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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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alle Unannehmlichkeiten zu schützen – das ist einfach zu viel. Vor allem da ich deine Vorliebe kenne, uns mit deinen Späßen zu traktieren.«
    »Ich heiße Kli-Kli, nicht Kobold, Herr Brummbär«, polterte der Narr. »Und ich brauche keinen Schutz, denn ich bin imstande, für mich selbst einzustehen.«
    Mit diesen Worten lüftete der Narr seinen Umhang, um uns seinen Gürtel sehen zu lassen, an dem vier schwere Wurfmesser hingen. Zwei links, zwei rechts. Arnch, der herangetreten war, pfiff anerkennend, als er die Waffen des Kobolds musterte: »Kli-Kli, fraglos bist du heute in Hochform. Singst du uns vielleicht doch noch ein Liedchen?«
    »Keine Sorge, ihr bekommt euer Liedchen«, sagte der Narr. »Aber alles zu seiner Zeit! Oder fürchtest du etwa, du würdest schon bald wieder auf meine Gesellschaft verzichten müssen?«
    Ich fürchtete mich eher vor dem Gegenteil. Während wir ins Haus gingen, um zu frühstücken, sandte ich Sagoth ein Stoßgebet, mich mit göttlicher Geduld zu segnen.
    Die nächsten Tage verliefen ruhig. Wir zogen weiter nach Süden und schlugen unser Nachtlager auf offenem Feld auf. Da das Wetter aus der Reihe tanzte, waren die Nächte warm, worüber sich natürlich niemand beklagte. Wäre es so gewesen, wie es in den letzten zehntausend Jahren im Juli immer war, dann hätten wir nachts nämlich ganz schön gefroren. Doch so konnte man im Gras schlafen und in den Sternenhimmel hinaufschauen. Ohne die Mücken wäre das Leben geradezu fabelhaft gewesen.
    Die Nachtlager auf offenem Feld waren leicht zu erklären: Die Straße führte nicht durch die Dörfer, sondern machte einen hübschen Bogen nach Südwesten. Und so seltsam sich das anhört – unter freiem Himmel schnarchte Mumr nicht. Wie mir Marmotte erklärte, stimmte Lämpler seine nächtlichen Konzerte nur an, wenn er ein Dach überm Kopf hatte. Insofern hatte ich mich in den letzten Tagen ordentlich ausgeschlafen.
    Nach und nach gewöhnten auch Bienchen und ich uns aneinander. Zu meiner unsagbaren Freude war ich nun nach einem Tag im Sattel nicht mehr müde. Obwohl: Das ist gelogen. Ich war schon müde, aber nicht mehr todmüde. Das war nicht mehr die Müdigkeit, bei der man erst mal ein paar Jährchen schlafen möchte, um anschließend für keinen Kronschatz der Welt mehr aufzustehen.
    Markhouse hatte Kli-Kli anfangs nicht mitnehmen wollen, doch der Kobold hatte ihm mit ganz unschuldigem Ausdruck in seinem Narrengesichtchen ein Papier mit dem Siegel des Königs hingehalten, worauf dem gestrengen Soldaten nichts anderes übrig geblieben war, als Kli-Klis Gesellschaft zu dulden.
    Kli-Klis Pferd war nicht kleiner als das Alistans. Wenn Hallas und Deler auf ihren Pferdchen, nun, sagen wir, etwas seltsam aussahen, dann wirkte der Kobold auf dem riesigen schwarzen Pferd, das auf den Namen Fieder hörte, urkomisch. Seine Beine reichten nicht einmal an die Steigbügel heran. Allerdings muss ich einräumen, dass sich Kli-Kli durchaus sicher im Sattel hielt und Fieder ihm aufs Wort gehorchte.
    Der Kobold verhielt sich erstaunlich ruhig. Ruhig in folgendem Sinne: Wenn man morgens aufwachte, brauchte man nicht mit Schlangen im Stiefel oder einem Dorn im Pferdehintern zu rechnen. Ansonsten schoss der Kobold freilich den lieben langen Tag wie ein schwarzer Wirbelwind vom Kopf zum Schwanz unserer Gruppe und wieder zurück. Kli-Kli war so allgegenwärtig wie die Pest in einem verseuchten Dorf. Er stimmte mit Deler und Hallas ein Lied an, unterhielt Kater und Aal mit einer seiner Geschichten, führte mit den Elfen tiefsinnige Gespräche oder stritt bis zur Heiserkeit mit dem unnachgiebigen Alistan Markhouse.
    Am zweiten Tag unserer gemeinsamen Reise mit Kli-Kli hatte ihn die Muse geküsst: Sein poetisches Talent war erwacht. Fortan grölte der Kobold über die ganze Straße immer wieder aus dem Stegreif geschaffene Spottverse über jeden von uns. Genauer gesagt, über fast jeden. Denn über die dunklen Elfen schwieg sich Kli-Kli wohlweislich aus. Sicher fürchtete er, die Elfen wüssten seinen genialen Humor nicht zu schätzen, könnten dafür aber imstande sein, demjenigen, der ihrer Ansicht nach ihr Geschlecht oder – verwerflicher noch – ihr Haus beleidigt hatte, die Kehle aufzuschlitzen.
    Met, so hieß es, fresse wie ein Pferd, Ohm kratze sich die ganze Zeit am Bart, Schandmaul rieche schlecht aus dem Mund, und Alistan der Sturkopf träume davon, jemanden abzustechen. Und so weiter und so fort. Sobald der Kobold eine neue Strophe anstimmte,

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