Schattentänzer
was zu und verdünnisierte sich, ohne sich davon zu überzeugen, ob ich es auch in der Hand hielt. Was nicht der Fall war. Es fiel auf die Schwelle und wurde vom Wind verweht. Ich hetzte hinterher. Natürlich fiel prompt die Tür hinter mir zu und der Riegel klackte. Ich trat und hämmerte fluchend dagegen, bis Dean mich endlich einließ. Er sagte nichts, sondern schnitt nur eine mißbilligende Grimasse. »Geh Töpfe schrubben«, knurrte ich ihn an.
Dann verschwand ich in meinem Büro und ließ mich auf den Schreibtischstuhl fallen. »Warum habe ich diesen Job in der Brauerei nicht angenommen?« fragte ich Eleanor. »Stimmt was nicht mit mir? Bin ich Masochist? Ich könnte sogar ein eigenes Zimmer dort bekommen. Du und ich. Ich könnte mir ein Fäßchen zapfen, wann immer ich Lust hätte. Ich könnte den Rest meines Lebens im Bottich verbringen.«
Darauf gab mir Eleanor keine Antwort. Sie schenkte mir nur ihren rätselhaften Blick. Keiner war mehr auf meiner Seite. Ich entfaltete das Blatt Papier.
Es war eine Nachricht, aber ich brauchte eine Weile, die primitiven Blockbuchstaben zu entziffern. Bevor man es als Palimpsest für unsterbliche Prosa zweckentfremdete, hatte es dazu gedient, einen toten Fisch einzuwickeln.
Wir müssen sprechen. Sinkler. Statue. Sattler.
Interessant. Hätte nicht gedacht, daß er lesen oder schreiben konnte. Er war vielleicht keine Bedrohung für jemanden, der erleuchtete Manuskripte unter die Leute brachte, aber auf jeden Fall war er ein ernsthafter Gegner für jeden sechsjährigen ABC-Schützen. Und er hatte jedes Wort richtig geschrieben. Alle Achtung.
Sattler. Einer meiner Vermißten. Ich konnte ihn nicht gut sitzenlassen.
Aber wann wollten wir uns treffen? Er hatte leider keine Zeit angegeben.
Ich sprang trotzdem nicht gleich auf und rannte los. Trotz meines Interesses. So reagiert man nicht, wenn einem daran liegt, in meiner Berufssparte zu überleben. Es gibt Verhaltensmaßregeln, die zu beachten sind, wenn man anonyme Botschaften erhält. Eine ist zum Beispiel, einen Gimpel loszuschicken … ich meine, einen verläßlichen Freund … der die Lage peilt. »Heh, Dean.« Er war mein letztes Aufgebot.
»Ich muß abwaschen und die Wäsche erledigen, Mr. Garrett. Eine Person mehr im Haushalt scheint die Arbeit zu verdreifachen.« Er rief es mir aus der Küche zu.
»Sekunde mal …«
»Ich habe keine Zeit, Besorgungen zu erledigen.«
Liest hier eigentlich jeder Gedanken? »Woher weißt du …?«
»Das ist Ihre bevorzugte Stimme, wenn Sie um einen Gefallen bitten. Vielleicht können Sie ja Miss Carla Lindo schicken.«
Jetzt hatte er mich am Sack. Ich konnte Carla Lindo nicht losschicken. Und weil ich das nicht konnte, würde er wissen, daß ich ihn nicht auf den Markt schicken wollte, um Steckrüben zu kaufen, damit er heute abend Steckrübenkuchen backen konnte. In der folgenden Stille konnte ich fast die Gelenke seiner alten Denkmaschine knarzen hören, als er sich überlegte, wie er sich an mir rächen konnte, weil ich versucht hatte, ihn in eine riskante Angelegenheit hineinzuziehen.
Ich schnappte den Hauch eines mentalen Gelächters auf. Anscheinend diente ich heute zur allgemeinen Belustigung. Ich stand auf, stürmte in die Küche und zapfte mir ein Bierchen. »Du bleibst doch hier, nachdem ich geheiratet habe, oder? Wir werden jede Hilfe brauchen, die wir kriegen können.«
Deans Miene hellte sich auf. Er vergaß vollkommen, daß ich ihn hatte in den rauhen Wind hinausschicken wollen. Ihm war zwar klar, daß er keine seiner Nichten loswerden würde, aber daß ich endlich auf eine Frau hereingefallen war, war fast genauso gut. Er war der Advokat der Ehe, obwohl er selbst tunlichst dafür gesorgt hatte, diesem Martyrium zu entgehen. »Es wäre eine Ehre für mich, Miss Tinnie zu dienen, Mr. Garrett.«
Es tat mir fast leid, ihn reinzulegen. Fast. »An die hatte ich dabei nicht gedacht.«
»Miss Maya liebt Sie sicherlich, aber finden Sie nicht, daß sie für einen Mann ihres Alters ein wenig jung ist?«
Mein Alter? Jetzt hatte er sich das letzte bißchen Gnade verscherzt. »Nicht Maya. Ich wollte eigentlich Winger fragen. Du mußt zugeben, daß sie doch mehr mein Typ ist. In dem Hexenkessel da draußen würden wir beide doch ein starkes Team abgeben, meinst du nicht auch?«
Seine Gesichtszüge entgleisten vor Entsetzen, und er beeilte sich, eine Entschuldigung hervorzustammeln. Sein Gesicht lief rot an, und er schnappte nach Luft. Ich legte noch einen drauf. »Für
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