SchattenTod | Ein Weserbergland-Krimi
nicht letal. Große Schnittwunde im Halsbereich, über die beiden Carotiden (Halsschlagadern) hinweg, wahrscheinlich profund (tief) und letal (tödlich) , mit einer Art Gewebekleber wieder verschlossen. Schnittränder glatt, nicht ausgefranst. Keine weiteren Hämatome ventral (bauchseitig) oder lateral ( seitlich ). Keine Abwehrverletzungen. Weitere Schnittwunde im Bereich des Unterbauches, vertikal zwischen Anulus umbilicalis (Bauchnabel) und Os pubis (Schambein) , ebenfalls ohne Nahtmaterial wieder verschlossen, wahrscheinlich auch mit Gewebekleber. – Dreht ihr sie bitte mal um?“
Das allerdings gestaltete sich schwierig, weil die Arme durch die Leichenstarre seitlich vom Körper abstanden.
Nadja fuhr fort, als die Tote auf dem Bauch lag. „Dorsal (rückenseitig) keine Hämatome bis auf das schon beschriebene craniale (am Kopf gelegen) . Diffuser Rötungsring an beiden Fußfesseln, aber keine direkten Einschnürungen, Einschnitte oder Unterblutungen. Möglicherweise ist sie an den Füßen aufgehängt worden. Unblutige Nagellöcher in Händen und Füßen, wahrscheinlich postmortal herbeigeführt. Rektale Temperatur neunzehn Grad, Kerntemperatur dreiundzwanzig Grad, Umgebungstemperatur achtzehn Grad. Ende des Diktats.“
Nadja erhob und streckte sich. Ihr taten die Knochen weh.
„Danke für diese erste, kurze Zusammenfassung der Auffindesituation“, sagte Wolf. „Wir sollten noch kurz mit dem Pastor sprechen.“
„Ich brauche jetzt erst mal einen Kaffee!“ Ulf Hofmann erhob sich schwerfällig. „Könnt ihr die Befragung vornehmen? Ich fahre dann schon auf die Wache und setze einen auf.“
„Kriegen wir auch irgendwo Brötchen am Karfreitag? Ich muss dringend was zwischen den Kiemen haben“, seufzte Peter.
„Heute?“, fragte Wolf. „Höchstens in Minden auf dem Bahnhof, aber genau weiß ich es nicht.“
„Ist mir wurscht, irgendwo kriege ich schon welche!“, gab Peter zurück.
„Also, ich weiß genau, wo es welche gibt“, lachte Nadja. „Was bekomme ich für den Tipp?“
Peter grinste. „Nun sag schon! Ich verhungere! Das willst du doch nicht, oder?“
„Ganz in der Nähe beim Tankhof Harting in der Kreuzbreite. Die backen jeden Tag frisch. Es gibt sogar Croissants. Ich halte da auch gleich auf dem Weg in die Rechtsmedizin an. Wer weiß, wie lang der Tag noch wird. Ach, und wenn ihr ihr die Arme anlegt“, sagte sie zu den Männern vom Bestattungsinstitut, die soeben mit einem Sarg durch das Mittelschiff der Kirche kamen, „achtet bitte darauf, dass niemand mehr hier ist. Diese Geräusche kann nicht jeder ertragen.“
Die schwarzgekleideten Männer nickten wissend.
Während Nadja, Peter und Ulf ihrer Wege gingen, zog Wolf Hetzer den Vorhang der Sakristei zur Seite und hörte eben noch das Krachen der versteiften Muskeln oder Gelenke. Er wusste nicht genau, was dann im Körper passierte, aber er fühlte jeweils einen Schlag in seiner Magengrube und klopfte leicht angeschlagen an die Tür des Pastors. Heribert Dohmstreich öffnete. Er trug eine verwaschene Jeans und ein Hemd, das schon bessere Tage gesehen hatte. Wolf hatte den Eindruck, dass er nach Alkohol roch.
„Bitte entschuldigen Sie, Herr Kommissar …“
„Hetzer, mein Name!“
„Ja, vielen Dank. Falls ich eine Fahne habe, bitte ich um Verzeihung. Ich musste mir nach diesem Anblick erst mal einen Schnaps genehmigen!“
Wolf nickte. Er konnte das sehr gut verstehen. Selbst er hatte tief durchgeatmet, als er die Frau wie Jesus am Kreuz über dem Altar hängen sah. Das war skurril und wirkte surrealistisch, verstörend. Vor ihm lag die Aufgabe, herauszufinden, wie der Mörder das bewerkstelligt hatte.
„Können Sie beschreiben, wie Sie die Tote heute Morgen vorgefunden haben?“
Dohmstreich schuckte. „Ich bin von hinten durch den Eingang zur Sakristei in die Kirche gegangen wie immer. Leider habe ich nicht schlafen können. Darum war ich so früh dran. Der Gottesdienst beginnt erst um zehn.“
„Heute nicht!“, warf Wolf ein. „Wir werden einen Beamten ans Hauptportal beordern. Die andern Türen bleiben verschlossen. Es ist notwendig, dass die Spurensicherung erst ihre Arbeiten beenden kann.“
„Verstehe, aber das ist der höchste kirchliche Feiertag im Jahr“, bemerkte Dohmstreich mit einem vorwurfsvollen Unterton.
„Ihre religiöse Einstellung in allen Ehren, Herr Pastor, aber darauf können wir leider keine Rücksicht nehmen. Bedanken Sie sich bei dem, der Ihre Kirche als Fundort dieser Toten
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