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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Tausende vermeintlicher Augen aus zersplitterten Fenstern an. Vielleicht war sie etwas schmaler und dunkler, die Häuser etwas ärmer. Ich lief raschen Schrittes, versuchte mich im Schatten und Halbdunkel zu halten, lauschte angespannt in die Stille der Nacht hinein und auf das Lied des kläglichen Windes. Ein paar Mal trug der Wind die abgerissenen Geräusche eines Kinderweinens heran, aber sie waren so gespenstisch weit weg, dass ich es vorzog, sie zu überhören.
    Minuten vergingen. Einmal stieß ich auf das Skelett eines Pferdes, das quer auf der Straße lag. Die Knochen waren genau wie die Gebeine des Toten in dem unendlichen Zimmer benagt worden. Ob mein Quäker auf diese Weise seinen Hunger stillte? Ich umrundete das Skelett, ohne den Blick von etwas Weißem zu wenden, das plötzlich am Ende der Straße aufgetaucht war.
    Schon bald hatte ich mich dem mysteriösen weißen Fleck so weit genähert, dass ich ihn mir eingehend ansehen konnte. Eine Wolke aus durchscheinend silberweißem Nebel versperrte mir auf der Höhe einer eingefallenen Schenke (das Schild in Form eines dicken Katers wies das Haus als solche aus) den Weg. Eine runde Wolke, zärtlich wie ein harmloses Schäfchen, die mitten über der Straße schwebte. Als habe eine dicke, fette Spinne ihr Netz gesponnen. Die Ränder der Wolken zitterten im Wind und gaukelten damit Leben vor. Der Nebel hatte nichts mit dem Juninebel in Awendum gemein, der gelb und undurchdringlich dick war, während dieser … Ganz gewöhnlicher Nebel war das, vielleicht von leicht sonderbarer Form, und eben durchscheinend. Trotzdem zweifelte ich keine Sekunde an seinem magischen Ursprung.
    Als mich nur noch zehn Yard von dem unvermutet aufgetauchten Hindernis trennten, fing ich an, darüber nachzudenken, was ich als Nächstes tun sollte. For hatte mir geraten, einen Weg über die Dächer zu nehmen. Aber ob die nach all den Jahren noch das Gewicht eines Menschen trugen? Sollte ich also besser diese Wolke umrunden? Im Schutz des Schattens, dicht an eine Hauswand gepresst? Oder würde sich dieses mysteriöse Etwas dann womöglich davon überzeugen wollen, wer da in seinen Herrschaftsbereich vordrang?
    In dieser Sekunde entdeckte ich durch die silbrige Nebelwolke hindurch eine menschliche Silhouette. Der Größe nach ein Riese. Der Kopf befand sich auf der Höhe des ersten Stocks eines der Häuser, die neben ihm standen.
    Die Statue Sagoths. Gut, ich würde mich an Fors Rat halten. Aber wie kam ich zu dem Standbild des Gottes?
    Wie nur?
    Ich wollte schon im Schatten einer Hauswand an der Wolke vorbeihuschen, als mich eine strenge Stimme zurückhielt: Halt! Rühr dich nicht von der Stelle, wenn dir dein Leben lieb ist!
    Nun, Garrett ist ein braver Junge. Die Stimme jagte mir keinen geringeren Schrecken ein als eine Vogelscheuche im Gemüsegarten diesen gefiederten Quälgeistern. Erst einige beklemmende Herzschläge später wurde mir klar, dass abermals der Erzmagier sprach. Doch bevor ich den verfluchten Walder zurechtstutzen konnte, rief er, die Standpauke offenkundig erahnend: Schweig! Keinen Ton! Diese Kreatur ist blind, hört aber vorzüglich! Sprich in Gedanken mit mir, ich verstehe dich bestens!
    Du hast versprochen zu verschwinden! Wie unschwer zu begreifen ist, vergaß ich in diesem Augenblick die rätselhafte Nebelwolke völlig und beschäftigte mich ausschließlich mit der Stimme, die in meinem Kopf nistete.
    Was wäre denn geschehen, wenn ich tatsächlich verschwunden wäre? Weißt du, wo du dann wärest? In Irillas Maul!, erwiderte die Stimme.
    Was ist das schon wieder für ein Monster?
    Das weiß niemand. Eine Ausgeburt des Kronk-a-Mor. Ich habe darüber in den alten Folianten gelesen, als ich noch … Die Stimme erstarb. Als ich noch lebte. Ich habe alte Stiche dieser Wesen gesehen. Sie sind blind und lauern wie Spinnen in verlassenen Straßen auf zufällige Passanten wie dich. Notfalls können sie Jahrhunderte warten.
    Wie können sie überhaupt jagen?, fragte ich ungläubig. Ein blinder Jäger, das hatte ich noch nie gehört.
    Sie hören vortrefflich.
    Warum hat sie mich dann nicht längst geschnappt?, fragte ich zweifelnd.
    Gib dich keinen Illusionen hin! Die Irilla hat dich schon gehört, als du noch zweihundert Yard weit entfernt warst. Sie wartet, bis du zu ihr kommst.
    Soll sie ruhig warten! Ich werde schon einen anderen Weg finden.
    Sobald du einen Schritt zurück tust, fällt die Irilla über dich her, warnte der Erzmagier. Rühr dich besser nicht! Du musst sie

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