Tanz der Lichtflecken
    Nimmt es wunder, wenn ich am Ende doch eingeschlafen bin? Wie lange ich schlief, vermag ich zwar nicht zu sagen, doch ich wachte so jäh auf, als hätte mir jemand den Ellbogen in die Seite gerammt.
    Die Karten wiesen diesen Ort als den sechsundachtzigten nordöstlichen Treppensaal oder auch den Saal des schwarzen Onyx aus. Der schwarze Stein verschlang das Licht meines »Feuers« derart gierig, dass ich kaum noch etwas

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