Schattenwende
in denen er nichts lesen konnte. Aber zu deutlich erkannte er das sternförmige Symbol in ihrer Iris, das je nach Lichteinfall in unterschiedlichen Farben schimmerte.
Das Symbol der Liya.
„Oh Daphne“, wisperte er.
Reagan brauchte einige Sekunden, um den Schock zu verarbeiten. In seinem jahrhundertelangen Leben waren ihm bisher nur wenige Menschen begegnet, die dieses Symbol trugen. Diese Menschen waren die einzigen, die ein Vampir-Krieger sich zur Gefährtin nehmen konnte, denn jede andere menschliche oder auch vampirische Frau würde an der immensenmentalen Kraft, welche die Krieger in sich trugen, zerbrechen und unweigerlich sterben. Denn verband sich ein Krieger über die reine sexuelle Ebene hinaus mit einer Frau, so verschmolzen ihre Seelen miteinander und speisten sich gegenseitig mit Energie. Das gleiche galt auch für weibliche Kriegerinnen und ihren männlichen Gegenpart. Nur ein Mensch, der das Zeichen der Liya trug, besaß ausreichend psychische Energie, um unversehrt eine solche Verbindung eingehen zu können. Innerhalb seiner Rasse wurden diese Menschen, die Liyaner, verehrt, denn sie waren starke Charaktere, die es sogar mit den Kriegern aufnehmen konnten. Niemals würde es jemand wagen, seine Hand gegen einen Liyaner zu erheben, denn niemand wusste, warum es diese besonderen Menschen gab und woher ihre Stärke kam, aber jeder spürte, dass sie bedeutungsvoll für die Vampire waren.
Und Dwight hätte eine solche Seltenheit beinahe getötet.
Er drückte Daphne fester an sich und streichelte über ihren Rücken, bis ihr Schluchzen nach langer Zeit nachließ und ihr Kopf gegen seine Schulter sank. Der Zusammenprall zwischen Dwight und ihr musste sie übermenschliche Anstrengungen gekostet haben. Kein Wunder, dass sie nun vollkommen erschöpft war. Doch trotz allem schlief sie nicht ein, wie er erwartet hatte, sondern regte sich in seinen Armen.
„Halie …“ Die Sorge in ihrem Flüstern war nicht zu überhören.
„Halie?“, hakte er nach und hielt sie ein Stück von sich weg, um sie ansehen zu können.
„Meine Tochter“, erklärte sie und versuchte, sich von ihm wegzudrücken und sich aufzurappeln. Schweigend half er ihr auf die Beine, wobei sie sich an ihm abstützen musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Tochter? Sie hatte eine Tochter? Er hatte nur ihren Duft in der Wohnung vernommen. Eine Woge der Eifersucht durchflutete ihn, als er daran dachte, dass dieses Mädchen auch einen Vater haben musste.
Daphne bemerkte seinen grimmigen Gesichtsausdruck nicht, denn sie suchte hektisch nach dem Telefon und wählte erleichtert die Nummer ihrer Schwester, nachdem sie es endlich gefunden hatte. Dankbar vernahm sie den ahnungslos-freundlichen Tonfall Janets.
„Janet? Hier ist Daphne. Ich wollte fragen, wie es Halie geht. Und euch natürlich.“
„Oh, hallo Schwesterchen. Das freut mich, dass du anrufst. Uns geht es wie immer bestens.“
Das fröhliche Lachen ihrer Schwester ließ ihr einen Stein vom Herzen fallen.
„Halie ist gerade mit Mark unterwegs. Die beiden wollten Pizza zum Abendessen holen.“ Janet senkte ihre Stimme zu einem beschwörenden Flüstern.
„Du hast doch nichts dagegen, oder?“
Daphne schloss die Augen und lehnte sich an die Wand, denn ihre Knie wurden weich.
„Nein … nein. Ich bin froh, dass ihr euch so gut um sie kümmert. Ich danke euch.“
„Hey, das machen wir doch gern. Halie ist so ein bezauberndes Mädchen. Es macht solchen Spaß, mit ihr etwas zu unternehmen.“
„Ja, ich weiß, Janet. Ich wollte mich auch nur vergewissern, ob alles in Ordnung ist. Ich gehe jetzt auch mal schlafen. Bin ganz müde von der … Arbeit.“
„Mach das, Liebes. Schlaf dich mal richtig aus, das hast du dir verdient!“
„Ja, werde ich. Danke, Janet. Ich … ich liebe euch.“
Daphne beendete das Gespräch, ehe der Kloß in ihrem Hals sie am Weitersprechen hinderte.
„Alles okay?“
Reagan war so nah bei ihr, dass sie sich unbehaglich von ihm abwandte und sich an die Fensterbank lehnte.
„Ja.“
„Hör mal, Daphne. Ich weiß für dich ist das unverständlich. Aber ich muss dich bitten, das, was du heute erlebt hast, für dich zu behalten. Rede mit niemandem darüber.“
Die Aufforderung hatte er so freundlich wie möglich ausgesprochen. Doch in seinen nächsten Worten schwang deutlich der Ton eines Anführers mit. Der keinen Widerspruch dulden würde.
„Ich werde öfter in deiner Nähe sein, als du es bemerken wirst. Und erfahre ich, dass du
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