Schattenwanderer
seine Pfoten hinterließen gewaltige Löcher in der Wand. Durch diese neu entstandenen Türen flohen sofort ein paar Banditen, die wenig Vergnügen daran fanden, Markuns Leiche zu verteidigen, zumal dies ein Vergnügen war, das der Gesundheit abträglich schien. Insgesamt glückte jedoch nur wenigen die Flucht. Den meisten versperrte der fuchsteufelswilde Bruder des Wuchjazz, der Dämon mit dem schönen Namen Varrthaufhand, den Weg. Brüllend stürzte er sich auf die Banditen, die ob der Dämonen starr vor Schreck waren, und begrub gleich drei der Schurken unter sich.
Sobald der hammelköpfige Dämon sein verhasstes Brüderchen erblickte, hielt er mit zielsicheren Sprüngen auf Wuchjazz zu. Der kehrte ihm gerade den Rücken und ging gänzlich in seinen nächtlichen Leibesübungen und der Verminderung der Anzahl von Doralissern in der Welt Sialas auf. Der kluge Dämon packte Glok im Nacken und biss dem Einhornigen den Kopf ab. Die nächsten Böcke riss er in Stücke. Trotzdem überlebten noch ganze fünf der fünfzig Doralisser, um die sich der kluge Dämon nicht hatte kümmern können, da Varrthaufhand ihm nun mit voller Wucht die Hörner in den Rücken stieß. Wuchjazz flog durch die Schenke, riss Tische und Stühle um und knallte donnernd gegen die Wand. Selbst ich konnte das nicht mit ansehen. Mein kluger Freund scherte sich jedoch auch darum nicht, sprang hastig auf die Pfoten und warf sich mit ohrenbetäubendem Gebrüll auf seinen Bruder, um mit ihm die offene Rechnung zu begleichen.
Menschen wie Doralisser pressten sich gegen die Wände, damit sie den tobenden Dämonen ja nicht in die Quere kamen. Erstaunlicherweise machte ich auch Bleichling unter den Überlebenden aus. Der Kerl versuchte doch tatsächlich, zu einem der Löcher zu gelangen, die Wuchjazz in die Wand gerissen hatte. Wenn die Dämonen nicht mit ihrer Keilerei aufhörten, entkäme der Mörder auch diesmal, Sagoth steh mir bei!
In diesem Augenblick griff sich Wuchjazz seinen Bruder, und ich beobachtete mit wachsendem Staunen, wie Varrthaufhand zur Decke flog. Es folgte ein Schlag, von dem der Boden unter meinen Füßen bebte. Meinem bestürzten und – warum das verhehlen? – erschreckten Blick bot sich der Hammelkopf Varrthaufhands dar, der den Boden durchschlug. Varrthaufhand schüttelte den Kopf, sah sich nach allen Seiten um und bemerkte mich. Sekundenkurze Stille, dann ein hassgetränktes Brüllen: »Garrett! Du mieser Verräter! Ich werde dir …«
Was Varrthaufhand mir antun wollte, vermochte er jedoch nicht mehr zu sagen, geschweige denn auszuführen, da Wuchjazz seinen Bruder an den Beinen zurück nach unten zog.
Gerettet! Gelobt seien alle Götter Sialas! Ich war gerettet! Nun machte ich mir allmählich Gedanken, wo Arziwus mit der Kavallerie eigentlich blieb. Sollte ich mich besser verdrücken, solange ich noch die Möglichkeit dazu hatte?
Der Kampf in der Schenke ging unverdrossen weiter. Menschen wie Doralisser sahen zu, den wilden Pfoten der Dämonen zu entrinnen. Bleichling war, genau wie ich befürchtet hatte, wieder einmal entfleucht, jedenfalls machte ich ihn nicht mehr aus.
Ein grauenvoller Schrei durchriss die Luft. Ich musste mir die Ohren zuhalten, um nicht zu ertauben. Varrthaufhand war es gelungen, Wuchjazz zu Boden zu werfen, jetzt riss er dem eigenen Bruder triumphierend ganze Fleischbrocken aus dem Rücken. Wuchjazz stieß einen erlesenen Fluch aus, konnte aber nichts mehr ausrichten. Damit stand der Sieger offenkundig fest. Da ich gehört hatte, wie rachsüchtig Dämonen sind, beschloss ich, kein Risiko einzugehen und zu verschwinden, solange sich Varrthaufhand nicht an meine Person erinnerte. Das Pferd der Schatten musste ich vergessen. Vielleicht würde Varrthaufhand ja sogar in ferne Lande aufbrechen, sobald er es in Händen hielt …
Halt! Er konnte das Pferd doch gar nicht an sich nehmen! Ein Mensch oder ein Doralisser musste es ihm übergeben!
Gerade als ich mich erhob, betraten die letzten Mitwirkenden an dem Spektakel die Bühne.
Mit einem gewaltigen Knall tauchten die Magier des Ordens direkt aus der Luft auf. Fünf, sieben, zehn, zwölf Magier! Der gesamte Rat des Ordens mit Arziwus an der Spitze und obendrein die Dämonologen!
Die Dämonologen, Magier in schwarzen Kapuzenumhängen mit goldgesäumten Ärmeln, verlasen einen Zauberspruch und breiteten alle miteinander in einer theatralischen Geste die Arme aus – dergleichen gefällt der Menge nur zu gut. Um die Dämonen herum leuchtete ein
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