Schattenwandler: Adam (German Edition)
und ihre Kraft in sich auf.
Jasmine biss sich auf die Zunge, um nicht dem Drang nachzugeben, ihm Dinge an den Kopf zu werfen, die er auf keinen Fall hören wollte. »Bist du schon auf der Jagd gewesen?«, fragte sie stattdessen.
»In letzter Zeit nicht«, gestand er. »Ich kann sie nicht allein lassen. Wenn sie ohne Schutz an den falschen Ort geht …«
Verrückt oder nicht, Syreena war dennoch eine exotische genetische Anomalie. Sie war eine einzigartige Lykanthropin, ein Wechselwesen, das zwei Tiergestalten annehmen konnte, nicht nur eine, weil eine Kinderkrankheit ihre Veranlagung in zwei Richtungen gespalten hatte. Doch der Preis für diese Besonderheit war Unfruchtbarkeit. Am Anfang hatte man es der Tatsache zugeschrieben, dass Lykanthropen und Vampire nicht vereinbar waren; als jedoch andere Vampire ebenfalls Lykanthropen zum Partner nahmen und haufenweise Kinder miteinander hatten, war klar, dass es an Syreenas besonderen Eigenschaften liegen musste. Zumindest war das Syreenas Überzeugung. Und Jasmine teilte diese Überzeugung. Doch nachdem Ruth ihre tiefsten Ängste verkehrt hatte, begann Syreena durch die Flure der Zitadelle zu wandern wie eine wahnsinnige Ophelia, vor sich hin singend und irgendwelchen Trugbildern hinterherjagend. Jas hatte ihre Feindseligkeit gegenüber Damiens Frau aufgegeben, sie hatte ihr mit der Zeit viel zu sehr leidgetan, als dass sie das dürre kleine Wesen hätte hassen können.
Damien hatte recht. Es gab überall gesetzlose Vampire, die es auf Syreenas besonderes Lykanthropenblut abgesehen hatten, und sie war nicht mehr in der Lage, sich selbst zu schützen. Syreena war einst eine großartige Kämpferin gewesen, wie Jasmine zugeben musste. Doch jetzt war sie eine leichte Beute für jeden Vampir, der ihr zufällig über den Weg lief.
»Damien, du kannst das nicht dein ganzes Leben lang machen«, sagte Jasmine leise, weil sie wusste, dass die grausame Wahrheit ihrer Worte ihn erzürnen würde.
»Und was soll ich deiner Meinung nach tun?«, fragte er sie, aber diesmal schwang keine Wut und keine Hitzigkeit in seiner Frage mit. Es klang, als bäte er sie ernsthaft um Rat. Jasmine hatte sich immer vorgestellt, sie würde die dumme Gans töten, und damit wäre die Sache erledigt gewesen. Aber in Wahrheit hätte Syreenas Tod, trotz seiner unglücklichen Verfassung, sein Ende bedeutet. Er war mit der Lykanthropin in unverbrüchlicher Liebe verbunden, auf eine mystische und spirituelle Weise. Damien hatte ihr bereits gezeigt, dass er Syreena bald folgen würde, wenn sie starb.
Er bedeutete Jasmine viel zu viel, als dass sie ihn hätte verlieren wollen.
Und Jasmine brauchte einen Anker, so wie ihre Freundschaft mit Damien und ihre Ernennung zur Leiterin des Schattenwandler-Sensornetzwerks. Sie verlor sonst zu schnell die Verbindung zu der Welt um sie herum. Sie war zu schnell gelangweilt und wurde schwermütig. Solange sie denken konnte, war das so gewesen. Vielleicht schon ihr ganzes Leben lang … doch mehr noch …
Jasmine schüttelte den Gedanken ab. Es brachte nichts, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, was hätte sein können, was einmal gewesen war … was es nicht mehr gab. Sie würde sich davon auch nicht so niederdrücken lassen, dass sie es nicht mehr ertragen könnte, oben auf der Erde zu leben. Damien brauchte sie. Dringend. Wenn sie sich verstecken würde, würde irgendein intriganter Vampir Damiens momentane Schwäche ausnutzen und ihn einen Kopf kürzer machen und ihm damit den Thron entreißen. Wer weiß, was dann aus der Friedenszeit würde, die die Schattenbewohner sich zu genießen bemühten.
Sie musste über sich selbst lachen. Ihre Berufung ins Schattenwandler-Sensornetzwerk hätte eigentlich nur vorübergehend sein sollen. Sie sollte es aufbauen und die Leitung dann jemand anderem übertragen, vorzugsweise Stephan, dem früheren Anführer der Vampirarmee. Doch Stephan war getötet worden, und wie sich herausgestellt hatte, gab es sonst niemanden, der sie hätte übernehmen können. Niemanden, mit dem alle Anführer der Schattenbewohnerklans einverstanden gewesen wären.
»Du musst auf die Jagd gehen. Du musst bei Kräften bleiben«, riet sie dem Prinzen. »In diesem geschwächten Zustand kannst du sie nicht beschützen.«
»Was hat das zu bedeuten?«
Bei der schrillen Frage fuhren Jasmine und Damien schuldbewusst auseinander, obwohl es keinen Grund gab, sich schuldig zu fühlen. Sie hatten nichts Falsches getan.
Doch in Syreenas Augen flackerte der
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