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Schattentraeumer - Roman

Schattentraeumer - Roman

Titel: Schattentraeumer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Busfield
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vorbeigegangen.
    Wie alle anderen war auch Michalakis bestürzt, als er von Praxis überstürzter Hochzeit erfuhr. Zum einen mochte er sich gar
     nicht ausmalen, was das für seinen jüngsten Bruder bedeuten musste; noch schwerer allerdings wog, dass sie sich ausgerechnetYiannis Christofi ausgesucht hatte. Zumal Michalakis, seit jenem Kuss, mit dem ihn der ehemalige Klassenkamerad einmal überrumpelt
     und den er mit einem Faustschlag erwidert hatte, davon ausging, dass Yiannis
omofulofilos
sei.
    »Wo ist Papa?«, fragte er.
    »In seiner Werkstatt«, antwortete seine Mutter.
    Erleichtert ergriff Michalakis die Chance, der gedrückten Stimmung zu entfliehen, die er zu verantworten hatte.
    »Die ganze Sache ist wirklich zum Aus-der-Haut-Fahren!«, wetterte sein Vater, als Michalakis ihm die peinliche Situation von
     eben schilderte. »Ich will mir gar nicht vorstellen, wie Loukis das aufnimmt, wenn er zurückkommt!«
    » Wenn
er denn zurückkommt«, entgegnete der Sohn, woraufhin Georgios von seinem Stuhl aufsprang und ihm eine Ohrfeige gab.
    »He!«, protestierte Michalakis.
    »Die hast du verdient«, gab sein Vater zurück und machte sich wieder daran, die Schuhe des alten Televantos zu besohlen.
    »Ich hab lediglich gesagt, wie es ist. Wir haben seit über sechs Monaten nichts von ihm gehört!«
    »Was noch lange nicht bedeutet, dass er nicht zurückkommt«, beharrte sein Vater. »Deine Mutter würde es spüren, wenn der Junge
     nicht zurückkommt, und das tut sie nicht.«
    »Na, dann hoffen wir mal, dass sie recht hat.«
    »Hast du je erlebt, dass sich deine Mutter geirrt hätte?«
    »Wenn, würde ich es ihr jedenfalls nicht sagen«, brummte Michalakis.
    Georgios musste schmunzeln. Seine Frau war in der Tat ein respekteinflößendes Geschöpf. Seit über zwanzig Jahren »quälte«
     sie ihn nun schon mit ihrem hitzigen Temperament – und dem Schwung ihrer runden Hüften. Während ihre Freundinnen unter dem
     Ansturm der mittleren Jahre zu welken begannen, wurde Dhespina mit jedem Jahr wissbegieriger, vitaler und schöner. Georgios
     musste sich selbst eingestehen, dass er seine Frau anbetete. Er war am Boden zerstört gewesen, als siesich über ihrem Kummer nach Nicos’ Tod und Loukis’ Verschwinden zu entzweien drohten. Aus irgendeinem Grund hatten sie damals
     nicht mehr zueinandergefunden; erst mit Dhespinas Zusammenbruch am Grab des Hundes hatte sich alles wieder geändert: Beim
     Ringen auf der Erde ihres Gartens hatte Georgios die Frau zurückgewonnen, die er einst geheiratet hatte. Inzwischen stellte
     Dhespina wieder ihre Mixturen her und führte den Haushalt mit der gewohnten Ruhe und Bestimmtheit. Und nachts brachte sie
     ihre Sanftmut in ihr gemeinsames Bett, so wie sie es immer getan hatte. Natürlich würden die Wunden nie ganz verheilen, doch
     fortan trugen sie die schwere Bürde gemeinsam und jagten nicht mehr wie zwei verlorene Seelen demselben Gespenst nach.
     
    Durstig und verstört schreckte Yiannis aus dem Schlaf auf. Während er versuchte, den Sturm wegzublinzeln, der bis eben durch
     seine Träume gefegt war, hallte in seinem Kopf das Geräusch von im Wind klappernden Fensterläden nach. Überrascht entdeckte
     er den Schatten seiner Frau, die sich gerade an einer Kommodenschublade zu schaffen machte. Yiannis setzte sich auf und verfolgte
     mit den Augen ihre Schritte, wie sie zum Schrank hinüberwandelte und die Lamellentüren auf- und wieder zumachte. Dann wandte
     sie sich zum Bett um und ging in die Hocke, um darunterzuschauen. Als sie das Schlafzimmer schließlich verlassen wollte, stand
     Yiannis auf und hielt sie zurück.
    Wie er so über ihrer winzigen Gestalt mit dem gewölbten Bauch aufragte, kam er sich hässlich vor und riesig, wie ein Monster,
     das eine Nachtigall gefangenhielt. Im Halbdunkel des Raumes wirkte seine Frau zart wie ein Kind, so zerbrechlich und verletzlich,
     und ihr Anblick weckte Gefühle in ihm, die er nicht zu deuten wusste. Obwohl Yiannis noch immer darauf wartete, dass seine
     Ehe ein warmes Gefühl in ihm auslöste, und obwohl ihn das Anschwellen ihres Bauches abstieß, war er sicher,dass er einen Weg finden könnte, seine Frau zu lieben, wenn sie ihn nur ließe.
    »Praxi?«
    Sie drehte sich um. Yiannis bemerkte, dass ihr Körper zwar wach war, ihre Augen jedoch schlaftrunken glänzten.
    »Was suchst du denn?«, fragte er sanft. Vorsichtig fasste er sie am Arm, um sie daran zu hindern, das Zimmer zu verlassen.
    »Ich finde ihn einfach nicht«,

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