Schattenwandler 02. Gideon
ebenfalls hellwach.
„ Neliss ? Was ist los, Süße?“, fragte er besorgt.
Die Besorgnis, die aus ihm sprach, besänftigte sie, und ihr Atem beruhigte sich langsam. Sie strich ihr schweres Haar mit beiden Händen zurück und sah sich blinzelnd um. Sie hatte sich noch nicht daran gewöhnt, in Gideons Haus aufzuwachen. Aber was hatte sie denn erwartet, nachdem sie in den dreihundert Jahren, die sie inzwischen schon lebte, immer in ihrem eigenen Bett aufgewacht war?
Ziemlich gut gewöhnt hatte sie sich inzwischen allerdings daran, dass sie immer irgendwo einen süßen Schmerz verspürte, wenn sie aufwachte. Gideon erbot sich jedes Mal, die wunden Stellen zu lindern, und obwohl sie wusste, dass er mit ihren Gedanken und Gefühlen sehr gut vertraut war, antwortete sie immer: „Welche wunden Stellen?“ Er lachte dann, und sein Grinsen strahlte große männliche Zufriedenheit aus.
Doch die zärtlichen Gefühle, denen sie sich in den vergangenen Tagen hingegeben hatten, schlummerten im Moment. Stattdessen krampfte sich ihr Herz in namenloser Furcht zusammen.
Gideon hockte sich vor sie hin, sodass ihre Schenkel sich berührten und sie einander ansehen konnten. Zärtlich nahm er ihr Gesicht in seine Hände, und sie blickte in seine besorgten Augen.
„Sag es mir“, drängte er sanft.
„Ic h … kann nicht. Ich verstehe es nicht. Vielleich t … war es nur ein böser Traum.“
„Und kommt das öfter vor? So etwas wie das?“
Stumm schüttelte sie den Kopf, und Tränen stiegen ihr in die Augen, weil die Furcht sie nicht loslassen wollte.
„Hör mal, Liebes, nichts ist mehr so, wie es einmal war. Du wirst nie wieder eine normale Geistdämonin sein. Meine Macht in dir verändert alles. Ich weiß noch nicht genau, wie. Das wird sich mit der Zeit zeigen. Aber vergiss nie, dass es dir am Anfang wahrscheinlich immer Angst machen wird.“ Er hielt inne, um ihre bebenden Lippen zu küssen und um sie mit dieser warmen und besänftigenden Verbindung zu beruhigen, wie er es mit Worten nicht hätte tun können. „Bleib ganz ruhig. Es ist genau wie damals, als du zum ersten Mal deine natürlichen Fähigkeiten entdeckt hast. Du musst einfach beobachten, was passiert und es annehmen, und du darfst dich nicht davor fürchten.“
„Woher weißt du denn, dass es darum geht? Um neue Macht und neue Fähigkeiten?“
„Ich spüre es, Nelissuna . Ich spüre es schon seit Tagen. Und du auch, du willst es bloß nicht akzeptieren.“
Legna atmete tief aus und blies dabei ein paar Haarsträhnen aus ihrem Gesicht.
„Danke für die rechtzeitige Warnung“, meinte sie trocken und warf ihm einen giftigen Blick zu, ganz ähnlich, wie sie ihn oft anzuschauen pflegte. Aber diesmal musste er leise lachen.
„Wenn du willst, kann ich gehen, und du findest selbst herau s … “
Legna packte seinen Oberarm, als er vom Bett aufstehen wollte, und zog ihn entschlossen zurück.
„Auf keinen Fall! Du hast mir das eingebrockt, jetzt kannst du die Suppe auch mit mir auslöffeln.“
„So wie du das sagst, klingt es wie eine Strafe“, bemerkte er, und seine silbernen Augen funkelten belustigt. „Ich wüsste nicht, wo ich lieber wäre als in meinem Bett mit meiner wunderschönen Gefährtin.“
Er beugte sich vor und küsste sie zärtlich, und ihre Lippen hingen aneinander, als wollten sie sich nie wieder lösen. Schließlich setzte er sich auf, und sie blieb warm und erregt zurück.
„Zauberer“, warf sie ihm ohne Bosheit vor.
„Sirene“, gab er zurück, zog sie wieder an sich und küsste sie so heftig, dass sie beide nach Atem ringen mussten.
„Mmh, was ist jetzt mit dem Albtraum?“, fragte sie abwesend, während sie an seinen Lippen nagte.
Gideon wich etwas zurück und hob fragend eine Augenbraue.
„Erst war es nur ein böser Traum, jetzt ist es schon ein Albtraum? Woran erinnerst du dich?“
„Ich glaub e … “ Sie verstummte und schluckte. „Ich hatte das schreckliche Gefühl, als würde ich Noah verliere n … dass er einfach neben mir verblasst ist.“
„Wie bei einer Abberufung?“
„So ähnlich, aber es war keine Abberufung. Irgendwie wusste ich, dass er sich nicht in dieser Art Gefahr befand, aber ich bin das Gefühl nicht losgeworden, dass ich ihn nie wiedersehen würde. Gideon, es hat mir das Herz gebrochen.“
Die Tränen, die ihr über die Wangen liefen, zeigten, wie aufgewühlt sie war, und er beugte sich vor, um sie wegzuküssen.
„Also ein ganz normaler Albtraum“, überlegte er.
„Woher willst du
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