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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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manipuliert, auf dass er im Turminnern größer war.
    Halt!
    Beinahe wäre ich an der Tür rechts von mir vorbeigerannt. Sie stand halb offen, als hätte jemand das Archiv überstürzt verlassen. Vielleicht war es ja tatsächlich so gewesen. Der Magier, der aus Hrad Spine zurückgekehrt war und die Karten durch das Geschlossene Viertel hier hergebracht hatte, hatte es danach nicht mehr bis zum Orden geschafft. Fehlte eigentlich nur, dass er es auch zum Turm nicht geschafft hatte und es hier gar keine Aufzeichnungen gab. Ich stieß die Tür ganz weit auf und betrat einen riesigen Raum. Mir blieb kaum noch Zeit. Zehn Minuten, dann tagte es.
    Hmm. Nicht schlecht. Die Königliche Bibliothek würde vor Neid platzen. Mit einem solchen Reichtum an magischen Büchern und alten Folianten konnte nicht einmal sie aufwarten. Regale, Regale, Regale! Bücher, Bücher, Bücher! Und all das durchdrungen von Magie. H’san’kor soll meine verstorbene Großmutter fressen! Hier könnte man stundenlang stöbern und würde das Gesuchte doch nicht finden.
    Geradeaus! , befahl Walder. Links! Gleich hinter dem Regal wieder nach links! Geradeaus! Weiter, weiter! Halt! Dreh dich um! Da ist es!
    Atemlos blickte ich auf den aparten kleinen Kristalltisch, auf dem einsam eine schwarze Schatulle stand, mit silbernen Hirschen verziert. Der Deckel war aufgeklappt, und ich sah einige Schriftrollen. Das Ziel meiner Expedition! Mit zitternden Händen griff ich nach dem Schatz und steckte ihn in meine Tasche. Jetzt nichts wie weg!
    »Varrthaufhand!«, rief ich aus voller Kehle. »Varrthaufhand, ich bin’s!«
    Kurz flatterten mir gehörig die Nerven, denn ich fürchtete, mein Plan würde scheitern, aber dann kroch direkt aus dem Regal mein guter Dämon mit dem Hammelkopf heraus. Die schwarze Gestalt mit den himbeerfarbenen Einsprengseln. Kurz und gut, diese Seele von einem Dämon.
    »Und? Hast du das Pferd?« Die grünen Augen funkelten böse.
    »Bring mich zur Grenze des Geschlossenen Viertels, zur Straße der Dachdecker«, bat ich einigermaßen höflich und wohlerzogen.
    Aber offenbar hatte dem Dämon niemand beigebracht, ebenfalls höflich und wohlerzogen aufzutreten. »Bist du dumm, Menschlein?«, fauchte Varrthaufhand und packte mich am Kragen. »Oder hast du einen über den Durst getrunken? Bin ich dein Fuhrmann?«
    »Ich muss sofort weg von hier!« Ich hatte keine Zeit, mich mit diesem Monster zu streiten. »Bring mich an den Ort, den ich dir genannt habe, und ich sage dir, wo du das Pferd bekommst!«
    Der Dämon funkelte mich argwöhnisch an und schien sich auszumalen, wie sehr ich ihm munden mochte. Am Ende siegte jedoch sein Verstand. Er öffnete die schwarzen Finger und gab mich frei. »Gut, ich bringe dich an diesen Ort, aber wenn du mich übers Ohr haust, saug ich dir das Mark aus den Knochen.«
    »Wunderbar.« Ich atmete tief durch.
    Wäre an seiner Stelle sein werter Herr Bruder, der kluge Wuchjazz, gewesen, so würde ich mich jetzt wahrscheinlich auf dem Weg in dessen Magen befinden!
    »Bist du bereit, Menschlein?« Der Dämon musterte mich wohlgefällig.
    Ich konnte mich des Gedankens nicht erwehren, dass er irgendwann doch noch das Mark meiner Knochen probieren wollte.
    »Ja.« Ohne hinzusehen entnahm ich dem nächstbesten Regal einige Folianten. Was sollte ich tun? Alte Gewohnheit. Den richtigen Leuten konnte man für diese Bücher Unsummen abnehmen. Warum sollte ich auf dieses Zubrot verzichten, da ich doch meine Nase schon nicht in die Gnomenbank hatte stecken können? »Ich nehme mir nur noch …«
    Varrthaufhand packte mich im Genick und riss mich zu sich hoch.
    Ganz kurz sauste die Wand auf mich zu, ganz kurz flimmerte es mir grau vor den Augen, ganz kurz schienen meine Ohren mit Watte zugestopft. Doch dann stand ich bereits verwundert blinzelnd vor der magischen Mauer. Im grauen Dämmerlicht zog sich die Straße der Dachdecker dahin.
    »… ein paar Bücher«, beendete ich den angefangenen Satz.
    »Du hattest schon genug«, schnaubte der Dämon. »Wo ist das Pferd?«
    »Komm Mittwoch ins Messer und Beil , genau eine Minute nach Mitternacht. Dort gebe ich dir das Pferd.«
    Varrthaufhand stieß ein unterdrücktes Brüllen aus und bleckte seine gewaltigen Zähne. »Ich wittere, dass du lügst.«
    »Weshalb sollte ich?« Ich zuckte die Achseln und schielte unruhig zum Himmel hinauf. Noch höchstens zwei Minuten bis Sonnenaufgang. »Du würdest mich immer finden. Komm, aber komm genau zu der Zeit, die ich dir genannt habe, sonst

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