Schattenwandler 01. Jacob
werde ich dir nicht aufzwingen. Weder geistig noch gefühlsmäßig und ganz bestimmt nicht körperlich.“ Seine dunklen Augen musterten sie so intensiv, dass sie glaubte, kein einziges Geheimnis mehr vor ihm bewahren zu können. „Aber versteh mein Bedürfnis, Abstand zwischen uns zu bringen, nur als das Bemühen, meine Selbstbeherrschung nicht zu verlieren, bis du dich aus freiem Willen für mich entscheidest, Prophezeiung hin oder her.“
„Aber Jacob“, sagte sie und spielte mit der offenen Knopfleiste seines Hemds, „als wir zusammen in der Bibliothek waren und auch vorher, wussten wir doch gar nicht, dass es überhaupt eine Prophezeiung gibt.“
So einfach. So logisch. So wahr. Jacob ballte die Fäuste gegen die Tür, seine Sehnsucht und seine Gefühle zerrten an seinem Herzen. Seine Sinne schrien nach ihrer Antwort. Selbst die Wärme ihres Duftes, der ihm in die Nase stieg, konnte ihn nicht beruhigen.
Für einen Moment biss Jacob die Zähne fest zusammen.
„Isabella, du musst aufpassen, was du zu mir sagst“, warnte er sie rau. „Meine Selbstbeherrschung hängt an einem seidenen Faden. Dir muss klar sein, dass die Folgen, wenn ich meine Beherrschung verliere, nicht mehr rückgängig zu machen sind. Ist dir das klar?“
„Ja. Das ist mir klar. Und ich will, dass auch dir etwas klar ist“, entgegnete sie schnell. „Ich bin vielleicht noch Jungfrau, aber das kommt nur daher, dass mich niemand lange genug interessiert hat, um das zu ändern, und nicht daher, dass es so unglaublich wichtig für mich wäre. Ich gebe zu, ich habe immer gehofft, ein ganz besonderes erstes Mal zu erleben, aber wenn ich darüber nachdenke, muss ich mir eingestehen, dass mir das schon vergönnt war. Jacob, ich hätte mir die Gefühle, die du in mir auslöst, nie träumen lassen. Ich habe mich noch nie so sehr als Frau gefühlt wie in dem Moment, als du mich angefasst hast, als deine Lippen mich berührt haben.
Noch nie hat jemand so viel Leidenschaft für mich empfunden wie du“, wisperte sie mit samtweicher Stimme, die über seine angespannten Nerven fuhr wie zärtliche Fingerspitzen. „Es ist ein ganz unglaubliches Gefühl, so begehrt zu werden. Manche Frauen haben ihr ganzes Leben lang Sex und fühlen trotzdem niemals so etwas. Meine Unschuld ist also nur noch physisch. Von meinem Gefühl her bin ich in der ersten Nacht, in der wir zusammen waren, in deinen Armen zur Frau geworden.“
Jacob seufzte, und sein Atem wehte ihr Haar gegen ihre Wange.
„Die Naivität in dem, was du sagst, zeigt mir ganz deutlich, wie unschuldig du tatsächlich noch bist, Bella.“
Nach dieser unverblümten Abfuhr, ob beabsichtigt oder nicht, musste Bella an sich halten, um ihm nicht eine runterzuhauen. Seine herablassende Art begann sie zu verwirren. Sie war vielleicht unerfahren, aber sie wusste zumindest, dass es etwas ganz Außergewöhnliches gab zwischen ihnen. Unterschiedliche Welten, sogar unterschiedliche Wesen, und doch fühlte sie, dass es eine kostbare Verbindung war. Eine Gelegenheit.
Obwohl es sie einschüchterte, obwohl die Gefahr nicht zu übersehen war und sie allen Grund hatte, Angst zu haben, hatte Isabella nicht vor, diese Gelegenheit davonflattern zu lassen wie einen launischen Schmetterling. Vielleicht war ihr ganzes bisheriges Leben nur die Vorbereitung auf diese Begegnung mit Jacob gewesen, mit all den plötzlichen Veränderungen, die damit einhergingen. Vielleicht war ihr Wissensdurst die unterbewusste Suche nach Jacob und seinem Volk gewesen. Vielleicht gab es so etwas wie Schicksal, und vielleicht war Jacob ihr Schicksal. Isabella wusste, dass es nur einen Weg gab, das herauszufinden.
„Gut. Ich verstehe“, sagte sie und zuckte die Achseln, während sie den Kopf abwandte, damit er ihr nicht in die Augen sehen konnte. „Wenn das wirklich so wichtig ist für dich, dann schlafe ich erst mal mit einem Menschenmann. Danach weiß ich dann, wovon ich rede, bevor ich mit dir noch mal von vorn anfange.“
Die Bemerkung traf Jacob genauso jäh wie Elijahs Einmischung, als er Isabella in der ersten Nacht berührt hatte. Es traf ihn mit atemberaubender Gewalt und warf ihn völlig aus der Bahn. Wut kochte in ihm hoch, und seine Augen schimmerten tiefschwarz und gefährlich. Der bloße Gedanke, dass ein anderer Mann diese Haut berühren, diesen süßen verlockenden Mund küssen könnte, war mehr, als er ertragen konnte. Was sie ihm da vorschlug, war einfach zu viel. Viel zu viel.
„Nur über meine Leiche … nur
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