Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenwandler 02. Gideon

Schattenwandler 02. Gideon

Titel: Schattenwandler 02. Gideon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
Vom Netzwerk:
Meditation reißen wollte. Er spürte deutlich, wie sie ihr Bewusstsein ordnete, um mit seinen Kräften umgehen zu können, über die sie seit ihrer Prägung verfügte.
    Die tiefe Versenkung half ihr dabei, sich ganz auf ihren bevorstehenden Vorstoß in Feindesland zu konzentrieren. Seit er regelmäßig in ihr Bewusstsein eindrang, war Gideons Respekt vor der Stärke und vor der mentalen Disziplin gewachsen, mit denen sie ihre empathischen Fähigkeiten beherrschte. Ohne diesen beeindruckenden Willen wäre sie von den vielen Gefühlen, die von allen Wesen um sie herum auf sie einstürzten, buchstäblich in den Wahnsinn getrieben worden.
    Gideon bemerkte wieder, wie wunderschön sie aussah. Und noch dazu war sie bei ihm zu Hause, an dem Ort, an dem er so viele einsame Jahrhunderte verbracht hatte, ohne zu wissen, was ihm entging. Sie saß mit gekreuzten Beinen auf einem antiken persischen Teppich, dessen Muster sich um sie herum in alle Richtungen zu ergießen schien. Gideon erkannte, wie sein Verlangen nach ihr mit jedem Tag und mit jeder Minute, die sie miteinander verbrachten, größer wurde.
    „Du lenkst mich ab“, flüsterte sie und öffnete ein Auge, um ihn anzusehen.
    „Tut mir leid“, erwiderte er, doch sein Grinsen strafte seine Entschuldigung Lügen.
    „Ich werde versuchen, mich zurückzuhalten.“
    „Tu das“, gluckste sie und schloss das Auge wieder.
    Er ging nicht hinaus, aber er versuchte, sich auf weniger zweideutige Gedanken zu konzentrieren, und das war nicht leicht. Sein Blick wanderte hinüber zu ihr, und er nahm ihren Anblick in sich auf. Er bemerkte einen Leberfleck an ihrer linken Fußsohle, und er musste lächeln. Den hatte er offenbar übersehen, als er jeden Quadratzentimeter ihres Körpers erkundet hatte.
    „Gideon!“, zischte sie leise.
    Er lachte und hielt sich die Hand vor den Mund. Auch wenn es ihr gelang, ihre Gedanken vor ihm zu verschließen, so war doch klar, dass sie sich seiner Präsenz durchaus bewusst war. Vielleicht sollte er sich ein wenig Spaß gönnen.
    Während er darüber nachdachte, spürte er plötzlich eine unheimliche Veränderung im Raum. Er rührte sich nicht und versuchte, die Quelle für dieses seltsame Phänomen zu ergründen. Es war kalt, lähmend und trug eine Emotion in sich, die viel zu tief war, als dass sie zu ihm gehören könnte.
    Also konnte es nur von Legna ausgehen. Plötzlich öffnete sie die Augen und blickte zu ihm auf. Doch sie schien ihn nicht zu sehen. Gideon runzelte die Stirn, während er versuchte herauszufinden, was sie dachte, aber ihr Bewusstsein war plötzlich abgeschirmt. In Verbindung mit ihrer Meditation hatte er keine Chance, sie zu erreichen.
    „Legna?“, fragte er leise und hockte sich vor sie hin, um ihr in die Augen sehen zu können.
    Er fühlte das leichte Vibrieren, das durch ihren Körper lief. Als er ihre Körperchemie analysierte, spürte er, was sie fühlte.
    Furcht.
    Nicht irgendeine Furcht, so wurde ihm bewusst, als er tiefer in sie vordrang, sondern ein Entsetzen, das mit nichts zu vergleichen war, was einer von ihnen jemals erlebt hatte. Adrenalin schoss durch ihre Adern und verursachte ein Chaos in ihrem Biorhythmus, sodass Gideon nicht wusste, wie er sie beruhigen sollte. Aber was es auch war, es war wahrscheinlich das Schlimmste, was ihnen kurz vor ihrer verdeckten Mission passieren konnte.
    „Legna, was ist das?“ Seine Stimme klang fest, er verlangte eine Antwort.
    „Mama.“
    Dieses eine Wort brachte den urältesten Dämon vollkommen aus der Fassung.
    Wie betäubt fiel er nach hinten zu Boden und fuhr sich mit unsicherer Hand durch das entsetzte Gesicht. Er versuchte zu denken, aber es gelang ihm nicht. Jetzt war es seine Furcht, und sie wuchs. Gideon hatte keine Ahnung, wie Legna sich an diesen Tag erinnern konnte. Gerade jetzt, wo es so wichtig war, hatte er keinen Zugang zu ihren Gedanken. Er spürte nichts außer dem schmerzhaften Zucken seines Herzens, während er sah, wie ihre Augen sich weiteten.
    Er brauchte keine neuen Kräfte oder neue Fähigkeiten, um sich an jenen Tag zu erinnern. Glasklar stand dieser Tag vor ihm. Dieser schreckliche Tag, als er von Legnas Mutter aufgesehen und in die ebenfalls vor Entsetzen geweiteten Augen eines vierjährigen Mädchens geblickt hatte, das etwas sah, was kein Kind jemals sehen sollte.
    Es sah den verstümmelten Körper seiner Mutter und einen Dämon, der am ganzen Körper mit ihrem Blut besudelt war, während er die tote Frau an seine Brust drückte.
    Es gibt

Weitere Kostenlose Bücher