Schattenwandler: Adam (German Edition)
sollte ich dich nach ihm fragen? Manchmal bist du wirklich blöd.«
»Ich bin nicht blöd!«
Seth lief rot an und stand mit geballten Fäusten auf. Leah sah, wie er zitterte, während ihm ein Haufen Flüche durch den Kopf gingen, und sie wartete darauf, dass er sich den verletzendsten aussuchte. Darin war er wirklich gut. Fast so, als würde er für solche Augenblicke immer einen bereithalten. Die Lykanthropenkinder in ihrem Alter wussten ganz genau Bescheid über Seths angebliche Fähigkeiten, und sie ließen keine Gelegenheit aus, ihn damit zu hänseln, dass er die Erwartungen der Dämonenprophezeiung nicht erfüllte. Er war der Sohn des ältesten und mächtigsten Dämons der Welt und hatte nichts vorzuweisen.
»Warum verschwendest du deine Zeit damit, über eine Familie nachzudenken, die sowieso nichts mit dir zu tun haben will?«, fragte Seth.
Das hatte wirklich gesessen, wie sie zugeben musste. Und nicht einmal die Tatsache, dass sie es hatte kommen sehen, konnte den Schlag abschwächen. Trotzdem wurde sie nicht böse. Sie schluckte den Schmerz hinunter und kämpfte gegen den Drang, in Tränen auszubrechen. Schließlich stimmte es. Kane und Corrine wollten nichts mit ihr zu tun haben. Sie konnten es nicht ertragen, sie zu sehen, ganz zu schweigen davon, irgendeine Unterhaltung mit ihr zu führen. Also war es wirklich Zeitverschwendung, sich mit ihrer früheren und mit ihrer jetzigen Familie zu beschäftigen.
»Du hast recht«, sagte sie leise. »Wahrscheinlich ist es Zeitverschwendung.«
Wie üblich bereute Seth die verletzenden Worte schon, als er sie aussprach. Leah war seine beste Freundin. Sie war immer nett zu ihm. Sie mochten dieselben Dinge. Sie dachten oft ganz ähnlich. Und sie waren wegen irgendeiner dummen Prophezeiung geboren worden, die keiner von beiden glaubte erfüllen zu können. Leah hätte alles darum gegeben, wenn sie eine ganz normale Dämonin aus einem ganz normalen Element gewesen wäre, so etwas Einfaches wie Wasser oder Körper. Und Seth hätte alles darum geben, wenn er der Sohn von ganz normalen Eltern gewesen wäre, anstatt den mächtigsten und ältesten Dämon zum Vater und die dynamische Schwester des Königs zur Mutter zu haben.
Seth ertappte sich bei dem Gedanken und verscheuchte ihn sofort. Er liebte seine Mutter. Sie war die Einzige, die das Leben mit seinem Vater erträglich machte.
»Ähhm … wie heißt er denn?«, fragte Seth verlegen.
»Wer?«
»Dieser Onkel da, den du hattest.«
»Oh.« Sie zuckte mit den Schultern. »Adam. Er soll ein wirklich toller Typ unter den Dämonen gewesen sein. Er war …«
»… Vollstrecker, genau wie dein Vater«, beendete Seth den Satz für sie. Er nickte und setzte sich wieder neben sie, jedoch nur auf die Kante der Bank, falls es ihr nicht passte, nachdem er so gemein zu ihr gewesen war.
»Woher weißt du das?«, fragte sie.
»Geschichtsunterricht. Du kennst doch meinen Vater. Er triezt mich die ganze Zeit mit Geschichte. Für ihn ist es ja auch einfach. Er war schließlich dabei.«
»Oh ja.« Auf einmal leuchtete Leahs Gesicht auf, und sie glitt näher zu Seth und packte ihn ungeduldig am Arm. »Oh ja! Dein Vater hat das alles miterlebt. Ich wette, er hat Adam gekannt.«
»Bestimmt. Bis der auf einmal verschwunden ist … He, ich kenne diesen Blick. Dir spukt irgendetwas im Kopf herum«, beschwerte sich Seth. »Du hast irgendetwas vor.«
»Ich habe gar nichts vor. Ich bin bloß neugierig. Elijah übertreibt manchmal ein bisschen, was die kämpferischen Fähigkeiten und das alles betrifft, wenn es um seine Freunde geht, die … du weißt schon, tot sind. Aber dein Vater übertreibt nie.«
»Nein.« Seth stieß einen tiefen Seufzer aus und ahmte seinen Vater nach: »Es ergibt keinen Sinn, Geschichten auszuschmücken und mit Gefühlsduseleien zu überfrachten.«
Leah kicherte. »Das kannst du aber gut.«
»Na ja, ich bin schließlich ganz nah dran.«
»Denkst du, er würde mit mir darüber reden?«
»Schwer zu sagen.« Seth dachte einen Moment darüber nach und verzog zweifelnd die vollen Lippen, die er von seiner Mutter geerbt hatte. »Wir müssen ihn dazu bringen, dass er denkt, es war seine Idee oder so etwas.«
»Oder es aussehen lassen wie eine Geschichtsstunde.«
»Warum interessierst du dich überhaupt für einen toten Onkel?« Seth rempelte sie mit der Schulter. »Hörst du nicht schon genug über Tote, die du nicht gekannt hast?«
Sie nickte grimmig. »Stimmt schon. Aber … Ich habe meine Gründe. Belassen
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