Schattenwandler 02. Gideon
angefühlt.“
„Zieh dich an“, drängte sie und rieb nervös die Handflächen aneinander.
„Meinst du nicht, er weiß, was in seinem Haus vor sich geht?“
„Und meinst du nicht, Gideon, es ist besser, wenn ich nicht die Beherrschung verliere?“, drohte sie. „Bitte. Bitte zieh dich an.“ Dann verschwand sie im Nu aus dem Schlafzimmer.
Ihr Bruder sollte wohl auf keinen Fall sehen, dass sie gerade aus seinem Bett kam, dachte Gideon und seufzte. Es war so undämonisch, wie sie über diese Dinge dachte. Legna dagegen hatte Noah im Laufe der Jahrhunderte ein paarmal mit einer seiner Partnerinnen erwischt, aber es hatte ihr nie etwas bedeutet, und sie hatte es akzeptiert. Und jetzt war sie mit ihrem zukünftigen Ehemann zusammen, ihrem auf sie geprägten Gefährten, und sie fürchtete, dass ihr Bruder mitbekommen würde, dass sie gerade miteinander geschlafen hatten?
Hör auf, meine Ansichten zu kritisieren, und komm bitte herunter.
Meinst du nicht, dein Bruder hat die Energie unseres Liebesspiels meilenweit gespürt?
Ich hasse dich.
Vielleicht, aber bloß im Moment , lachte er leise.
Langsam umkreiste der wunderschöne Puma das Haus, die Nase immer wieder dicht über dem Boden, als wolle er die Gerüche einordnen, die er aufnahm. Die Tür stand weit offen, und langsam schlich der Berglöwe in die Behausung. Sofort stieg ihm der Geruch von Blut in die Nase, und er lief zu der Stelle. Es war ein Fleck auf dem Teppich, noch feucht und frisch.
Die Wildkatze leckte daran, unfähig, dem Duft zu widerstehen, geschweige denn dem Geschmack. Noch nie zuvor hatte sie so etwas geschmeckt, und die fremdartige Zusammensetzung verwirrte sie. Es war eine Prise Macht darin. Nicht sehr stark, aber genug, um anzuzeigen, dass es nicht nur von einem Menschen stammte.
Der Raum war erfüllt vom Geruch von Dämonen, und das Raubtier sah sich mit trägen goldenen Augen um. Es roch den Duft von Furcht, der noch im Raum hing, und den Gestank von Feindseligkeit. Etwas Gewalttätiges, Jäger gegen Beute, war in diesem Raum geschehen. Und plötzlich verstand die Wildkatze, dass sie nicht hierbleiben sollte, falls andere Tiere kamen und ihre Absichten falsch verstanden.
Sie fuhr herum, um zur Tür zu laufen. Doch sie erstarrte, als ein Blitz und der Gestank von Schwefel mit unglaublicher Gewalt durch den Raum fegte. Der Dämon, der sich aus der Rauchwolke löste, blieb abrupt stehen, als er den Puma entdeckte, der sprungbereit am Boden hockte.
Kane hatte plötzlich die Not seiner Gefährtin gespürt, und als er merkte, dass ihre Aura sein Haus verließ, hatte er Angst bekommen. Er hatte eine Weile gebraucht, um sich so weit zu beruhigen, dass er sich nach Hause teleportieren konnte. Er war noch nicht so erfahren, dass er diese Fähigkeit ständig zuverlässig einsetzen konnte.
Aber jetzt, als Kane von dem Berglöwen zu den Blutflecken auf dem Teppich sah, war er wie blind vor Wut und Schmerz. Das Blut roch eindeutig nach seiner Gefährtin, und er wusste mit jeder Faser seines Körpers, dass sie verletzt war und dass sie in großer Gefahr schwebte. Er ballte die Fäuste, und wie bei seinem älteren Bruder loderte in seinen dunklen Augen Entschlossenheit, als er sich der Katze näherte.
Das Tier wich zurück, und seine Nackenhaare stellten sich auf, während es nach einem Fluchtweg suchte. Dann traf die Katze ihre Entscheidung, denn ihr war klar, dass es ihr nicht gelingen würde, einem Dämon zu entkommen, der sich teleportieren konnte. Sie begann am ganzen Leib zu zittern, und das Klingeln des Halsbands ließ den Dämon innehalten. Es war ziemlich unwahrscheinlich, dass eine Wildkatze ein Halsband trug. Auf diese Weise gewann die Berglöwin Zeit, während sie weiter zitterte und ihr Fell sich in langen goldenen Locken von ihrem Körper löste.
Wenig später sah Kane in die goldenen Augen einer Frau. Sie war nackt, bis auf das Halsband. Dann richtete sie sich zu ihrer natürlichen, ziemlich beeindruckenden Größe auf. Das Haar verbarg ihren Körper fast ganz, aber die Lykanthropin achtete nicht darauf. Ihre ganze Aufmerksamkeit war auf den verblüfften Dämon vor ihr gerichtet.
„Ich bin Siena, Königin der Lykanthropen“, stellte sie sich ruhig vor. Ihre Stimme klang warm und verlockend. Er war ein Geistdämon, und ihre suggestive Kraft konnte ihm nichts anhaben, aber es konnte nicht schaden, wenn sie ihn ein wenig besänftigte. „Ich lasse dich in mein Bewusstsein, und dann wirst du selbst sehen, Dämon, dass ich nicht
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