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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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ein.
    Kli-Kli nahm es ihm jedoch krumm und sagte, ungeachtet der Vorbehalte gegen seine Koboldpersönlichkeit werde er seine Pflicht als Wachtposten einlösen. Nur nicht heute, sondern in einer der folgenden Nächte, zusammen mit Deler und Hallas. Der Gnom und der Zwerg, die sich unterdessen ausgesöhnt hatten und friedlich aus einer Schüssel aßen, stimmten freudig zu, die Schicht mit dem Kobold zu teilen.
    Ebenfalls in dieser Nacht sah ich zum ersten Mal, dass Ell den Bogen neben sich legte und zwei Pfeile in die Erde rammte.
    Ich konnte nicht einschlafen. Der Schlaf floh mich. Deshalb lag ich, die Hände unter den Kopf geschoben, nur da und sah in das Sternenmeer am Himmel hinauf. Der laue Nachtwind strich zärtlich über das hohe Gras und die schlafenden Blumen, drückte beides sanft zu Mütterchen Erde hinunter. Das Gras raschelte erbost. Sobald der Wind jedoch weiterwanderte, reckte es frech den Kopf in die Höhe und forderte ihn heraus, umzukehren und das fröhliche Spiel wieder aufzunehmen.
    Der fahle Mond zog langsam über die Welt dahin, sein Licht bestäubte das Gras mit silbernem Mehl und gab ihm den Anschein einer kostbaren Juweliersarbeit, angefertigt von einem begabten Meister. Das Aroma der Nacht, der Duft der Feldblumen, die sommerliche Kühle und Weite stiegen mir in die Nase. Nach den Steinmauern der Stadt berauschte ich mich an der Natur.
    Irgendwo in den Feldern erklang der schmerzliche Schrei eines einsamen Vogels. Nicht nur ich fand keinen Schlaf.
    Ein Schatten fiel auf mein Gesicht, gleich darauf verbarg eine dunkle Silhouette die Sterne. Lautlos entschwand der Schatten in die Nacht, kehrte jedoch nach kurzer Zeit zurück und beschrieb über unserem Lager einen Kreis. Als er begriff, dass er nichts Essbares neben dem Feuer auflesen würde, schlug er träge mit den Flügeln und segelte über die silbrig im Mondlicht liegenden Felder davon. Ein Uhu auf Jagd. Bringt euch in Sicherheit, ihr Mäuslein! Zum Glück hatte er Triumphator nicht geraubt! Obwohl: Den Ling raubte ohnehin niemand. Der Uhu hätte mal versuchen sollen, den kleinen Beißer einzufangen – Schnabel und Federn hätten da gelitten! Der Ling rumorte ungestört weiter in dem leeren Topf und fraß alles auf, was die Menschen übrig gelassen hatten.
    Das Lagerfeuer war heruntergebrannt. Die verkohlten Holzscheite zwinkerten ihren fernen Schwestern, den Sternen, freundlich zu. Die einen wollten die anderen überleuchten. Es wäre gut gewesen, wieder Holz in die Glut zu geben, aber ich war zu faul aufzustehen, außerdem würde ich am Ende womöglich jemanden wecken. Neben mir schlief Schandmaul, auf dem Rücken und mit offenem Mund. Wäre Kli-Kli wach gewesen, so hätte er mit Sicherheit Schandmauls Unvorsichtigkeit ausgenutzt und ihm einen Löwenzahn oder einen kleinen Käfer in den offenen Mund gesteckt. Bei dem grünen Kobold war jederzeit mit jeder Gemeinheit zu rechnen.
    Bis jetzt war mir Kli-Klis Charakter ein Rätsel: Spielte er bloß die Rolle des Hofnarren, dem die Klappe nie stillstand, oder war das wirklich der Kern seiner grünen Koboldseele? Vor Kli-Kli hatte ich keinen Umgang mit einem Vertreter dieser nur noch wenige Köpfe zählenden Rasse und folglich kaum Gelegenheit gehabt, mir ein Bild von Kobolden zu machen.
    Heute drohte Schandmaul keine Gefahr, denn der Narr schnarchte laut vor sich hin. Alle anderen schliefen ebenfalls, Lämpler mit dem Birgrisen im Arm, Deler mit dem Kopf fast im Lagerfeuer. Hauptsache er stieß im Schlaf nicht gegen die glühenden Scheite! Hallas lag mit seinem geliebten Sack an der Grenze von Licht und Schatten.
    Das waren diejenigen auf dieser Seite. Der Rest schlief auf der anderen Seite des heruntergebrannten Feuers, verschmolz mit dem Dunkel und verwandelte sich in dunkle Silhouetten, sodass ich nicht genau erkennen konnte, wer wo lag. Ein paarmal ging Aal, der gerade Wache schob, leise vorbei. Nachdem er sich überzeugt hatte, dass alles ruhig war, setzte er sich etwas abseits hin und wartete auf die Ablösung.
    Aal war vielleicht der einzige meiner Gefährten, den ich immer noch nicht recht einzuordnen wusste. Einsilbig und geradeheraus, nahm der dunkelhäutige Garraker selten an einem Gespräch teil und ließ bloß hin und wieder ein paar Worte fallen. Immer nur dann, wenn Aal glaubte, es lohne sich, uns seine Meinung zu einer bestimmten Frage mitzuteilen. Die anderen Wilden Herzen achteten ihn, das war auf den ersten Blick zu erkennen, aber Freunde hatte er unter ihnen keine. Für

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