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Schattenwesen

Schattenwesen

Titel: Schattenwesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rauchhaus
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erschrocken.
    »Aus einer Boutique in München. Aber warum willst du das wissen?«
    Die Frau wandte den Blick nicht eine Sekunde von mir ab und setzte sich so dicht vor mich, dass ich nicht mehr an ihr vorbeikam.
    »Hat Cyriel Ihnen die Sachen gebracht?«, fragte ich.
    Ihr Gesicht verdüsterte sich und eine tiefe Furche teilte ihre Stirn.
    »Cyriel? Nein. Er beachtet mich immer noch nicht. Er sagt, er kann mir nicht helfen.«
    Ich musterte sie genauer, ihre Körperhaltung, ihre Gestik und Mimik. Die Wahrheit brannte wie Feuer in meinem Kopf, auch wenn ich mich weigerte zu begreifen. Diese braunen Augen, diese schmalen Lippen, diese Stupsnase! Die Frau trug nicht nur ihre Kleidung – das war Anna! Anna mit dreißig!
    »Hat Cyriel dich hierhergebracht? Was hat er dir getan?«, stöhnte ich.
    »Wieso Cyriel? Das war ein Schattenwesen.«
    Wie wütend war ich noch vor Kurzem auf sie gewesen! Und jetzt wurde mir alles klar: Nicht Anna hatte mein Zimmer durchwühlt, um die Formel zu finden. Hier gab es nur ein Monster!
    »Was hat er dir angetan?«, wiederholte ich. »Wie hat er dich altern lassen?«
    Sie sah mich erstaunt an.
    »Altern? So ein Blödsinn! Ich habe lange nicht mehr richtig geschlafen. Alles, was ich brauche, sind eine anständige Dusche und mein Kosmetikkoffer. Was für ein Glück, dass du mich gefunden hast! Bring uns möglichst gleich hier raus!«
    Jetzt war es an mir, sie verblüfft anzusehen.
    »Ich habe dich nicht … gefunden«, sagte ich vorsichtig und gleichzeitig war es mir unangenehm. »Sie haben mir gesagt, dass du abgereist wärst.«
    »Dann hast du nicht nach mir gesucht?« Ihre Augenverengten sich zu Schlitzen. »Hast du es etwa einfach hingenommen, dass ich entführt wurde?«
    Das schlechte Gewissen schlug wie Brandungswellen über mir zusammen. Was hätte ich tun sollen? Bei ihr zu Hause anrufen, um sie wegen des durchwühlten Zimmers zur Rede zu stellen? Dann wäre ich natürlich darauf gekommen, dass etwas nicht stimmte.
    »Cyriel hat gesagt, du wärst in ein Taxi gestiegen. Und ich hatte keinen Grund, an seinen Worten zu zweifeln. Deine Sachen waren alle weg. Bis auf den Kalender.«
    Zugegeben, das hätte mich stutzig machen müssen. Aber ich war einfach nur sauer auf Anna gewesen. Und ehrlich gesagt hatte ich sie nicht vermisst.
    Sie funkelte mich an. »Verstehe!«
    Als ich mich bewegte, fiel ihr Blick auf die Matratze. » Was ist das? Du hast deinen Schatten noch?«, flüsterte sie. »Dann bist du also nicht von dem Schattenwesen entführt worden! Du kannst gehen, wann du willst – und mich mitnehmen.«
    »Wenn ich den Ausgang gefunden habe, sage ich dir Bescheid«, sagte ich mit gezwungenem Lächeln und wehrte ihre Hand ab, mit der sie mich gerade am Arm berühren wollte. Sie zuckte zurück, als hätte sie sich verbrannt.
    »Du würdest mich also zurücklassen!« Plötzlich bekamen ihre Augen einen irren Glanz und sie verzog die Mundwinkel, als wollte sie weinen, doch sie überdeckte es mit einem unechten Lächeln und sprang auf. »Lass mich raten – er weiß noch gar nicht, dass du hier bist?«
    Das Licht fiel äußerst unvorteilhaft auf ihr Gesicht. Oder war sie wirklich so erschöpft und leer?
    Verblüfft sah ich zu, wie sie zur Tür lief und dann aufden Gang. Was hatte sie vor? Eine Ahnung und ein gewaltiger Adrenalinstoß brachten mich dazu, aufzuspringen und ihr hinterherzustürzen. Aber vor der Tür rannte ich genau in Jessy hinein. Wir beide torkelten und mussten uns an den Wänden abstützen, um nicht zu fallen.
    »Was ist passiert?«, fragte Jessy bestürzt.
    »Anna! Sie hat irgendwas Dummes vor«, keuchte ich und lehnte mich gegen die Wand.
    »Die Anna, mit der ich seit drei Tagen in einem Zimmer schlafe? Du kennst sie?«
    Ich nickte, bis mir einfiel, dass Jessy das nicht sehen konnte.
    »Ich muss fliehen, bevor sie Cyriel findet«, fasste ich das Problem knapp zusammen.
    »Dann müssen wir uns beeilen«, stellte Jessy sachlich fest. »Ich bin gekommen, weil es gleich Mittagessen gibt. Du musst nur in der Nähe der Tür stehen, wenn dieses Wesen kommt.«
    »Wann ist Anna so alt geworden?«, murmelte ich, immer noch verwirrt. »Vor wenigen Tagen war sie noch neunzehn, genau wie ich.«
    Jessy runzelte die Stirn. »Alle hier behaupten, sie wären jung, obwohl ihre Stimmen nicht mehr nach Jugendlichen klingen. Ich dachte, sie wären verwirrt und hätten einfach vergessen, wie lange sie schon hier sind.«
    Ich sah sie nachdenklich an. »Wie alt bist du? «
    Jessy wurde blass und

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