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SchattenTod | Ein Weserbergland-Krimi

SchattenTod | Ein Weserbergland-Krimi

Titel: SchattenTod | Ein Weserbergland-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nané Lénard
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ihrer Tonlage singen.

    Leander war damals nur widerwillig mit seiner Frau zu dem Chansonabend gegangen. Ihm selbst lag nichts an dieser Art von Musik, aber er hatte keine Lust auf den üblichen ehelichen Streit. Umso erstaunter war er, als er sich – schon halb dahindösend auf dem Stuhl – mit einem Mal in Sphären entführt sah, mit denen er zu dieser Stunde nicht im Entferntesten gerechnet hatte.
    Augenblicklich war er hellwach und hing an diesen Lippen, die außerdem noch wohlgeformt waren. Luise Winterstein bemerkte von all dem nichts. Ihr Plan war vor langen Jahren aufgegangen und hatte sich bewährt. In Bückeburg genoss sie Ansehen. Sie war eine Dame von Stand. Ihr Mann war Leiter der Bückeburger Sinfoniker. Das stellte ihn ins Licht der Öffentlichkeit und machte ihn attraktiv. Dass sie darüber hinaus nichts für ihn empfand, störte sie selbst am wenigsten. Sie wusste, dass er sie liebte, und nutzte diesen Umstand weidlich aus. Es machte ihr Spaß, immer neue Grenzen auszuprobieren, ihm immer ein Stück mehr von sich selbst wegzunehmen, bis sie in seinem Leben nur noch als Figur existierte. Aus der Beziehung war sie schon in dem Moment fortgegangen, als sie ihn sicher für sich wusste. Danach hatte sie ihn in der Hand, quälte ihn mit Liebesentzug, der mal seelische, mal körperliche Züge annehmen konnte.

    Er selbst litt scheußliche Qualen. Niemand von außen konnte ermessen, wie groß die Bandbreite seiner Verletzungen war. Er war jedoch überzeugt davon, sein Eheversprechen halten zu wollen, hatte immer noch die Hoffnung auf eine Änderung zum Guten.

    Doch sie wollte nichts Gutes für ihn. Sie fühlte sich durch den eigenen Anspruch und den Willen auf ein angenehmes Leben an ihn gefesselt und warf ihm dies vor, auch wenn es unlogisch schien. Sie ließ es ihn spüren, dass es ihr nicht gelungen war, sich so eine Position selbst zu erwirtschaften, die sie in die Lage versetzte, luxuriös zu leben, ohne jemanden zu brauchen, der ihr dies finanzierte und ohne jemanden, der auch noch Ansprüche an sie stellte.
    Über die Jahre hatte sie jedoch all seine Ansprüche kleingehalten, deren Einforderung auf ein Minimum reduziert und fuhr ganz gut dabei. Ins eheliche Schlafzimmer ließ sie ihn, wenn es sich überhaupt nicht mehr vermeiden ließ, und sie wusste ihn gut untergebracht im Gästezimmer. Ansonsten schützte sie sich vor seinen Berührungen mit Beleidigungen oder Blutungen, die sie viel länger zu haben vorgab, als das jemals der Fall war.

Wilfried, die Posaune
    Wilfried hatte Posaunenlippen, aber keine Frau, die diese küssen wollte. Das lag unter anderem daran, dass der in die Jahre gekommene Lehrer aus Hessisch Oldendorf noch bis vor Kurzem mit seiner Mutter zusammengelebt hatte.

    Sie war nach einem Sturz verstorben und hatte ihn damit endlich aus ihren Fängen entlassen. Somit war ein Martyrium beendet worden, das seine Spuren in ihn eingegraben hatte. Er hatte eine ganz besondere Beziehung zu Frauen.
    Fast hätte man denken können, dass er blind war, denn er war so zuvorkommend und liebreizend zu jeder Art von Frau, dass es unnatürlich wirkte. Noch für die hässlichsten Exemplare der weiblichen Gattung hatte er ein freundliches Wort und ließ diese Damen mit einem verwunderten Blick zurück. Sie waren solches nicht gewohnt. Von ihm allerdings wollten sie diese Art von Bewunderung auch nicht. Sie fühlte sich als etwas zu Üppiges an, als dass sie ernst gemeint sein konnte.
    Außerdem war Wilfried der Typ Mann, dem man durchaus eine Feinrippunterhose mit Eingriff zutrauen würde.

    Es war also ein Dilemma! Wilfried war toll zu Frauen und hätte eine ihm zugetane nach Strich und Faden verwöhnt, aber nicht einmal die gruseligste Ausführung wollte ihn. Sie waren vielmehr genervt und wünschten sich nur, dass er sich in Luft auflöste.

    Schuld an dieser Misere war seine Beziehungsstörung. Er hatte jahrzehntelang funktioniert und seiner Mutter alles recht gemacht. Was sie willig als Selbstverständlichkeit angesehen und eingefordert hatte, schreckte jeden anderen mit gesundem Menschenverstand ab. Untherapiert würde es für ihn keine Chance geben, aus diesem Teufelskreis auszubrechen.

    Immerhin war er ihrer ledig geworden. Wenn man ganz ehrlich war, war er wahrscheinlich nicht ganz schuldlos an ihrem Tod. So genau wusste er das selbst nicht. Er hatte sie angerempelt und war damals wutentbrannt in sein Zimmer gestürmt. Einige Zeit später hatte er sie dann mit dem Kopf im eigenen Blut

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