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SchattenTod | Ein Weserbergland-Krimi

SchattenTod | Ein Weserbergland-Krimi

Titel: SchattenTod | Ein Weserbergland-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nané Lénard
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merkwürdige Vorstellung war, lag daran, dass die Leichenstarre dafür sorgte, dass die Tote in der Position blieb, in der sie auch gehangen hatte. Das sah grotesk aus.
    Für Nadja war es dennoch aufschlussreich.
    Es zeigte ihr die ungefähre Zeitspanne des Todeseintritts, doch sie sagte zunächst nichts. Die Erfahrung hatte sie gelehrt, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen und vor allem keine Aussagen zu treffen, die nicht durch weitere Untersuchungen untermauert waren.

    „Macht es euch etwas aus, wenn ich wieder gleich in mein Gerät diktiere?“, fragte sie.
    „Nur zu“, sagte Ulf, „wir lauschen gespannt!“
    „Das war auf dem Jetenburger Friedhof auch sehr aufschlussreich“, bemerkte Peter und Wolf nickte.

    Nadja zog ihr Diktaphon aus der Arzttasche und gleichzeitig ein Thermometer.

    „Helft ihr mir mal eben, die Tote anzuheben für die rektale Messung? Am besten, ihr nehmt jeder ein Bein, dann kann ich das Thermometer einführen“, bat Nadja. „Danach legt ihr sie einfach vorsichtig wieder ab. Später brauche ich euch dann noch mal, um die Frau umzudrehen.“
    „Bleib du mal sitzen, Ulf!“, sagte Hetzer, der an das erst kürzlich wiederhergestellte Becken seines Bückeburger Kollegen dachte.
    „Ja, danke, es ist immer noch nicht so toll. Ich hoffe, dass ich irgendwann wieder normal gehen kann, ohne Schmerzen.“

    Durch das Gleitmittel flutschte das Thermometer trotz des erstarrten Schließmuskels in die rektale Öffnung hinein. Kurze Zeit später piepte es und konnte wieder entfernt werden.
    Hetzer und Kruse legten den Leichnam wieder vorsichtig ab.

    „Hmm, nur neunzehn Grad Celsius. Da wollen wir doch mal sehen, wie hoch die Kerntemperatur noch ist!“
    „Was meinst du damit?“, fragte Peter, während Nadja einen Spieß aus ihrer Arzttasche zog, der aussah wie für ein Schaschlik gemacht.
    „Damit kann ich die Temperatur in der Leber messen. Das ist etwas genauer.“ Nadja holte aus und stach den Spieß in den rechten Oberbauch.

    Die Kommissare holten Luft.

    „Äh, ich bin ja hartgesotten“, sagte Wolf, „aber hättest du das nicht in der Rechtsmedizin machen können? So ganz ohne Vorwarnung war das echt ekelig. Mir tut alles weh. Wie kannst du nur so hemmungslos zustechen?“
    „Was meint ihr, was ich sonst noch so alles machen muss?“, lachte Nadja und las ab.
    „Ich wusste gar nicht, dass ihr solche Weicheier seid. Dreiundzwanzig Grad übrigens. Und nein, hätte ich nicht. Da wäre wieder Zeit verstrichen und das hätte das Ergebnis verfälscht. Je eher ich die Messung mache, desto besser!“
    „Auf nüchternen Magen war das wirklich etwas gewöhnungsbedürftig!“
    Peter sah sie von der Seite an und überlegte, dass er ein komisches Gefühl haben würde, falls sie jemals in seiner Gegenwart Fleisch zubereiten würde.
    Ulf hatte sich auf der Kirchenbank zurückgelehnt. Er sah um die Nase etwas blass aus.

    „Kannst du uns denn nun mal ganz vage eine mögliche Tatzeit nennen?“, fragte Wolf, der sich als Erster wieder gefangen hatte.
    „Das mache ich eigentlich sehr ungern“, sagte Nadja, „aber warte mal.“ Sie drehte sich zu Seppi um und rief: „Seppi, was für eine Raumtemperatur haben wir denn hier?“
    „Achtzehn Grad Celsius!“ Seine Antwort hallte mit einem Echo durch das Kirchenschiff.
    „Ganz schön warm für dies Gemäuer“, entfuhr es Peter.
    „Das liegt bestimmt daran, dass sie hier gestern wegen des Konzertes eingeheizt hatten“, gab Ulf zu bedenken.
    „Stimmt“, bekräftigte Wolf, „und was sagt uns das nun im Bezug auf den Todeszeitpunkt?“
    Nadja legte die Stirn in Falten.
    Das bildete eine interessante Ergänzung zu ihrem wirr abstehenden Haar.
    „Sechzehn Stunden ungefähr“, murmelte sie, „das wäre also so gegen vierzehn Uhr gestern. Aber bitte nagelt mich nicht darauf fest.“
    „Das ist doch schon mal ein Anfang!“, sagte Wolf. „Jetzt stören wir dich nicht länger. Du kannst ruhig weitermachen. Wir lauschen dir einfach beim Diktieren.“
    Peter und Ulf nickten.

    „Gut“, sagte Nadja und schaltete ihr Gerät ein. „Karfreitag, 6. April 2012, Fundort Stadtkirche Bückeburg, weibliche Tote, zwischen fünfunddreißig und vierzig Jahre alt, mittelbraunes Haar, vollschlanke Figur.“ – Und große Brüste, dachte Ulf. – „Schleimhäute auffallend blass“, (sie hatte das Lid des linken Auges hochgezogen, dann das des rechten), „grüne Augen beidseits. Kleine Wunde und handtellergroßes Hämatom am Hinterkopf, wahrscheinlich

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