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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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glücklicherweise vom Feuer weg. Ich setzte mich neben die Elfin und beobachtete, wie das Feuer an der Rinde des Stöckchens leckte.
    »Kannst du auch nicht schlafen?«, fragte mich Miralissa nach langem Schweigen.
    »Hmm.«
    »Was für eine schöne Nacht«, sagte sie.
    »Angesichts der Tatsache, dass ich noch nicht häufig in meinem Leben unter freiem Himmel geschlafen habe, ja, dann habt Ihr recht. Es ist eine schöne Nacht.«
    »Du weißt gar nicht, was für ein glücklicher Mensch du bist«, bemerkte die Elfin nachdenklich und ließ die Fänge kurz aufblitzen.
    An diese Dinger hatte ich mich immer noch nicht gewöhnt. Der Mensch fürchtet vermutlich immer diejenigen, die ihm nicht sonderlich ähneln, vor allem wenn in ihren Mündern solche Zähne sitzen.
    »Wenn du in eine ausweglose Situation gerätst und deshalb nach Hrad Spine aufbrechen musst, ist das ein zweifelhaftes Glück«, entgegnete ich recht finster.
    »Das meine ich nicht. Wie oft hast du Awendum schon verlassen?«
    »Dreimal«, antwortete ich, nachdem ich kurz nachgedacht hatte. »Und nie weiter als fünf Leagues.«
    »Siehst du, du bist sogar ein Glückspilz. Du warst immer in der Nähe deines Elternhauses.«
    »Elternhaus – das trifft es nicht ganz.«
    Mit Awendum verbanden mich keine tieferen Gefühle.
    »Trotzdem ist es ein Zuhause. Weißt du, was ich mir mehr als alles andere wünsche?«
    Ich blickte ihr in die gelben Augen.
    »Ich möchte endlich nach Hause zurückkehren. Den heimatlichen Wald, meine Verwandten, den Palast, meine Gemächer und meine Tochter wiedersehen. Ein alberner Wunsch, oder?«
    »Nein, gar nicht. Alle wollen nach Hause zurück. Erst recht wenn sie eine Tochter zurückgelassen haben.«
    »Seit über zwei Jahren war ich nicht in Sagraba. Ich bin mit meinen Leuten durch ganz Siala gezogen, das letzte Mal bis zum S’u-dar. Nur Ell, Egrassa und ich sind von dort zurückgekommen, die anderen sind für immer im Schnee geblieben.«
    »Das tut mir leid.«
    »Das braucht es nicht. Wir haben unsere Beziehung zum Tod, ihr Menschen eure. Wir nehmen den Tod leichter hin. Alle werden gehen, früher oder später. Die Frage ist nur, wie sie fortgehen und wofür es sich lohnt, vom Leben Abschied zu nehmen.«
    Abermals breitete sich Stille aus, nur hin und wieder zischte es im Feuer, und der Wind zerrte einige Haare aus dem Zopf der Elfin.
    »Ich möchte Euch etwas fragen«, setzte ich an. »Warum habt Ihr Euch auf diese Sache eingelassen? Schließlich geht es gar nicht um Euch. Es ist ein Problem der Menschen.«
    »Die dunklen Elfen haben ein Bündnis mit Vagliostrien geschlossen.«
    Darauf erwiderte ich kein Wort. Bündnisse werden geschlossen und wieder gelöst. Das ist eine Sache der großen Politik. Und wegen irgendeines Bündnisses, mochte es auch schon Jahrhunderte halten, steckte man doch nicht den Kopf in den Rachen eines hungrigen Ogers.
    Miralissa erahnte meinen unausgesprochenen Gedanken. »Bist du immer so zynisch, Garrett?«
    »Das hängt von den Umständen ab.«
    »Du musst eins begreifen: Wenn wir euch jetzt nicht helfen, werden wir später dafür bezahlen. Die Orks haben sich offiziell dem Unaussprechlichen unterworfen, obwohl er ein Mensch ist. Sie erkennen ihn jedoch nur an, weil das für sie von Vorteil ist. Nach dem Krieg des Frühlings ist es ihnen nämlich nie mehr geglückt, in andere Länder vorzustoßen. Wenn sich der Unaussprechliche Vagliostrien einverleibt, steht das Grenzkönigreich ohne Verbündete da. Den vereinten Kräften der Orks werden die Grenzreicher nicht standhalten. Und sogar wenn sich der Unaussprechliche mit seiner Rache begnügt und seine Armee in Vagliostrien haltmacht, ist die Geschichte noch längst nicht erledigt. Die Orks werden sich Issylien nehmen, Miranuäch unterwerfen und sich irgendwann etwas gegen den Unaussprechlichen selbst einfallen lassen. Sie sind stolz und glauben, mithilfe ihrer Yataganen könnten sie jeden Menschen, ja, selbst jeden Magier der Menschen besiegen. Vielleicht lassen sie Vagliostrien auch in Ruhe, schließlich gibt es im Süden genügend andere Länder. Doch sie wollen ihrer Rasse die einstige Größe zurückgeben, deshalb werden sie alle anderen mit Stumpf und Stiel ausrotten. Denn die Orks sind die Ersten Kinder der Götter. Ihnen ist Siala geschenkt worden, in das die anderen Rassen, in ihren Augen Würmer, nur versehentlich gelangt sind. Die Orks meinen, allein sie seien würdig, hier zu leben, alle anderen gelte es ins Dunkel zu schicken. Früher oder

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