Schattenwandler 05. Noah
Anstand nicht so wichtig«, gab sie zurück.
»Mir schon, Kikilia «, entgegnete er. »Abgesehen davon, dass deine Garderobe provozierend ist, gibt es nur einen Mann hier im Raum, der deinen Körper nackt sehen soll, Kestra. Nur einer, der ihn in- und auswendig kennt.«
»Das steht außer Frage, Baby«, wehrte sie besänftigend ab und küsste ihn auf die Wange.
Er umfasste ihr Kinn, bevor sie es wegziehen konnte, hielt es für einen kurzen, intensiven Kuss fest, eine Erinnerung daran, wie sehr es ihn berührte, wenn sie diesen Kosenamen benutzte. Er zog sie fest an sich, wahrscheinlich aus reiner Gewohnheit. Sie wusste, dass er das nicht beabsichtigt hatte, doch kurz darauf hatte er sie eng umschlungen, und seine Hand lag auf ihrem Kreuz, während er sie noch einmal küsste und seine Finger sich über der Wölbung ihres Hinterns spreizten.
»Ähem.«
Kestra kicherte an Noahs Mund, als Isabella sich dicht neben ihnen vernehmlich räusperte. Sie unterbrachen ihren Kuss, doch Noah ließ ihren warmen Körper nicht los, als sie den Kopf umwandten, um zu der kleinen Frau hinunterzublicken.
»Ich habe mich etwas gefragt«, sagte die nachdenklich.
Kestra sah, wie Noahs Augen funkelten, als er freiwillig in die aufgestellte Falle ging.
»Was gefragt?«, wollte er wissen.
»Nun, ich habe mit Syreena über ihre Pläne für die Gärten der Zitadelle gesprochen, wenn der Frühling kommt. Sie hat dieses Jahr nicht viel mehr tun können, als sie in Ordnung bringen zu lassen, weil sie mit dem Einziehen und mit der Eingewöhnung beschäftigt war. Wir haben darüber gesprochen, was wohl auf dem sandigen, felsigen Boden wachsen könnte, obwohl darunter ziemlich fruchtbare Erde sein soll, sagt sie.«
»Das ist ja ein Glück«, bemerkte Noah.
»Ja, nun, es hat mich bloß daran erinnert, dass ich dich etwas fragen wollte.«
»Ja?«
»Was zum Teufel ist mit dem Weidenhain passiert?«
Kestra brach in schallendes Gelächter aus und merkte gar nicht, wie sich Noahs Finger plötzlich in ihre Taille gruben.
»Weidenhain«, wiederholte er. Es war keine Frage, sondern er plapperte das Wort nur nach, während sein Blick zu Jacob und Elijah wanderte, die aufmerksam lauschten.
»Ja. Weiden. Glyzinien? Lauben? Hübsche Wege aus Austernschalen? Wie bist du darauf gekommen, dass ein großes braunes Loch in der Erde hübscher aussieht?«
»Eigentlich«, sagte Noah mit einem bezaubernden Lächeln, »gefällt es mir ganz gut. Ich glaube, ich lasse es so. Als Erinnerung an eine wichtige Lektion, die ich gelernt habe.«
»Und was für eine Lektion war das?«, fragte Jacob pflichtbewusst.
»Nie die Kräfte einer Frau zu unterschätzen«, sagte er schlicht und mit einem Schulterzucken. »Komm, Schatz, ich glaube, du brauchst noch ein bisschen Champagner.«
Er zog Kestra mit sich und ließ das atemlose Gelächter der anderen hinter sich.
Als Kestra Damien zum ersten Mal begegnete, war er ihr gegenüber ausgesprochen höflich und charmant und zeigte sich außerdem höchst erfreut, Noah zu Gast zu haben. Jetzt, ein wenig später, seine Frau fest an sich gezogen, machte der Vampir einen tiefgründigeren Eindruck auf sie.
Kestra hatte erst vor Kurzem entdeckt, dass ihre Fähigkeit, die Kräfte in anderen zu entdecken, sie außerdem dafür sensibilisiert hatte, andere genau zu lesen. Ihre Wahrnehmung war schon immer sehr gut gewesen, doch jetzt grenzte es an Telepathie, ohne dass sie die Gedanken wirklich kannte.
Während sie und Noah sich mit dem Prinzen unterhielten, wurde diese Wahrnehmung noch viel schärfer. Es lag etwas Angestrengtes in seinem Ausdruck, wenn auch nur ganz schwach, sodass, wie sie annahm, wohl nur seine Liebsten es bemerken würden. Er war körperlich müde, seine Energiereserven waren erschöpft, was vermutlich lebensbedrohlich sein konnte, sollte er auf der Jagd in Schwierigkeiten kommen. Er war gerötet und warm, war vor Kurzem erst auf Jagd gewesen, also konnte es kein Nahrungsmangel sein. Emotionale Gründe? Vielleicht, wenn man bedachte, dass er beinahe seine Frau verloren hatte.
Das ernüchterte sie sehr. Sie wusste nicht, ob die Prägung zwischen ihnen auch eine körperliche Abhängigkeit bedeutete, wie bei den Dämonen, doch Jasmine hatte behauptet, dass er den Verlust von Syreena niemals überleben würde. Kestra hatte angenommen, Jasmine meinte, dass er seine Verödung nicht hätte ertragen können. Aber hatte sie es auch wörtlich gemeint?
Kestra blickte Noah verstohlen an, und ihr Herzschlag beschleunigte
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