Schattenwandler: Adam (German Edition)
diesem Augenblick spürte sie einen durchdringenden Schmerz seitlich am Hals. Windsong verstummte und ihre Hand schoss zu dem Pfeil hoch, der aus ihrem Hals ragte. Benommen blickte sie in die Augen einer Dämonin, deren gebräunte Haut sie von den Vampiren abhob, die bei ihr waren. Als das wirkungsvolle Betäubungsmittel in Windsongs Blutbahn drang, taumelte sie leicht. Die hübsche Dämonin mit den schwarz-grau melierten Haaren zog an einer Schnur dicht an ihrem Ohr und einer von zwei Ohrstöpseln fiel herunter, beide in einem knalligen und vulgären Orange.
»Sie dachten, sie wären stark genug, um dir zu widerstehen«, sagte sie, während sie näher kam. »Ich dachte, ich gehe lieber auf Nummer sicher.« Methodisch lud sie das Betäubungsgewehr nach und zielte erneut auf Windsong.
»Warte … bitte …«, krächzte Windsong schwach und hob eine Hand, als sie spürte, wie ihre Stimmbänder und ihre Kehle taub wurden. Alles um sie herum drehte sich, und sie fühlte sich schwach.
»Es ist nicht meine Entscheidung«, sagte die Dämonin mit einem Schulterzucken. »Was Ruth will, bekommt Ruth auch. Aber glaub mir: Meine Art, damit umzugehen, ist viel angenehmer.«
Sie schoss abermals auf Windsong, wobei sie sie diesmal an einer weniger lebenswichtigen Stelle traf. Beim ersten Mal war es ein Betäubungsmittel gewesen, beim zweiten Mal ein Beruhigungsmittel. Windsong sank zu Boden, unfähig, sich zu wehren oder wegzulaufen.
Die Dämonin zog auch den zweiten Stöpsel heraus und rollte mit den Augen, als sich die Vampire vom Bann des Sirenengesangs befreiten.
»Was für ein Haufen Idioten«, sagte sie.
Doch die eigentliche Gefahr kam von den anderen Vampiren, von denjenigen, die zwischen den Bäumen hervortraten, um auf die bewusstlose Mistral hinunterzuschauen.
Ja. Ihr Weg war viel sicherer gewesen.
* * *
Adam hatte im Laufe der Jahre eine Menge Dämonen gejagt, und er hatte stets ein besonderes Gespür gehabt, das ihm half, herauszufinden, wo sie sich befanden. Dass er Ruth mit seinem inneren Koordinatensystem nicht orten konnte, machte es ihm beinahe unmöglich, sie zu jagen. Und er kam sich ganz nutzlos vor, als er sah, wie die Vampirin Ruths Spur von dem Höhlensystem unter der Oberfläche aus verfolgte. Er fand Jasmines Sinne und ihre Fähigkeiten als Jägerin ausgesprochen bemerkenswert. Geistdämonen waren schwer zu verfolgen, weil sie sich mittels Gedanken von einem Ort zum anderen teleportieren konnten, doch wenn jemand wusste, wonach er suchen musste, war es nicht unmöglich. Er war beeindruckt, wie schnell Jasmine die Dämonin aufgespürt hatte.
Er musste sich eingestehen, dass es ihn unglaublich antörnte, sie bei der Jagd zu beobachten. Da er nichts beitragen konnte, blieb ihm nichts anderes übrig, als einfach nur zuzuschauen. Sie zu beobachten. Sich jede Linie ihrer schönen Gesichtszüge einzuprägen, ihren langen schlanken Hals und die geschwungene Form ihres Rückens im Übergang zum Hintern, wenn sie in der Hocke saß und die Spuren untersuchte und ihm sagte, was als Nächstes zu tun war.
»Musst du mich so anstarren?«, fragte sie nach ein paar Stunden mit einem missbilligenden Seufzen.
Adam lächelte nur, nicht gewillt, sich schuldig zu fühlen, dass sie ihn dabei ertappt hatte. Etwas in ihm wollte, dass sie wusste, wie hinreißend er sie fand.
»Wenn du nicht so faszinierend bist, höre ich auf zu starren«, sagte er.
Jasmine musste ebenfalls lächeln und blickte von unten zu ihm auf. Da stand er, die kräftigen Beine gespreizt, die muskulösen Arme vor der Brust verschränkt. Er sah aus, als wäre er der Herrscher des Universums, trotz der Tatsache, dass er zurzeit keine konkrete Aufgabe hatte. Sie fand es beeindruckend und verblüffend. Er hätte auch umherirren können und auf Hilfe von anderen warten, um wieder zu sich selbst zu finden.
Aber nicht Adam. Irgendwie hatte er sich damit abgefunden, dass die Welt sich verändert hatte, dass er den Tatsachen ins Auge sehen und sich darauf einstellen oder untergehen musste. Vielleicht war es ihre Verfolgungsjagd, die ihm dabei geholfen hatte. Er war in seinem Element, der Vorgang war ihm vertraut. Er war nicht so nutzlos, wie er glaubte, seine geschärften Sinne und seine Erfahrung waren eine große Hilfe. Doch er war es gewohnt, die Führung zu übernehmen, und nicht, jemandem zu folgen, der die größeren Fähigkeiten hatte.
Jedenfalls im Moment. Bei einer anderen Dämonin, da war sich Jasmine sicher, wäre Adam ihr überlegen gewesen,
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