Schattenwandler 03. Elijah
hatte. Abgesehen davon, hatte er das beste Immunsystem der Welt. Es war nur nicht in der Lage, den Blutverlust schnell genug auszugleichen. Und Gideon konnte die tiefgreifenden, komplizierten Heilungsprozesse auch nicht selbst steuern. Manche Ältesten waren dazu sehr wohl in der Lage, doch seiner Heilkunst fehlte dieses Können zur Vervollkommnung noch. Es hatte sich als schwierig erwiesen, Gift und Tollwut, Bakterien und Knochenmark, Blutgerinnsel und Narbengewebe auszusondern, die seinen Körper verunreinigt hatten.
Er hätte eigentlich sterben müssen. Und es konnte immer noch sein, dass er sterben würde. Nur seine natürlichen Selbstheilungskräfte konnten ihn jetzt noch retten, falls die Heiler versagt hatten oder mit ihrer Weisheit am Ende waren.
Die Stunden vergingen, und Dunkelheit legte sich über die Burg, die nun auch als Krankenhaus diente. Vor allen Türen standen Wachtposten, die sich aus Dämonenkriegern und auch aus Elitelykanthropen zusammensetzten, was es bisher noch nicht gegeben hatte. Und noch bemerkenswerter war, dass die Lykantrophen keine Widerrede geduldet hatten dagegen, dass sie das Zimmer des Kriegerführers und seiner Gemahlin höchstselbst bewachen wollten.
In der Burg wimmelte es von weiteren Streitkräften, von denen die meisten jedoch draußen die Grenzen bewachen sollten. Noah hatte seine Schwester eine Zeit lang allein gelassen, um Corinne abzulösen, die sich um das Baby ihrer Schwester kümmerte. So genoss er die Behaglichkeit seines Kamins, hielt das warme, weiche Bündel an sich gedrückt und überließ sich bereitwillig seinem Schmerz. Er war keiner, der seine Gefühle öffentlich zeigte, doch hier so allein, wo nur das namenlose Kind sein Zeuge war, ließ er seinen Gefühlen freien Lauf.
Und nur das Gewicht des Babys an seiner Brust verhinderte, dass ihm das Herz brach.
15
In der Dunkelheit kurz nach Einbruch der Nacht bewegte sich ganz verstohlen und so schnell, dass man gar nichts bemerkte, eine Gestalt auf das gut bewachte Haus des Dämonenkönigs zu. Er würde ganz unbemerkt an den Wächtern vorbeikommen, da seine Fähigkeiten so weit über deren Wahrnehmungsvermögen hinausgingen, dass die Umsetzung seines Plans geradezu lächerlich einfach war.
Ein kurzer Blick genügte, und er erkannte die Bewohner rings um die Festung herum und in der Burg selbst. Die Körperwärme, die sie abgaben, flackerte vor seiner außergewöhnlichen Infrarotsicht auf. Er wusste, dass die kühleren, ins Rosafarbene spielenden Wärmeflecken auf Dämonen hinwiesen, deren Körpertemperatur um ein paar Grad niedriger war als bei den anderen. In einem abgelegenen Raum fand sich die Signatur eines Menschen, und etwa ein Dutzend Lebewesen zeigten die hellrote Hitze der Lykanthropen. Unter ihnen erregte vor allem ein Wesen, von dem er feststellte, dass es sich in horizontaler Lage befand, seine Aufmerksamkeit. Lautlos huschte er hinter die Wächter und sprang mit einem geräuschlosen Satz hinauf auf den Balkon vor dem Raum im zweiten Stock.
Der Vampirprinz zögerte vor der Tür, da er spürte, dass sich außer der Königin der Lykanthropen noch jemand im Zimmer befand. Er spürte, dass es eine Frau war, und sie war auf der Hut. Nach ihrem Herzen zu urteilen, hatte sie sein Eindringen bemerkt. Ihr wilder Herzschlag war unglaublich verlockend, so kräftig und so schnell, dass das Blut fast zu rasch zirkulierte, um die Zellen mit Sauerstoff zu versorgen.
„Kommt.“
Es war nur ein Wispern, so leise und so zart gehaucht, dass Damien zuerst glaubte, er habe die Aufforderung missverstanden. Der Prinz war verwirrt, doch er lächelte erwartungsvoll, glitt durch die gläserne Schiebetür, die bereits offen stand, und schwebte einen Moment über dem Boden, bevor er sacht aufsetzte.
Der Vampir konnte, auch wenn er seine Infrarotsicht nicht einsetzte, ausgezeichnet sehen im Dunkeln. Er machte die Umrisse einer eindeutig weiblichen Gestalt aus. Sie stand an einem idealen Platz in der Nähe eines Fensters, ohne Zweifel absichtlich, damit das Mondlicht von hinten auf sie schien, sodass er trotz seiner scharfen Sicht nur einen Schattenriss erkennen konnte.
Aber vor dem einfallenden Licht hob sich nicht nur die weiche Rundung ihrer Hüfte ab, die sie leicht ausgestellt hatte, sondern auch zwei wohlgeformte Beine. Ein Arm lag entspannt auf der Hüfte, und der Nickelbeschlag an der Waffe in ihrer Hand funkelte, als hielte die Frau einen Stern umfasst.
„Kugeln?“, fragte er verwundert. Obwohl er
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