Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
singen. Der einzige Vorteil des Schamanismus ist, dass ein Schamane durch die Anwendung von Magie seine Kraft nicht einbüßt.
    Auf der Erde liegend fingerte ich endlich ein Fläschchen heraus, erhob mich auf ein Knie und wollte es dem Schwertschwinger, der auf mich zustürmte, entgegenschleudern. Der hatte sich inzwischen jedoch verkrümelt. Was wörtlich zu verstehen ist. Die Feuerkugel, die alle jungen Magier so lieben, hatte ihn in ein Häufchen Asche verwandelt, um anschließend in eine Hauswand einzuschlagen und zu explodieren. Bleichling war aber immer noch da, stand vor dem Ausgang in die Straße der Äpfel und schrie. Selbst von hier aus sah ich, dass sein Gesicht verbrannt und von kleinen Splittern blutig gerissen war. In dem Haus klaffte ein großes Loch, durch das mühelos die königliche Kutsche gepasst hätte. Roderick hatte nicht gegeizt, als er seinen Zauber gewirkt hatte.
    Wo steckte er eigentlich? Ich ließ Bleichling Bleichling sein und drehte mich nach Arziwus’ Lehrling um. Roderick kauerte völlig ausgelaugt, halb sitzend, halb liegend an einer Mauer. Die beiden noch übrigen Schufte starrten ihn entgeistert an.
    »Das ist ja wirklich ein Magier!«, brachte einer der beiden schließlich heraus.
    »Nichts wie weg!«, kreischte der andere, warf sein Schwert weg und begriff in seiner Panik nicht einmal, dass Roderick in dieser Sekunde keiner Fliege etwas zuleide tun konnte.
    Beide Schurken rannten in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren. Natürlich setzte ich ihnen nicht nach. Bleichling interessierte mich mehr, aber der war inzwischen spurlos verschwunden.
    »Dieser verfluchte Hundesohn!« Verblüfft schüttelte ich den Kopf. Der war ja der reinste H’warr! Nur diese Kreatur leistet selbst dann noch Widerstand, wenn ein Wildes Herz sie mehrfach mit dem Schwert durchbohrt und ihr augenscheinlich tödliche Wunden beigebracht hat. Nun gut, das Dunkel sei mit ihm!
    Ich trat an Roderick heran. »Wie sieht’s aus? Hast du’s überlebt?«
    Er nickte erschöpft, aber in seinen Augen brannte ein Feuer. »Ich habe es geschafft! Ich habe es zum ersten Mal geschafft! Einen solchen Zauber!«
    »Genau! Anstelle einer apfelgroßen Kugel hast du dieses Monstrum geschaffen! Ich wär beinahe verbrannt! Warum hast du eigentlich auf den geschossen und nicht auf die beiden anderen, wie ich es dir befohlen hatte?«
    »Aber der ist doch mit einem Schwert auf Euch …«, rechtfertigte sich mein Retter.
    »Gut, lassen wir das. Ich danke dir. Kannst du laufen? Die Stadtwache kriecht nämlich gleich aus allen Ritzen.«
    So verhielt es sich nun einmal in unserem ruhmreichen Awendum: Kaum droht eine ernstliche Auseinandersetzung, da ist die Stadtwache wie vom Erdboden verschluckt, um ihre Nase erst nach Ende des Kampfes wieder aus ihren Löchern zu stecken.
    Roderick nickte, ich half ihm auf und stützte ihn, als wir zu der geradezu leergefegten Straße der Äpfel stapften.

Kapitel 7

    Entdeckungen
    Der Blick des Magisters vom Orden Vagliostriens verhieß – was meine Person betraf – nichts Gutes. Arziwus empfing mich in seinem Haus in der Inneren Stadt, nahe beim Königspalast. Er saß in einem tiefen Sessel und hatte sich in einen Berg von Wolldecken gehüllt. Solche Decken durchwärmen selbst einen Toten im bittersten Winter, und zurzeit herrschte eine fürchterliche Hitze. Offenbar drang sie aber nicht zu den alten, kältegeplagten Knochen des Erzmagiers vor. Wusste Arziwus denn keinen entsprechenden Zauber gegen sein Frieren zu wirken?
    »Ich könnte dich in der Luft zerreißen, Garrett!«, knurrte der Alte, der einen Pokal mit heißem Wein geräuschvoll auf einem winzigen hellbraunen Tisch mit apart geschnitzten Füßen abstellte.
    Der Wein schwappte über, auf der von den Zwergen auf Hochglanz polierten Tischplatte bildete sich eine kleine Lache.
    »Was hast du da angerichtet? Hast du vollends den Verstand verloren?«
    »Was meint Ihr damit, Euer Magierschaft?« Ich verstand wirklich nicht, worauf er anspielte.
    Oder fast nicht.
    Der Alte bebte geradezu vor Empörung, und ich fürchtete schon, er könne gleich einen Schlaganfall erleiden. Oder mich versengen. Arziwus hustete heftig, es schüttelte ihn am ganzen Körper. Er tat mir aufrichtig leid.
    Eine geschnitzte Tür, auf der eine weit zurückliegende Schlacht zwischen den Magiern des Ordens und den Schamanen der Orks dargestellt wurde, öffnete sich, und Roderick betrat den Raum. Nachdem er den Feuerzauber gewirkt hatte, sah der Junge zwar noch

Weitere Kostenlose Bücher