Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
ihn waren wir alle Gefährten, die, wenn nötig, an seiner Seite gegen den gemeinsamen Feind kämpften, aber keine Freunde, mit denen er an einem schönen Frühlingsabend ein Bierchen trank. Aal hielt sich bedeckt, was seine Person anging, und mischte sich auch nie in die Angelegenheiten anderer ein. Von den Soldaten nahm ihm das keiner übel, alle akzeptierten seinen Charakter. Einmal hatte ich Lämpler danach gefragt, woher Aal kam.
    »Keine Ahnung, er will nicht über seine Vergangenheit sprechen«, sagte Mumr. »Und wir bedrängen ihn nicht. Die Vergangenheit, das ist die persönliche Angelegenheit von jedem Einzelnen. Asche zum Beispiel, das ist der Kommandant der Dornen im Einsamen Riesen, war früher ein kleiner Dieb. Als er zu den Wilden Herzen kam, war er fast noch ein Kind. Und heute ziehen wir mit ihm hinter die Nadeln des Frosts, wenn es sein muss. Mir ist völlig einerlei, was er früher gemacht hat, ob er geklaut, gemordet oder alte Weiber entführt hat. Das Gleiche gilt für Aal. Wenn er nichts aus seiner Vergangenheit erzählen will, ist das sein gutes Recht. Ich kenne Aal jetzt seit zehn Jahren und habe nicht die geringsten Zweifel an seiner Tapferkeit. Es gibt da Gerüchte, er sei von Adel. Kein einfacher Kerl. Sieh dir nur mal an, wie er die Klinge führt – als sei er mit ihr geboren!«
    Ich war geneigt, Lämpler recht zu geben. Ich hatte ja selbst gesehen, wie Aal mit seinen zwei Schwertern im Königspalast gekämpft hatte.
    Der Nachtvogel schrie erneut. Ein durchdringender kurzer Schrei, der über die Felder fegte. Aal riss den Kopf herum und spähte in die Richtung. Aber nein, es blieb ruhig, offensichtlich fürchtete der Urheber seine eigene Stimme.
    Der Schlaf floh mich noch immer. Meine misstrauische Natur beunruhigte sich zu sehr über das Ausbleiben von Kater und Egrassa. Der Kobold hatte bestimmt recht, wenn er sagte, es sei was im Busche. Was konnte die beiden aufhalten, auf einem Weg, der doch so ruhig und ungefährlich wirkte? Ruhig? Ungefährlich? Nur weil man zu Pferd bis Awendum lediglich eine gute Woche brauchte, hieß das noch lange nicht, dass die Straße auch ruhig und ungefährlich war. Im Grunde musste man auf alles Mögliche gefasst sein: Diebe, ein Unwetter, ein Pferd konnte sich das Bein brechen, ja, den beiden könnte sogar ein Stein auf den Kopf fallen! Es spielt nämlich gar keine Rolle, dass über ihnen der blaue Himmel prangt! So ein Stein kann von wer weiß woher angeflogen kommen, im unpassendsten Augenblick, und ordentlich gegen den Scheitel eines Bürgers knallen, der nicht das Geringste ahnt. Da bräuchte bloß irgendein Zauberlehrling etwas auszuprobieren, und schon hätten wir den Salat! Aber ich schweife ab.
    Soweit ich mich erinnerte, hatte ich das dicke Wilde Herz das letzte Mal an dem Abend gesehen, als Miralissa mir den Elfenschlüssel angepasst hatte. Ja, genau. Kater hatte mürrisch dreingeblickt und war sehr beunruhigt gewesen, um nicht zu sagen völlig aufgelöst. Obwohl: Wenn ich es recht bedenke, war Kater schon den ganzen Tag lang in Sorge gewesen. Immer wieder hatte er sich umgewandt, die leere Straße hinuntergespäht, nervös über seinen Katzenbart gestrichen und etwas gemurmelt. Was mochte er gesehen haben? Alle anderen, einschließlich Miralissa und Egrassa, die etwas von Schamanismus verstanden, hatten schließlich gar nichts bemerkt.
    Aber wer wird schon aus einem Fährtenleser schlau? Es ist ja geradezu die Pflicht eines solchen Burschen zu sehen, was anderen entgeht.
    Nach und nach verblassten die Sterne, und die Welt versank in Schlaf.
    Sehr plötzlich wachte ich auf. Von einer Sekunde auf die andere hatte sich der Schlaf verflüchtigt. Der Mond war unterdessen recht weit über den Himmel gezogen und lag bereits in den Armen des Sonnenschützen, eines gewaltigen Sternenbildes ganz am Rand des Horizonts.
    Aal schlief neben Schandmaul, dessen Mund noch immer offen stand. Es waren mehr als drei Stunden vergangen, seit ich eingeschlafen war, inzwischen schoben bereits Ohm und Met Wache, die Aal und Arnch abgelöst hatten, damit diese sich schlafen legen konnten.
    Jemand hatte sich um das Feuer gekümmert, das nun auch mit kleiner Flamme noch munter am Brennholz fraß. Miralissa saß neben ihm und warf ab und zu ein Stöckchen ins Feuer, das daraufhin erbost zischte und Funken sprühte, die in den Nachthimmel aufstiegen.
    Ich stand auf und trat leise zu ihr. Beinahe wäre ich dabei auf Deler getreten. Der Zwerg hatte sich im Schlaf bewegt,

Weitere Kostenlose Bücher