Schattenwende
freuen.“
Ganz offensichtlich bereitete ihm der Gedanke große Freude, seine Frau könnte Gesellschaft von einer Ihresgleichen bekommen, denn sein kantiges Gesicht strahlte.
„Erzähl, wie hast du sie gefunden?“
„Sie ist mir ins Auto gefahren“, erwiderte er undeutlich nuschelnd, woraufhin Cayden in schallendes Gelächter ausbrach.
„Sie ist DIR ins Auto gefahren?“, wiederholte er feixend.
Reagan hob abwehrend die Hand.
„Lass es gut sein, Mann. Wir waren beide nicht ganz bei der Sache.“
Cayden starrte mit der offensichtlichen Absicht, nicht weiter zu lachen, einen imaginären Punkt an der Wand an, aber das versteckte Glucksen konnte er nicht gänzlich abstellen.
„Wie ist sie?“ Damirs schlichte Frage brachte ihn dazu, sich ihr Bild vor Augen zu rufen.
„Sie ist … anders als andere Frauen.“ Reagan zog betont unbeteiligt die Schultern hoch.
„Durch eine unglückliche Fügung ist auch Dwight auf sie gestoßen. Sie ist eine Empathin. Ihr könnt euch also ausmalen, was passiert ist, als Dwight sie angefasst hat.“
Allein bei der Vorstellung kochte sein Zorn auf den anderen Krieger wieder hoch.
Dwight hatte überhaupt kein Recht gehabt, sie zu berühren.
„Und was willst du jetzt tun? Du kannst sie wohl kaum ihr normales Leben weiterführen lassen. Immerhin trägt sie das Zeichen! Sie gehört damit zu uns.“
Reagan fuhr herum und bleckte drohend seine Fangzähne.
„Sie gehört nirgends hin. Sie weiß nicht mal von unserer Existenz, auch wenn sie es dank Dwight vielleicht nun ahnt. Man kann sie nicht einfach so aus ihrem Alltag wegreißen.“
„Aber Reagan …“, widersprach Damir und man sah ihm den Schrecken an, den er bei dem Gedanken verspürte, diese wertvolle Frau sich selbst und den Gefahren der menschlichen Welt zu überlassen.
„Ich kümmere mich darum. Mach dir keine Sorgen, okay?“
Reagan duldete auf diese rhetorische Frage keinen Widerspruch.
„Sagt mal …“ Caydens nachdenklicher Tonfall riss beide aus ihrem stummen Zweikampf.
„Was bedeutet das Symbol der Liya eigentlich? Ich meine, ich weiß, dass die Liyaner etwas Besonderes sind, aber woher kommt es? Welchen Ursprung hat es?“
Ein frostiger Zug strich durch den Raum, als eine fast leblos wirkende Stimme die Antwort dazu gab.
„Liya war der Name der ersten Frau, bei der man dieses Zeichen entdeckte. Und seine Bedeutung. Sie war meine Frau.“
Drei erstarrte Vampire blickten in Dwights verzerrtes Gesicht.
Kapitel 3
Manchmal, da scheint das Leben perfekt zu sein. Nach außen hin scheint es, als wäre alles harmonisch, alles vollkommen. Und doch fühle ich immer, dass etwas fehlt. Etwas, das ich nicht benennen kann. Vielleicht bin ich nicht normal. Aber etwas fehlt.
Daphne, Liyanerin
Der dampfende Kaffee beruhigte Daphnes Nerven. Sie hielt den Becher fest umklammert, hielt sich an ihm fest.
Sie saß in Janets behaglicher Küche und lauschte den Nachrichten aus dem leise vor sich hin plätschernden Radio, während ihre Schwester damit beschäftigt war, den Frühstückstisch zu decken. Sie beobachtete das Treiben, das ihr in seiner Normalität ein Stück Ruhe und Geborgenheit vermittelte, bis Janet sich schließlich auf den Platz ihr gegenüber setzte.
Im ganzen Haus herrschte eine friedliche Stille. Mark und Halie schliefen noch und die beiden getigerten Hauskatzen des Ehepaares strichen um die Beine der zwei Frauen.
„Dein Auto hat also einen Totalschaden?“, wiederholte Janet die Worte ihrer Schwester.
Daphne nickte mit unbeweglicher Miene. Sie wollte ihrer Schwester und deren Mann nicht noch mehr Sorgen bereiten, als sie es ohnehin schon tat.
Deshalb zwang sie sich, ein heiteres Lächeln aufzusetzen.
„Mein Nachbar ist der Meinung, da ist nichts mehr dran zu retten. Und die Versicherung will für den Schaden nicht aufkommen, weil ich die Beiträge noch nicht bezahlt hatte.“
Der ungläubige Blick ihrer Schwester erinnerte sie daran, dass sie eigentlich nichts von ihrer tatsächlichen finanziellen Situation hatte preisgeben wollen.
„Ich weiß, das war einfach furchtbar dumm und dämlich von mir. So was sollte man nicht vergessen“, fügte Daphne zerknirscht hinzu.
Janet entgegnete nichts und Daphne fiel in ihr Schweigen ein.
Sie tranken in aller Ruhe ihren Kaffee aus und Daphne überwand sich, eine halbe Scheibe Brot hinunter zu würgen, auch wenn sie keinen Appetit verspürte. Sie hatte eine schlaflose Nacht hinter sich, hatte sich ausschließlich im Bett umher gewälzt und
Weitere Kostenlose Bücher