Schattenwandler 04. Damien
Augen zu schauen, die dunkel waren wie eine mondlose Nacht. „Er hat den Ehrgeiz seines Vaters und ist so schwach, wie seine Mutter es war.“
Der Vampir nahm sich Zeit, sie zu betrachten. Syreena wäre beinahe ohnmächtig geworden.
„Schlau von ihm, den Namen seines Vaters zu benutzen“, fuhr er im Plauderton fort. „Wenn er es vermasselt hätte, würdest du zu Damien gehen und sagen, es sei Nicodemous gewesen. Damien würde zu mir kommen, während mein Sohn davonlaufen und sich irgendwo verstecken würde.“ Syreena sah flüchtig, wie sich in seinen Augen andere Membranen vorschalteten. „Eine Lykanthropin? Interessante Brautwahl.“
Nicodemous zog sie näher zu sich heran, und ihre Beine schlugen gegen ihn wie bei einer Stoffpuppe. Er drehte ihren Kopf und betrachtete sie eingehend.
„Nun“, sagte er sinnend, „da hat aber jemand ordentlich zugebissen.“
Syreena spürte, wie ihr die Zeit davonlief. In der Luft hatte sie keine Hebelkraft, und sie konnte ihn genauso wenig besiegen, wie sein Sohn sie besiegen konnte. Sie versuchte die Panik niederzukämpfen, um darüber nachzudenken, was man ihr über Vampire beigebracht hatte.
„Ja. Erzähl’s mir! Was bringt man einem Lykanthropen darüber bei, wie man einen Vampir tötet?“
Syreena verfluchte sich selbst. Wie hatte sie nur vergessen können, dass er ihre Gedanken lesen konnte? Sie musste vorsichtiger sein. Wenn er erriet, was sie dachte, konnte er sie auch manipulieren. Sie wüsste dann nicht mehr, was eigentlich los war, wenn er sie auf diese Weise durcheinanderbrachte.
„Falls du dich das gefragt hast, ich werde dich nicht dazu benutzen, ihm eins auszuwischen“, fuhr Nicodemous sanft fort. „Nur, um ihn aus diesem Haus herauszulocken. Mit Damien werde ich schon fertig, aber Damien und Jasmine, das ist etwas ganz anderes. Leider ist sie jedes Mal, wenn ich mich umdrehe, in seiner Nähe. Entweder sie oder irgendein Dämon. Ich nehme an, ich hätte mir Jasmine schnappen und dir das hier ersparen sollen, doch sie ist ein verdammt zähes Weibsstück. Sie wäre eine zu starke Gegnerin im Kampf, wenn ich es gleich danach mit Damien aufnehmen müsste. Außerdem hat sie Spaß an den Spielchen bei Hofe, also kann ich mir vorstellen, dass ein Prinz so gut ist wie der andere. Ich würde es bedauern, eine so verlockende Gelegenheit auszulassen. Ich wette, Damien nutzt ebenfalls jede Gelegenhei t – zwischen vorübergehenden Launen, wie du eine bist.“
Syreena fragte sich, warum Leute nur so viel redeten, wenn sie eigentlich jemanden töten wollten. Dann riss sie die Beine hoch und benutzte seinen Brustkorb, um eine Rolle rückwärts zu machen.
Damit vermochte er seine Stärke nicht mehr auszuspielen. Niemand konnte ein sich drehendes Objekt festhalten, wenn er sich nicht das Handgelenk brechen wollte. Da sie mit der Hebelwirkung arbeitete, gelang es ihr ganz leicht, sich aus seinem Klammergriff zu befreien. Sie landete auf den Füßen und wirbelte Straßenstaub auf, während sie endlich Luft holte. Sie musste ihre ganze Willenskraft aufbringen, um nicht zu würgen, als sie einatmete. Wenn sie einen Hustenanfall bekam, könnte sie sich nicht besonders gut verteidigen.
Weil sie ihm keinen Schaden zugefügt hatte, erholte er sich schnell von seiner Überraschung. Sie griff nach dem nächstbesten Ding, ihrer Einkaufstasche, und schleuderte sie ihm mit der Wucht von fünf Pfund Äpfeln weniger zwei krachend an den Kopf. Es war, als hätte man ihn mit einer groben Keule getroffen, nur ohne Zacken.
Er taumelte unter dem Schlag und war geschockt von ihrer Schnelligkeit und ihrer Kraft, wenn sie seinen Gesichtsausdruck richtig deutete. In Wirklichkeit sah sie keine Chance, wenn sie es direkt mit ihm aufnahm, und noch weniger, wenn er die Gelegenheit bekäme, mit ihrem Kopf zu spielen.
Also rannte sie los.
Sie achtete auf die Richtung und rannte, so schnell sie konnte. Er würde sie leicht einholen, sobald er sich erholt hatte, doch solange sie in die richtige Richtung lief und mentale Tricks abwehrte, die sie sonst wohin schicken würden, hatte sie eine Chance.
Nur weil sie in Damiens Wahrnehmungsradius hineinkam, war das noch keine Garantie dafür, dass er sie auch bemerkte. Dieser Vampir war stark genug, um ihre Anwesenheit vor Damien abzuschirmen.
Ihr Verfolger zögerte nicht, hinter ihr herzustürzen. Syreena zerrte an ihrer Bluse, während sie auf Damiens Territorium zurannte. Sie hatte keine andere Wahl, als ihre Kleider auszuziehen. Sie
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