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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Miralissa machte sich immer noch Gedanken über die Schamanen, die im Wald ihre Schweinerei vorbereitet hatten. Sie glaubte, der Feind würde alles daransetzen, einen Zauber zu wirken und zu wecken.
    Das sah ich ganz genauso. Irgendein böser Schamanenzauber, gewirkt von den Handlangern des Unaussprechlichen, konnte uns jede Sekunde treffen. Wie heißt es doch so schön? Die Gesetze der universellen Schweinerei offenbaren sich, wenn man es am wenigsten erwartet.
    Um mich zu beruhigen, schielte ich alle fünf Minuten zu Kater hinüber. Er würde bestimmt wittern, wenn Gefahr drohte. Aber Kater blieb ruhig, wirkte ganz unbesorgt und fröhlich. Deshalb wich die Unruhe, die mich erfasst hatte, auch nach und nach von mir.
    Die Harganer Heide versank in hohem Gras und Heidekraut. Manchmal war der schmale Pfad gar nicht mehr zu erkennen. Hunderte von Heuschrecken zirpten und wetteiferten, wer von ihnen der beste Musikant sei. Sie stoben in Scharen unter den Hufen unserer Pferde davon, wild darauf schimpfend, dass wir in ihr Wiesenkönigreich einfielen.
    Als wir am Abend eine Schlucht überquerten, zog sich mir das Herz zusammen. Aber das war nicht der Ort, den ich in meinem Traum gesehen hatte. Diese Schlucht war klein und nicht sehr tief, sie ähnelte in keiner Weise jenem Abgrund, welcher einst den Orks ihren Angriff auf die Menschen so schwer gemacht hatte.
    Die Pferde gelangten mühelos auf die andere Seite, wir setzten den Weg durch die Welt der Gräser und Heuschrecken fort.
    Geraume Zeit später ritten wir zwischen riesigen Findlingen aus schwarzem Granit einher (niemand vermochte zu sagen, wie die hierhergekommen waren) und kamen an eine alte Hütte. Met berichtete uns, darin würden die Heumacher aus den umliegenden Dörfern übernachten, wenn sie das Heu für den Winter vorbereiteten. Die langen Reihen von Heuballen bestätigten seine Worte.
    »Bis zum nächsten Dorf ist es weit, wie wollen sie die Dinger da hinschaffen?«, fragte Ohm verwundert.
    »Hier gibt es das beste Gras in der ganzen Gegend. Dafür nimmt man schon mal zwanzig Leagues in Kauf«, erklärte Met. »Die Heumacher verbringen den ganzen Sommer an diesem Ort. Das Heu reicht für alle. Es bleibt sogar noch etwas übrig.«
    Eine Stunde später, als der Pfad gänzlich verschwand und wir durch Felder und ein Labyrinth aus Heidekraut reiten mussten, bemerkte Schandmaul eine große Kuhherde, mindestens zweihundert Tiere. Sie mümmelten würdevoll das saftige Gras und schlugen mit den Schwänzen die Fliegen fort, die in surrenden Wolken um sie herumschwirrten. Kaum näherten wir uns, da schoss ein Dutzend schwarz und weiß gescheckter Hirtenhunde bellend in unsere Richtung. Arnch zischte etwas und griff nach der Armbrust, doch da ertönte bereits ein scharfer Pfiff, und die Hunde machten mit unzufriedenem Gebell kehrt. Nur der kräftigste von ihnen, mindestens so groß wie ein Imperiumshund, baute sich in unserer Nähe auf und beobachtete uns wachsam, als wir an ihm vorbeizogen.
    »Glotz gefälligst woandershin, du Töle«, murrte Deler.
    »Die fressen Zwerge«, lachte Hallas, was ihm einen finsteren Blick seines Freundes eintrug.
    »Du redest zu viel, Bartwicht. Du zwingst mich noch, zum Stuhl zu greifen und ihn dir überzuziehen!«
    Der Gnom hielt es nicht einmal für nötig, darauf einzugehen.
    Der Hirte, der die Hunde zurückgerufen hatte, beobachtete uns ebenfalls, die Augen gegen die Sonne abgeschirmt. Er sah uns so neugierig an, als zögen nicht gewöhnliche Reiter an ihm vorbei, sondern die zwölf Götter Sialas samt dem Unaussprechlichen. Der kleine Hirtenjunge neben ihm machte aus seinen Gefühlen noch weniger ein Geheimnis: Sein Mund stand weit offen, ich fürchtete schon, da würden ein- oder zweihundert Fliegen Einzug halten.
    Wir boten ja in der Tat einen sehenswerten Anblick: Mitten in der Heide, in einer Gegend, in die sich nicht einmal alle Hirten vorwagten, so einsam war sie, dürfte nur alle Jubeljahre eine bis an die Zähne bewaffnete Einheit auftauchen.
    Kli-Kli konnte sich nicht beherrschen und streckte dem Jungen die Zunge heraus. Der Dorfbengel sah offenbar zum ersten Mal in seinem Leben einen Kobold aus Fleisch und Blut.
    »Der hat jetzt den ganzen Winter was zu erzählen.« Aal machte zum ersten Mal am heutigen Tag den Mund auf. »Pass auf, Kli-Kli, er wird behaupten, einen echten Oger gesehen zu haben.«
    »Und wer soll das sein, dieser Oger?«, brauste der Kobold auf. »Ich etwa? Oger heulen! So!«
    Der Kobold jaulte los, womit

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