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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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mit dem Schlimmsten zu rechnen.
    Das muss man sich mal vorstellen! Jetzt gab es sogar schon unter den Elfen Schwarzseher! Und ich hatte gedacht, nur die Menschen seien zu Zweifel und düsterer Vorausschau imstande.
    »Außerdem können wir nicht vierundzwanzig Stunden am Tag im Sattel sitzen. Und die Pferde müssen auch rasten. Ranneng liegt auf unserm Weg …«
    »Ich glaube nicht, dass wir in Ranneng etwas verloren haben«, mischte ich mich ein.
    »Vielen Dank für den Rat, Garrett«, brummte Alistan unhöflich.
    Es war offenkundig, dass er keines Ratschlags bedurfte, schon gar nicht des Ratschlags eines Diebes.
    »Verzeiht, Mylord Alistan, aber Ihr habt mich nicht richtig verstanden«, fuhr ich hartnäckig fort. »Schlimm genug, dass wir eine der belebtesten Straßen des Königreichs nehmen und damit unnötige Aufmerksamkeit auf uns ziehen, wir lenken ebendiese Aufmerksamkeit auch noch deshalb auf uns, weil Elfen, ein Gnom, ein Zwerg und ein rundes Dutzend bis an die Zähne bewaffneter Menschen eine höchst eigenwillige Reisegesellschaft abgeben. Glaubt mir, Mylord: Die Bauern der Umgebung werden sich das Maul über uns zerreißen. Es ist eine seltsame Gemeinschaft. Gerüchte werden aufkommen. Und diejenigen, die sich für diese Gerüchte interessieren, könnten sich ihren Reim darauf machen und uns irgendwo einen hübschen Empfang bereiten. Und da wollt Ihr die zweitgrößte Stadt des Königreichs aufsuchen! Einige weniger angenehme Herrschaften dürften ohnehin schon auf der Suche nach uns sein. Und wer immer die Verräter in den Palast eingelassen hat, er hat ihnen mit Sicherheit gesagt, dass wir aufgebrochen sind. In Ranneng haben wir nichts verloren!«
    »Der Dieb hat recht«, unterstützte mich Ell, der seine Fänge kurz aufblitzen ließ. »Wir müssen belebte Orte meiden.«
    »Was schlägst du also vor?« Miralissa sah den Elfen an. »Sollen wir die Hauptstraße verlassen und uns südöstlich davon halten?«
    Mit einem kaum merklichen Schulterzucken brachte Ell zum Ausdruck, diese Entscheidung müsse Alistan treffen.
    »Wir sollen eine gute, wenn auch belebte Straße verlassen und uns über Felder, durch Wälder und durch Windbruch schlagen?« Alistan behagte diese Aussicht gar nicht. »Damit würden wir ungeheuer viel Zeit verlieren und Sagraba nie vor Anfang September erreichen!«
    »Jetzt führt die Straße schnurgerade nach Süden«, bemerkte Egrassa. »Hinter Ranneng macht sie jedoch einen Bogen nach Westen. Weiter südlich liegen keine großen Städte, nur vereinzelte Schlösser von Baronen und kleinere Städte, genauer gesagt: Dörfer mit Garnisonen. Die Menschen wollen nicht in der Nähe Sagrabas leben. Um keine Zeit zu verlieren, sollten wir das Risiko eingehen und uns wie gehabt auf dieser Strecke weiterbewegen. Bis Ranneng brauchen wir noch etwas mehr als eine Woche, wenn wir auf dieser Straße bleiben. Hinter der Stadt reiten wir weiter nach Südosten, zur Isselina. Dort gibt es eine Fähre, mit der wir übersetzen können. Bis zum Grenzkönigreich und den Wäldern Sagrabas ist es dann nicht mehr weit.«
    »So sei es. Allerdings werden wir nicht in Ranneng Halt machen, sondern die Stadt umreiten.« Damit beendete Alistan das Gespräch.
    Seit wir aufgebrochen waren, hatte Markhouse die Pferde angespornt. Wir bewegten uns im munteren Trab vorwärts und kamen durch gut besiedelte Gegenden. Auf Pferdekarren brachte man Waren aus oder nach Awendum. Bauern, Handwerker oder Mitglieder der Gilden waren zu Fuß unterwegs. Einmal kam uns eine berittene Einheit von Soldaten entgegen, die Bibermützen, auf dem Weg zum Einsamen Riesen.
    Bienchen stellte sich als ein erstaunlich kräftiges Pferd heraus, der Weg schien sie überhaupt nicht zu ermüden. Sie lief noch genauso gleichmäßig und schnell wie heute Morgen. Vermutlich war ich sogar noch erschöpfter als das Pferd. Gegen Abend schmerzte mein ganzer Körper. So mussten sich Verbrecher im Sultanat fühlen, wenn sie aufgespießt wurden – ein Gefühl, das, ehrlich gesagt, nicht zu den angenehmsten gehörte.
    Als es schon dämmerte, entschied Alistan, in einem kleinen und sauberen Dorf mit dem Namen Sonnenblume zu bleiben, das nicht weit von der Straße lag. Die weißen Häuser, die gepflegten Wege und die freundlichen Einwohner – alles zeugte davon, dass man hier keine Armut kannte. Die Köpfe der Sonnenblumen, die in voller Blüte standen, bogen sich bereits unter dem Gewicht der reifen Kerne (und das Anfang Juli!) und flimmerten uns vor den

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