Schattenwandler 05. Noah
keuchte laut auf, als Glas barst und Körper fielen; sie spürte die Wut im Dämonenkönig aufsteigen, als er hinterherjagte.
»Mir ist eingefallen, dass es mehr Schattenwandlerblut gibt, als den meisten bewusst ist. Was bin ich froh, dass es so leicht zu haben ist.«
Die Stimme war ganz in ihrer Nähe und kam nicht aus Noahs Gedanken. Kestra sprang auf und unterbrach instinktiv die Verbindung zu Noah, als der sich auf seinen Gegner konzentrieren musste. Es war, als würde sie einen Sender abschalten, um ihren Aufenthaltsort zu verbergen.
Vor ihren Augen tanzten riesige bunte Kleckse, weil sie zu angestrengt in das Feuer gestarrt hatte. Doch sie hörte das leise Quietschen von Sohlen auf Marmor, einen triumphierenden Ausruf und auch das Rascheln von Stoff.
Kestra erkannte mit einem Mal, dass sie die Sache nicht zu Ende gedacht hatten. Sie hatten nicht an einen Doppelangriff gedacht.
Ihnen war nicht klar gewesen, dass es mehrere Ziele gab und dass sie eines davon war. Doch wie hatten diese Vampirschurken von ihr erfahren?
»Im Grunde war es ein glücklicher Zufall. Ich habe nach irgendeinem Ziel gesucht. Aber eine Druidin … nun, das war eine richtige Trophäe.«
Kes spürte, wie sich ihr hämmerndes Herz in ihrer Brust zusammenkrampfte und ein vertrautes Gefühl von Hilflosigkeit sie durchfuhr. Vampire mit telepathischen Fähigkeiten. Er hatte direkte Verbindung zu ihrem Geist.
Nein! Sie war nicht mehr Opfer. Dieses Mädchen war vor über zehn Jahren gestorben! Sie hatte ihren Preis in Form von fehlender Liebe und Zuneigung bezahlt, niemand hatte sie berührt, und niemanden kümmerte es, ob sie lebte oder ob sie tot war. Waffenöl war ihr Parfüm gewesen, und sie hatte mit den furchterregendsten Männern an schäbigen Orten gehaust, nur um sich zu beweisen, dass sie sich vor nichts fürchtete. Sie hatte Vergnügungen, Freundinnen und Liebe geopfert.
Und körperliche Liebe.
Körperliche Liebe. Eine Unterweisung, die gerade erst begonnen hatte, unter Anleitung großer Hände, die auf so unterschiedliche Weise mit Feuer umgehen konnten und trotzdem mehr Zärtlichkeit ausdrückten, als sie ertragen konnte.
Nein. Schattenwandler oder nicht, sie würde nicht mehr Opfer sein. Es war an der Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen. Sie teilte Noah mit, dass sie wusste, wer ihr Feind war, und dass sie es beweisen würde.
»Du bist also gekommen, um das Schloss des Dämonenkönigs zu belagern?«, fragte sie leise und blinzelte, um schneller wieder klar sehen zu können. »Du bist mutig, das muss ich dir lassen.«
Ihr Gegenspieler lachte, und sie benutzte sein Lachen wie ein Radar, um ihn anzupeilen. Drei Meter entfernt in nordöstlicher Richtung, das Gesicht leicht abgewandt, während er seine Umgebung absuchte und seine Stimme eindrucksvoll von der hohen Decke widerhallte.
»Dein Verstand ist ungewöhnlich. Er geht in meiner eigenen Wahrnehmung ein und aus«, stellte er fest, als belustigte ihn das. »Du bist noch jung, kaum flügge«, fügte er hinzu, und da konnte Kestra seinen hübschen Schmollmund sehen.
Jungenhaft, schlank und wunderschön, wie er war, stellte er so eine Art Blendwerk dar. Doch sie konnte die Gier in seinen Augen sehen und die in seiner drahtigen Gestalt verborgene Energie erkennen. Er hatte seidiges Haar wie Schokolade, und eine Locke fiel ihm verwegen über die Braue. Seine Augen hielten sie gefangen, und sie war erneut wie gebannt von der lüsternen Gier darin. Sie war daran gewöhnt. Sie hatte sie bei Männern von ganz unterschiedlichem Naturell zu spüren bekommen.
Sie kannte diese Gier.
Sie stellte eine Hüfte aus und verschränkte die Arme hinter dem Rücken, als wäre sie gefesselt. Es sah unterwürfig aus, und ihre Brüste in dem mädchenhaften Baumwollkleid kamen voll zur Geltung. Sie folgte ihm, als er Noahs Besitztümer durchzusehen begann, hielt jedoch stets denselben Abstand, während er sich durch den Raum bewegte und sie gelegentlich ansah, als wäre sie eine leckere Nachspeise auf dem Tablett. Ob ihr Blut ihn mehr reizte oder ihre Sexualität, war ihr egal. Doch sie wiegte sich leicht in den Hüften bei jedem Schritt.
»Du hast gar keine Angst vor mir«, stellte er überrascht fest. »Wie kommt das?«
»Weil ich bin, wer ich bin«, sagte sie und zuckte gleichgültig mit den Schultern. Sie sah, wie sein Blick zu ihrem Kleidersaum glitt, als sie die Bewegung machte.
»Und wer bist du? Wer lässt dich in einer so gefährlichen Nacht wie Samhain hier allein.«
»Ich kann
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