Schattenwandler 03. Elijah
und vermutlich mit seinem eigenen Blut verschmierten Laken in eine Ecke. Erst jetzt wandte sie sich wieder zu ihm um. Sie verschränkte die Arme vor der Brust wie eine strenge Mutter, die ihm eine Moralpredigt halten wollte.
„Ich erkläre dir alles, wenn du dich wieder ins Bett legst“, bot sie ihm großmütig an.
„Den Teufel werd ich tun!“, bellte Elijah, und in seinen Augen loderte ein dunkelgrünes Feuer auf. „Antworte mir. Königin hin oder her, ich bin nicht …“
Er brach ab, als er von einem heftigen Schwindelgefühl erfasst wurde, das er nicht unterdrücken konnte. Sie war blitzschnell bei ihm und schob sich unter seine Achsel, um ihn zu stützen.
„Ich schwöre dir, Krieger, wenn du mich zwingst, dich auch nur einen Zentimeter weiter zu tragen, werde ich ziemlich wütend“, sagte sie warnend und versuchte, ihn mit ihren kräftigen Beinen zum Bett zu schieben.
Elijah blieb nichts anderes übrig, als sich von ihr führen zu lassen. Sie zwang ihn sanft und doch kraftvoll auf das Bett. Er wusste, dass er kein Leichtgewicht war, und obwohl sie ein ganzes Stück kleiner war als er, schaffte sie das sehr gut. Im Handumdrehen hatte sie ihn ins Bett gelegt, den Kopf bequem auf die Kissen gestützt, und zugedeckt. Er wurde rot, als er erkannte, dass er sich ihr so schwach gezeigt hatte.
„Keine Sorge“, meinte sie mit einem Grinsen, auf das er gern verzichtet hätte, „ich erzähl niemandem etwas.“
Das brachte ihn natürlich noch mehr aus der Fassung. Verflucht noch mal, sie machte sich lustig über ihn. Er reagierte wütend, statt dankbar zu sein, wie er es sonst jemandem gegenüber gewesen wäre, der ihm so geholfen hatte.
„Beantworte einfach meine Frage“, fuhr er sie an.
„Na gut, wenn du es unbedingt wissen willst. – Ich bin gerade dabei, dir das Leben zu retten.“
Sie sagte das ganz sachlich, während sie sich bückte, um eine Schüssel vom Boden aufzuheben, und verschwand in den nächsten Raum, noch bevor er auf diese unfassbare Vorstellung reagieren konnte. Aber gleich darauf kam sie mit einer neuen Schüssel zurück. Sie langte zum Feuer hinüber, und wenig später war die Luft erfüllt von einem noch intensiveren Essensduft. Er setzte sich ganz auf, weil er nicht daliegen wollte wie ein Kranker, und stopfte sich ein Kissen hinter die Schulter, um sich abzustützen und um den Druck der Steinmauer auf seine verwundete Schulter zu mildern.
Siena brachte ihm die Schüssel, stützte sich vorsichtig mit einem Knie auf seinem Bett ab und hockte sich neben ihn. Dabei sah sie ihm ins Gesicht und hielt ihm das Essen hin. Er musterte sie einen Moment lang misstrauisch und streckte dann die Hand nach der Schüssel aus. Sie hielt sie auch dann noch weiter fest, als er seine Hände darumgelegt hatte, als fürchte sie, er könnte das Essen verschütten.
„Es wäre nicht das erste Mal“, bemerkte sie trocken, als er ihr einen scharfen Blick zuwarf.
Diese Bemerkung fügte mit einem Schlag eine Reihe von einzelnen Teilen zusammen, die in seinem Kopf herumschwirrten. Er bemerkte, dass er sich an einem Arm verbrüht hatte, und zwar genau so, als sei heiße Suppe darübergegossen worden. Betroffen begriff er endlich, dass sie ihm genau so eine Schüssel hingehalten hatte, als er sie plötzlich gepackt hatte.
Sofort suchte er sie mit den Augen nach Verbrühungen ab, und zum ersten Mal bemerkte er, dass ihre beiden Oberschenkel verbrüht waren und rot glühten. Darum, so wurde ihm klar, war ihr Kleid nass.
Elijah nahm ihr die Schüssel weg und stellte sie ab. Dann packte er sie am Arm, noch bevor sie weggehen konnte, und hielt sie fest, als sie den Arm wegziehen wollte. Mit der freien Hand schob er den Stoff ihres kurzen Kleides hoch und entblößte die Brandblasen, die sich inzwischen gebildet hatten. Sie versuchte, seine Hand wegzuschieben, und wollte zurückweichen, aber er ließ sie nicht los. Er merkte, dass er sie mit seinem verletzten Arm festhielt und dass sie sich leicht hätte losreißen können, wenn sie ein wenig Gewalt angewendet hätte. Aber es war klar, dass sie nicht noch mehr Schaden anrichten wollte, als er sich selbst gerade zugefügt hatte.
Es traf Elijah wie ein Schlag. Nichts war so beschämend, wie mit einem Mal klar zu sehen, und seine Augen spiegelten dies unmissverständlich wider.
„Mach dir nichts draus“, beharrte sie und versuchte wieder, seine Hand wegzuschieben.
„Siena …“
„Hör auf“, befahl sie scharf. „Hör auf, dir Vorwürfe zu machen. Ich
Weitere Kostenlose Bücher