Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
nächtlichen Überfall alle Hände voll zu tun haben, da würden sie an diese kleine Expedition kaum einen Gedanken verschwenden.
    Ich trat an Bienchen heran, klopfte ihr zur Begrüßung den Hals und erhielt als Antwort ein zufriedenes Schnauben. Daraufhin schwang ich mich in den Sattel.
    »Meine Schule!«, brüstete sich der Kobold, indem er sich allen Anwesenden Komplimente heischend zuwandte.
    Nur dass alle zu beschäftigt waren, um auf den nervtötenden Narren zu achten. Bloß Aal warf einen amüsierten Blick auf uns, während er prüfte, ob »Bruder« und »Schwester« leicht aus der Scheide glitten. Kli-Kli nahm das Desinteresse an seiner Person gelassen hin und sagte, den Kopf in den Nacken gelegt: »Da kommen auch schon deine letzten Gefährten.« Er zeigte auf Miralissa und zwei weitere Elfen. »Ell aus dem Haus der Schwarzen Rose und Egrassa aus dem Haus des Schwarzen Mondes.«
    Neugierig sah ich die Elfen an. Ell mit der dichten aschgrauen Mähne und dem Pony, der die bernsteinfarbenen Augen fast verdeckte. Gerade setzte er den Helm auf, der sein Gesicht völlig verbarg. Egrassa, der Elf mit dem silbernen Reif auf dem Kopf, der offenbar sein besonderes Erkennungszeichen war, sprach mit Miralissa. Er hielt einen Helm in der Hand, wie ihn auch Ell trug.
    »Sind das Verwandte von ihr?«, erkundigte ich mich bei Kli-Kli, indem ich mich weit zu ihm hinunterbeugte.
    »Ja, ich glaube, der eine ist ihr Vetter. Und der ist aus der Königsfamilie! Das kannst selbst du an diesem dämlichen –ssa am Ende erkennen. Ich geh mich jetzt von dem Zwerg und dem Gnom verabschieden«, murmelte der Kobold und verschwand.
    Miralissa spürte meinen Blick und drehte sich um. Ein flüchtiges Lächeln des Erkennens, ein angedeutetes Nicken. Ihr Vetter nickte mir ebenfalls zur Begrüßung zu. Was auch immer geschehen mag, die Elfen treten stets höflich auf. Immer wünschen sie dir erst einen guten Tag, bevor sie dir die Kehle aufschlitzen. Das nenn ich Manieren!
    Miralissa hätte ich ehrlich gesagt beinah nicht wiedererkannt. Das auffällige Kleid aus Miranuäch war verschwunden und einer gewöhnlichen Männerkleidung gewichen, wenn auch nach elfischer Art. Die komplizierte, hochgesteckte Frisur gab es ebenfalls nicht mehr, sie hatte sich in einen dicken aschfarbenen Zopf verwandelt, der ihr bis zur Taille reichte. Auf dem Rücken der Elfin hing, genau wie bei ihren beiden Gefährten, der S’kasch, die Elfenklinge. Daneben ragten bedrohlich der Bogen und der Köcher voll schwerer, schwarz gefiederter Pfeile auf.
    Im Unterschied zu den Soldaten der Menschen bevorzugen Elfen traditionelle Waffen, kämpfen nur mit Krummsäbeln und Bogen.
    Ohms Wilde Herzen waren da schon anders ausgestattet. Sie führten alles mit sich, was es gab, angefangen mit gewöhnlichen Schwertern und Armbrüsten, die an den Satteltaschen befestigt waren, bis hin zu Ogerbrechern, Streithacken, Streitäxten und Birgrisenen. Dazu kam bei jedem Zweiten ein Rundschild. Ein beeindruckendes Arsenal und ein erstaunlicher Trupp.
    Wer mich aber wirklich überraschte, war Mylord Alistan, der gerade seinem Vertreter, Leutnant Ysmee, die letzten Anweisungen gab. Er steckte nicht in seiner Rüstung! Stattdessen trug er wie alle anderen eine Jacke mit aufgesetzten Blechen. Hätte man einem Lasttier ein Kettenhemd angelegt, so hätte mich das weniger verblüfft als die Tatsache, dass Graf Ratte ohne seinen Panzer aufbrach, der doch schon fast zu seiner zweiten Haut geworden war.
    Unterdessen war Alistan mit seinen Instruktionen für Ysmee zu einem Schluss gekommen und schwang sich energisch auf ein riesiges schwarzes Pferd. Die Waffen, mit denen das arme Tier beladen war, hätten gereicht, um hundert Orks in die Flucht zu schlagen. Aber darüber sollte ich wohl froh sein. Musste ich in dieser Gesellschaft überhaupt noch vor irgendetwas Angst haben? Geschützt von den Schwertern der Wilden Herzen würde ich einen angenehmen kleinen Spaziergang unternehmen und vielleicht ein hübsches Abenteuer erleben …
    Kli-Kli tauchte noch einmal auf und gab für alle zum Abschied ein kleines Schauspiel. »Garrett!«, heulte er zum Steinerweichen. »Garrett! Verlass mich nicht, Garrett!«
    Dieser kleine Schlingel hatte wahrlich den sofortigen und qualvollsten aller Tode verdient! Natürlich zogen wir sämtliche Blicke auf uns. Die Gardisten, die die Lasttiere bepackt hatten, lachten lauthals über die Kapriolen des Hofnarren.
    »Garrett!«, klagte der Narr, der um Bienchen herumsprang.

Weitere Kostenlose Bücher