Schattenwandler 05. Noah
Elijah zu rächen. Als sie nach einer logischen Erklärung suchte, spürte sie die Wärme eines übel riechenden Atems über ihren Nacken und ihren Hals streichen. Ihr Herz machte einen Satz, als sie das Kratzen von Eckzähnen auf ihrer Haut spürte. Sie war von Damien mehr als einmal gebissen worden, und es war jedes Mal eine ekstatische Erfahrung gewesen, doch das hier verursachte ihr einen solchen Ekel, dass sich ihr die Nackenhaare sträubten. Plötzlich begriff sie. Sie wusste, warum der Angreifer gekommen war.
Sie wollten das, was Damien gehabt hatte. Sie wollten die Macht ihres Blutes.
»So ein schlaues Mädchen«, flüsterte eine Stimme an ihrem Ohr und verbreite den stinkenden Odem in ihren Sinnen. »Dass das hier so leicht war, lag hauptsächlich daran, dass du keine telepathischen Fähigkeiten hast. Du kannst nicht einmal nach ihm rufen, oder?« Er lachte halbherzig. »Was für eine untaugliche Gemahlin für unseren Prinzen. Aber jedem das Seine. Es spielt sowieso keine Rolle mehr. Ich würde zwar gern noch ein bisschen spielen, Prinzessin, aber wir müssen gehen.«
Wo waren die Wachen? Was war mit Stephan? Wie war es möglich, dass dieser Feind in die Festung eingedrungen war und gar noch Hand an sie legte?
»Tot, Prinzessin. Alle tot. Und selbst wenn sie noch am Leben wären, könnten sie uns nicht aufspüren, es sei denn, wir wollten es. Komm. Es ist Zeit für eine kleine Reise.«
Angst strömte über Syreenas Körper, als würde sie sich auflösen und Teil des Nebels werden, der sie einhüllte. Dann gab es eine Explosion, und gleich darauf noch eine, eine kurze Druckwelle und dann einen Sog, der den Nebel im Raum kräftig durcheinanderwirbelte. Plötzlich sah sie zwei starke Beine vor sich stehen, und als sie an dem Körper hinaufblickte, konnte sie schließlich das Gesicht des Dämonenkönigs erkennen.
Er sagte nichts, versicherte sich nur, dass sie unversehrt war, bevor mit einem Knall ein Feuerball in seiner Hand erschien, ein rundes Geschoss, das in seinem Kern die Kräfte eines Meteors enthielt.
»Lass sie sofort los«, befahl er, und seine Stimme war so kalt, wie das Feuer in seiner Hand heiß war.
Noah war schockiert, als er den Vampir sah, wie er gerade im Übergang zum Nebel war. So oder so, er war nur einen Atemzug vom ungeschützten Hals der Prinzessin entfernt. Der Nebel versetzte sie in einen Lähmungszustand, und die Hand des Vampirs hielt ihr Haar fest. Der Vampir nahm wieder seine natürliche Gestalt an, wobei er wusste, dass Noah ihn so oder so verletzen konnte, doch er konnte der Prinzessin am meisten Schaden zufügen, wenn er die Gestalt annahm, in der er die größten Kräfte entfalten konnte.
Ich schlitze ihr die Kehle auf, wenn du auch nur blinzelst, Dämonenkönig.
Die telepathische Stimme hallte laut durch Noahs Gehirn, und es machte ihn wütend, dass der Vampir so leichten Zugang fand. Er gehörte zu den Alten. Einer, der reine Vampirenergie von großer Reife in sich trug. Und jetzt hatte er von seinen armen Opfern mehr Potenzial in seinem bleichen Körper als je zuvor.
Um dies zu verdeutlichen, beugte sich der Vampir ein winziges Stück tiefer über Syreena, und seine Fangzähne drangen so tief in ihre Haut ein, dass zwei dunkle Blutstropfen über ihren Hals liefen. Syreena schloss die Augen, ein Versuch, ihre schreckliche Angst zu verbergen, doch vergeblich, da zwei große Tränen unter ihren Lidern hervorquollen. Noah konnte ihren ohnmächtigen Zorn geradezu schmecken. Ihr Zorn schwoll vulkanartig an, als sie spürte, wie die Zunge des Vampirs ihr Blut ableckte, ein Geschenk, das nur für ihren Gemahl bestimmt und das jetzt befleckt war.
Für Noah bedeutete das, sich der ältesten, grundlegendsten Frage in seinem gepeinigten Herzen zu stellen. Was hätte er getan, wenn er da gewesen wäre, in dem Raum, wo seine Mutter von ihrem Mörder festgehalten wurde? Wie hätte er Vergeltung geübt, wenn ihr Leben in der Hand eines kranken Geistes gelegen hätte?
»Ich werde dich der Justiz oder der Hölle übergeben«, warnte Noah ein letztes Mal, und seine raue Stimme war so verräterisch, dass die Prinzessin ihre großen schwarzgrauen Augen aufriss und ihn ansah. Zu seinem unendlichen Schmerz sah er Vergebung in diesen Augen aufblitzen. Syreena vergab ihm für den Fall, dass er scheiterte.
»Du kannst mich nicht berühren«, fauchte der Vampir.
Und einfach so verschwanden er und die Prinzessin, und der Nebel um die Knöchel des Königs herum löste sich auf. Er ballte
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