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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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könnte das Pferd bereits nicht mehr da sein.«
    »Sag mir nicht, was ich zu tun habe, Schlangenbrut! Ich komme!«, knurrte der Dämon und verschwand in der Mauer des nächsten Hauses.
    Erleichtert atmete ich durch, legte die Folianten behutsam auf die Mauer, zog mich hoch und wollte bereits auf der anderen Seite herunterspringen, als mir einfiel, dass ich noch etwas zu erledigen hatte.
    Walder, du musst gehen .
    Ja, ich gehe , antwortete der Erzmagier.
    Danke und leb wohl. Mögest du im Licht weilen.
    Ich spürte, wie sich etwas in meinem Innern auflöste. Der Erzmagier ging fort.
    Ich sprang von der Mauer und nahm die Bücher an mich. Das war’s, ich hatte getan, was niemand vor mir je vollbracht hatte: Ich hatte das Geschlossene Viertel durchquert. Sicher, ich hatte nicht immer mit offenen Karten gespielt und die Hilfe eines Dämons in Anspruch genommen, aber das brauchte ja keiner meiner lieben Mitmenschen jemals zu erfahren. Jetzt wollte ich nur noch schlafen.
    Gerade als ich mich anschickte zu gehen, erklang hinter der Mauer ein Schrei: »Garrett, rette mich!«
    Ich legte die Bücher auf die Erde und sprang hoch, um mit den Händen die Oberkante der Mauer zu packen, zog mich hinauf und hielt nach dem Rufer Ausschau. Durch die Straße der Dachdecker kam, humpelnd, stolpernd und immer wieder fallend, Snapper gerannt. Er lebte also noch. Obwohl er eine Hand gegen die Brust presste und das rechte Bein nachzog, lebte er noch. Obendrein hatte er die Kraft gehabt, die ganze lange Straße der Dachdecker hinunterzurennen und, als er mich über die Mauer hatte klettern sehen, die Gelegenheit beim Schopfe zu fassen. Denn allein würde er es nie über die Mauer schaffen.
    »Garrett! Lass mich nicht im Stich! Bitte!«, schrie er.
    Ich zeichnete mich nicht gerade durch Liebe zu meinem Nächsten aus, der davon träumt, mir ein Messer ins Herz zu rammen, aber Snapper musste ich helfen. Dann erführe ich endlich etwas über diesen Auftraggeber. Und auch über den geheimnisvollen Herrn.
    »Schneller!«, befahl ich dem heraneilenden Dieb. »Beeil dich! Es tagt gleich!«
    Auf dem einfältigen Gesicht des Diebes zeigte sich Verzweiflung. Er rannte, was das Zeug hielt, aber bis zur Mauer waren es noch gut zwanzig Yard.
    »Nimm meine Hand!« Ich streckte ihm meinen Arm hin, sprang aber, da ich mich nun schon einmal ins Viertel der Handwerker gerettet hatte, nicht von der Mauer.
    Snapper schaffte es nicht. Am Horizont explodierte das rosafarbene Licht der aufgehenden Sonne. Obwohl ich sofort von der Mauer glitt, bekam ich noch zu sehen, wie aus dem armen Snapper blendende Strahlen eines purpurroten Lichts herausschlugen. Ein gepresster Schmerzensschrei – danach war alles still.
    »Hol mich doch eine Armee betrunkener Zwerge!«, murmelte ich und schüttelte den Kopf.
    Ich war hundemüde. Gebe Sagoth, dass ich es noch bis zum Bett schaffte. Dann würde mich nicht einmal eine Salve aus den Kanonen der Gnome wecken. Ich hob die schweren Bücher auf und machte mich mit dem Gang eines vielbeschäftigten Mannes durch die erwachenden Straßen davon.
    In diesem Teil Awendums stand man mit dem ersten Hahnenschrei auf. Anders ging es nicht, wollte man ein hübsches Sümmchen verdienen. Der Bäcker heizte bereits den Ofen an, und aus dem Haus roch es verführerisch nach frischem Brot und Kuchen; der Milchmann drehte seine Runde, einen gewaltigen Karren voller Metallkannen vor sich herschiebend; die Verzinner eilten herzhaft gähnend ins Hafenviertel; ein alter übermüdeter Anstreicher schleppte sich die Straße hinunter.
    Der Wind trug das Gehämmer aus den Straßen der Büchsenmacher und Schmiede heran. Ich persönlich beneidete diejenigen, die in ihrer Nähe lebten, nicht. Schon öfter waren die Stadtältesten auf den Gedanken verfallen, diese Leute in die Vorstadt zu expedieren, doch jedes Mal hatte dem der König einen Riegel vorgeschoben. Im Grunde tat er auch recht daran. Sollte Awendum je belagert werden, dann wären die Schmiede und Büchsenmacher samt ihrer Werkstätten für die Verteidigung außerordentlich bedeutsam. Wenn der Feind anrückt, sollte besser alles von Wert innerhalb der Stadtmauern sein.
    »Mach, dass du fortkommst!« Ein altes Hutzelweib stieß mit einem ebenso alten Besen gegen einen Betrunkenen, der auf der Erde lag. Im Viertel der Handwerker mochte man keine Gammler. »Hoch mit dir! Such dir einen anderen Platz zum Schlafen!«
    Nachdem verkündet worden war, die Dämonen seien für immer aus Awendum vertrieben

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