Schattenwandler 02. Gideon
Nekromanten entkamen mit Leichtigkeit, indem sie einfach höher in die Luft stiegen und sich so aus der Reichweite der vernichtenden Welle brachten. Aber nur die Hälfte der Jäger konnte ihnen folgen. Die anderen wurden mit voller Wucht erwischt. Sie schrien und brüllten Befehle in heilloser Verwirrung. Jacob zögerte nicht lange, er veränderte die Erdanziehungskraft am Strand unter der fliegenden Formation.
Im selben Moment wurden die Körper von ihrer eigenen Schwerkraft zu Boden gerissen und hart auf die Felsen geschmettert.
Wieder waren es die Magier, die seinem Angriff ausweichen konnten. Er war plötzlich das Ziel brutaler elektrischer Schläge. Er wurde schwer getroffen, über den Rand der Klippe geschleudert und zu Boden geschmettert, sodass die Erde um ihn herum drei Meter hoch aufspritze.
Elijah sprang als Nächster hoch in die Luft, aber anders als bei Jacob glich sein Körper dem Wind, und die feindlichen Blitze hatten keinerlei Wirkung auf ihn. Als er den Ozean aufwühlte und warme Luft und kaltes Wasser zusammenführte, um einen undurchdringlichen Nebel zu bilden, fanden sich die gegnerischen Truppen eingehüllt in dichten Dunst, sodass sie nichts mehr sehen konnten.
Auf dem Dach hatten Gideon und Legna sich erhoben. Als die Nebelschwaden bis fast zu ihnen herübergezogen waren, sahen sie das leuchtend goldene Haar der Königin der Lykanthropen, das im Wind um sie herum flatterte und wie tausend Finger über ihren nackten Körper glitt. Fasziniert beobachtete Legna, wie das Haar jeden Quadratzentimeter ihrer Haut überzog, bis es einen dichten Pelz bildete und Siena sich auf alle viere sinken ließ. Noch einmal schüttelte sie sich wie ein nasser Hund und verwandelte sich von einer schönen Frau in einen gefährlichen Berglöwen.
Der Schrei der Wildkatze drang durch den bedrückenden Nebel, und erschrockene Ausrufe waren zu hören. Zu fünft und zu zehnt landeten die Angreifer auf dem Boden und verloren sich sofort aus dem Blick. Plötzlich ertönte ein entsetzlicher Schrei durch den Nebel, der Todesschrei eines Menschen, der auf eine gierige Jägerin in Gestalt einer großen goldäugigen Wildkatze gestoßen war.
Der Vampir folgte dem Löwen und sprang wie ein todbringendes Raubtier mit einem mächtigen Satz mitten in den Nebel hinein. Die Gegner, auf die er sich stürzte, sahen zunächst nichts als den grauen, feuchten Nebel, dann tauchte plötzlich diese Kreatur vor ihnen auf, die so düster war und so schnell, dass man nur an den gebleckten Reißzähnen erahnen konnte, was gleich geschehen würde. Die Jäger waren nur Menschen mit etwas Kampferfahrung, deshalb brachte er sich nicht in Gefahr, als er einen nach dem anderen packte.
Das geschwärzte Blut der Nekromanten konnte er nicht trinken, aber die Menschen wurden innerhalb von Sekunden leer gesaugt, dann warf er sie achtlos beiseite. Und er empfand ein gewisses Vergnügen dabei, wie immer, wenn er weibliches Blut trank. Es dauerte nicht lange, und ein Grinsen überzog sein Gesicht und seine dunklen Augen glühten vor Erregung wie Onyx. Er bekam ein paar Eisensplitter ab, aber die rissen keine lebensgefährlichen Wunden. Stattdessen bewirkten sie, dass sein Blut noch schneller ausgetauscht wurde. Während er ausblutete, tankte er gleichzeitig wieder nach. Und zum ersten Mal seit Jahrhunderten spürte er einen Pulsschlag in sich. Es war das künstliche Pumpen des frischen Nachschubs, der das vorhandene Blut durch die offenen Wunden hinauspresste. Trotzdem war es fast so wie früher, als sein nunmehr totes Herz noch gearbeitet hatte, dass ein Hochgefühl durch ihn hindurchschoss.
Die Nekromantinnen begriffen, dass sie in Schwierigkeiten waren. Die, denen es gelungen war, Dämonen zu versklaven, holten überraschenderweise einige von ihnen vom Strand nach, wo sie gewartet hatten. Sie waren transformiert, ihre abartigen Gefühle überschwemmten Legna, und durch die Wucht stolperte die Empathin rückwärts. Gideon konnte sie gerade noch auffangen, sonst wäre sie vom Dach gestürzt. Er hob sie auf seine Arme und sprang mit einem mächtigen Satz vom Dach.
Sobald sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte, begann Legna, sich zu erholen. Gideon wusste das, weil ihre plötzlich aufsteigende Wut über die Abscheulichkeiten, die sie spürte, ihn überrollte wie ein gewaltiger Brecher. Da Jacob immer noch im Nebel gefangen war und dort mit den Angreifern kämpfte und Isabella sich weit weg auf ihrem Krankenlager befand, waren sie gezwungen,
Weitere Kostenlose Bücher