Schattentänzer
Richtung.
»Los komm, Garrett. Hör auf, rumzupupen.«
»Ich will mir die Sache erst genauer ansehen.« Die Bude sah aus wie ein verwunschenes Schloß in Miniaturausgabe, allerdings als Ausgeburt eines kranken Hirns. Ein Unterschlupf für Werwölfe und Vampire, die zu gichtig waren, um fliegen zu können. Es war zwar ein Schloß, aber nicht größer als die Anwesen ringsherum. Erbaut ungefähr im Maßstab eins zu vier. Es war ganz aus schwarzem Stein erbaut und starrte vor Dreck.
»Hübscher kleiner Bungalow. Wohnt hier Lubbock?« Ich hatte das Haus schon früher gesehen, ihm aber keine Beachtung geschenkt. Für mich war es nur eine Behausung für einen der zahlreichen verrückten Hügelianer gewesen, und ich wußte nichts darüber.
»Ja. Es gehört ihm. Aber wenn ich ehrlich sein soll: Ich glaube nicht, daß er wirklich Lubbock heißt.«
»Ach was! Wirklich nicht?«
Sie warf mir einen besonders niederträchtigen Blick zu.
»Was weißt du über ihn?«
»Er ist in der metallverarbeitenden Branche tätig. Metallschmelzerei. Es ist seine Branche. Ich meine, er hat königliche Verträge. Er ist sehr reich. Ich habe die Ohren aufgesperrt. Und er ist auch etwas eigenartig.«
»Das würde ich auch sagen.«
»Versuch, ernst zu bleiben.«
Ich ging weiter. Sehr langsam.
Eigentlich erwartete ich irgendwelche Zombiewächter am Tor. Vielleicht Gnomzombies, weil die Hütte so winzig war.
Die wenigen Fenster wurden von schwarzen Stahlstangen geschützt. Eine winzige Zugbrücke spannte sich über einen winzigen Burggraben, der etwa einsfünfzig breit war. Nichtmenschliche Schädel mit spitzen Hauern thronten über dem Tor. Aus ihren Nasenlöchern drang Rauch. Trotz des hellen Tageslichts brannten Pechfackeln. Irgendwo im Schloß spielte eine Kapelle unheimliche Musik. Ein Dutzend morCarthas hockten auf den Zinnen; lebende Gargoyles. Ich würde sagen, hier war jemand außerordentlich merkwürdig.
Jemand, der es sich leisten kann, in der Oberstadt zu wohnen, kauft oder baut sich normalerweise dort sein Traumhaus.
Ich blieb stehen und dachte über die morCartha nach. Sie kamen mir selbst für diese Tageszeit zu lethargisch vor.
»Laß uns nicht einfach auf der Straße rumstehen«, meinte Winger und schritt, ohne mit der Wimper zu zucken, über die Zugbrücke. »Kommst du mit?«
»Ja. Aber ich frage mich langsam, ob das wirklich eine blendende Idee ist.«
Sie lachte nur. »Mach dir keine Sorgen. Das ist alles nur Schein. Er ist eben verrückt. Er liebt es, sich wie ein Zauberer anzuziehen und zu tun, als wäre er einer, aber die einzige Magie, die er hinkriegt, ist die, Essen verschwinden zu lassen.«
Wahrscheinlich hatte sie recht. Hätte er wirklich nennenswerte magische Fähigkeiten, wäre er draußen im Cantard und würde versuchen, Großmond auszutricksen.
Ein kadaverhafter, alter Mann erwartete uns. Ohne ein Wort zu sagen, führte er uns in ein unheimliches Empfangszimmer. Die Wände waren mit Peitschen und Ketten und mit Instrumenten geschmückt, deren Funktion ich lieber nicht einmal zu erraten versuchte. Kunst gab es auch. Eine Galerie dämonischer Porträts irgendwelcher Titanen. Und auch einige von echten Menschen, die ich vielleicht hätte kennen sollen. Aber ich hatte mich noch nie besonders für Geschichte interessiert. Jedenfalls sahen sie aus, als hätten sie unsere Vergangenheit geprägt.
Lubbock gesellte sich zu uns.
Neben ihm hätte der Tote Mann wie ein durchtrainierter Athlet ausgesehen. Er mußte etwa sechshundert Pfund auf mehrere Waagen bringen und trug ein albernes Kostüm, das aussah, als hätte er es selbst genäht. Es sollte das eines Schwarzen Magiers darstellen. Der Stoff hätte gereicht, um Zelte für ein ganzes Bataillon zu fertigen. Wehe, wenn diese Mächte davon Wind bekamen …
Lubbocks Lächeln blieb in den rosigen Faltengebirgen seines Gesichtes stecken. Ich mußte an Wachs denken, das von der Spitze einer Kerze träufelt. »Ah, Winger. Sie haben es endlich geschafft, den Mann herzubringen. Zahl sie aus, Pestilenz.« Eine Frau, die aussah wie die Großmutter des alten Torwächters, brachte Winger einen kleinen Lederbeutel. Die ließ ihn rasch verschwinden.
»Mr. Garrett.« Lubbock deutete eine Verbeugung an. Das heißt, er versuchte es. Ich dagegen versuchte, ernst zu bleiben. Keiner von uns war besonders erfolgreich in seinen Bemühungen, obwohl ich gerade noch so durchging.
Der Windbeutel hatte eine unheimliche Stimme, die es mir kalt über den Rücken laufen ließ. Ich
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