Schattenwandler 02. Gideon
würde.“
„Mein Vater war ein bisschen dumm“, bemerkte Siena kühl. „Er hat sich nie die Mühe gemacht herauszufinden, dass Gideon seinen Astralleib reisen lassen konnte. Als ich das entdeckt habe, wurde mir klar, dass ihr alle Informationen hattet, um unser Volk vollständig auszulöschen, aber ihr habt sie nicht genutzt. An diesem Punkt habe ich angefangen, euch mit anderen Augen zu sehen.“
„Gideon ist sehr erfahren, was den Krieg und dessen Folgen angeht. Es ist schon lange seine höchste Priorität, Konflikte auf kluge und logische Weise beizulegen. Er hatte großes Vertrauen in die Berichte über deine bemerkenswerte Intelligenz und über deine unausgesprochene Missbilligung der kriegerischen Einstellung deines Vaters. Ohne diese entscheidenden Tatsachen hätte Gideon niemals einen solchen Vorschlag gemacht und er hätte den Auftrag schon gar nicht selbst übernommen.“
„Trotzdem ist er ein sehr großes Risiko eingegangen.“
„Da dein Vater in der Schlacht war und dir die Führung des Hofes überlassen hat, sind wir davon ausgegangen, dass du hin und wieder mit deinem Gefangenen sprechen würdest. Wir hatten die Hoffnung, dass Gideon bei diesen Gelegenheiten eine gemeinsame Basis finden würde, um den Prozess der gegenseitigen Verständigung und Toleranz in Gang zu bringen. Eine unverzichtbare Voraussetzung für den Frieden.“
„Ja, ich weiß. Und das war genau richtig so. Die fünf Jahre, die Gideon an unserem Hof verbracht hat, haben, glaube ich, beide Seiten beeinflusst.“ Siena fuhr mit den Fingerspitzen über einen Schreibtisch neben ihr. „Ein Gedanke allerdings lässt mich nicht los, Noah. Es ist nicht zu übersehen, dass du Gideon vertraust. Genug, um ihm auch die Zukunft unserer beiden Arten anzuvertrauen. Auch dass du persönlich viel von ihm hältst, ist deutlich.“ Sie wandte sich um und blickte Noah mit ihren goldenen Augen an. „Warum solltest du etwas dagegen haben, dass so ein Mann der Gefährte deiner Schwester wird und ein Mitglied deiner Familie?“
„Es geht nicht darum, dass ich ihm nicht vertraue oder dass ich ihn nicht wil l … “ Noah unterbrach sich und sah wieder aus dem Fenster, aus dem er gestarrt hatte, bevor ihr Gespräch begonnen hatte. „Die Lage ist sehr kompliziert. Es gibt Dinge in dieser Verbindung, die für meine Schwester sehr schmerzlich sein könnten.“ Noah wandte sich wieder der Lykanthropin zu. „Was wäre ich für ein Bruder, wenn ich sehenden Auges etwas auf mich zukommen lassen würde, das meine Schwester verletzen könnte?“
„Einer, der seine Schwester nicht so liebt, wie du es offensichtlich tust“, stimmte sie ihm zu. „Es ist schon fas t … fast unheimlich, wie ähnlich wir uns sind. Ich bin mit Geschichten über die barbarischen Dämonen aufgewachsen, in denen es heißt, dass ihr ungehobelt und wild seid. Geschichten, in denen es um die druidischen Kriege ging und auch um andere Rassen, die einen Groll gegen euch hegen.“ Siena hielt kurz inne und schüttelte bedauernd den Kopf, während ihre Katzenohren zuckten. „Als ich Gideon besser kennenlernte und erkannte, was für hohe moralische Werte eure Kultur vertritt, habe ich begriffen, dass die Geschichten alle nicht stimmten. Es war sehr klug von dir, ihn mit dieser Aufgabe zu betrauen. Und jetzt solltest du genauso klug handeln, Noah.“
Noah holte tief Luft und stieß einen tiefen Seufzer aus.
„Du hast recht, Siena. Und ich habe mir das auch schon oft gesagt. Vielleicht fange ich demnächst damit an, auf mich zu hören.“ Noah schenkte ihr ein charmantes Lächeln und wechselte das Thema. „Zunächst würde ich gern noch über die Details des Austausches unserer Botschafter sprechen.“
„In dem Zusammenhang hätte ich eine Idee“, erklärte die Königin. „Ich denke, wir sollten eine große Zusammenkunft veranstalten, bevor wir unsere Diplomaten austauschen. Vielleicht kann die entspannte Atmosphäre das gegenseitige Verständnis fördern, so wie es auch bei uns war.“
„Eine großartige Idee. Ich schlage Beltane vor. Es wird Hochzeiten geben, ein Festival und Sportwettkämpfe.“
„Das klingt sehr gut. Vielleicht kann ich etwas von unseren Bräuchen an Beltane beisteuern, damit es wirklich eine gemischte Feier wird.“
„Aber natürlich. Sehr gern.“ Noah deutete auf zwei Polstersessel, die vor einer Bücherwand einander gegenüberstanden. „Lass uns darüber sprechen.“
13
Gideon näherte sich Legna behutsam, da er sie nicht aus ihrer
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