Schattierungen von Weiß
nur fürs Kellnern zuständig, sondern auch mit der Bestellung der Lebensmittel beauftragt worden, zusätzlich kontrollierte sie die Kellner, ob auch immer das Buffet aufgefüllt war. Anfangs hatte Mia sich gescheut, den Leuten Anweisungen zu geben, einige hatten sie auch konsequent ignoriert, aber sie konnte auch stur sein, und mittlerweile wurde sie auch respektiert.
Die größere Verantwortung ging auch mit einem höheren Gehalt einher, Mia überlegte jetzt, ob sie sich eine eigene Wohnung nehmen sollte. Sie wohnte immer noch mit Faizah in einem Zimmer, sie verstanden sich auch gut, aber Mia sehnte sich doch nach etwas Eigenem.
Die Gäste wurden unruhiger, es ging auf Mitternacht zu, am Strand sollte ein großes Feuerwerk gezündet werden, anschließend gab es noch einmal ein Buffet. Mia würde an diesem Abend wohl sehr spät ins Bett kommen, aber das war ihr nur recht. Je weniger sie darüber nachdenken konnte, wie glücklich sie noch vor einem Jahr gewesen war, desto besser.
Sie schaute auf die Uhr, es war nur noch eine Minute, sie ging zu ihren Kollegen , um ihnen beim Sektausschank zu helfen.
Die Sekunden wurden gezählt, Mia dachte daran, wie fest Levin sie im Arm gehalten hatte und wie er ihr immer wieder zärtliche Worte ins Ohr geflüstert hatte. Sie hatten von ihrer Zukunft gesprochen, sie konnte seine Stimme fast hören.
’Wir werden immer zusammen bleiben, Maus. Immer. Nichts kann uns trennen.’
Mia schossen die Tränen in die Augen, die ersten Korken knallten, die Menschen fielen sich um den Hals.
„Frohes Neues Jahr, Levin“, flüsterte sie leise.
Es war eine anstrengende Nacht, aber sie lohnte sich definitiv für Levin, sein Chef hatte ihm nicht zuviel versprochen. Eigentlich hätte er auch kellnern können, aber er hatte zusätzlich noch einen Taxischein gemacht und die Silvesternacht wollte er auf jeden Fall mitnehmen.
Seine jetzigen Fahrgäste redeten an einem Stück, Levin machte sich nicht die Mühe , ihnen zuzuhören, er lächelte nur mal ab und zu und hing seinen Gedanken nach. Sein Blick glitt zu der Uhr im Auto, jetzt müsste in Marokko Mitternacht sein, falls Mia noch dort sein sollte, würde sie jetzt also anstoßen.
Er dachte an das letzte Silvester, sie hatten mit ihren Freunden am Spreeufer gefeiert, es war saukalt gewesen, Mia hatte sich immer ganz eng an ihn geschmiegt um sich Wärme bei ihm zu holen.
Damals hätte er nie geglaubt, dass sie schon ein paar Monate später getrennt sein würden. Er lächelte traurig in sich hinein, es war schon brutal, wie schnell die Dinge sich ändern konnten.
‚Mit wem feierst du, Mia?’ , fragte er sie in Gedanken. Er mochte nicht daran denken, dass sie jetzt womöglich einen anderen Mann küsste und ihm ein frohes Neues Jahr wünschte, das war einfach zu grausam.
Seine Freunde wollten natürlich mit ihm feiern und Kai und Geli hatten ihn eingeladen, aber Levin hatte nur dankend abgelehnt. Genauso wie an Weihnachten hatte er beschlossen zu arbeiten, nur mit seinem Vater und seiner Tante hatte er sich am zweiten Feiertag zu einem Frühstück verabredet.
Immerhin war es ein recht normales Treffen geworden, sein Vater hatte ihn zwar gebeten, seiner Mutter noch eine Chance zu geben, doch davon wollte Levin nichts hören. Er konnte ihr das nicht verzeihen, auch nach über einem halben Jahr nicht.
An Heiligabend, als die Kneipe, in der er arbeitete, schloss, war er noch mit Kai um die Häuser gezogen und in einem Club gelandet. Levin hatte vorgehabt, sich sinnlos zu betrinken, um den Schmerz zu betäuben, und war dann zu seiner eigenen Verwunderung am nächsten Morgen in einem fremden Bett aufgewacht.
So etwas war ihm schon ewig nicht mehr passiert, die junge Frau war hübsch, hatte blonde Locken, ihm war sofort klar geworden, warum er mit ihr mitgegangen war.
Levin hatte sich daraufhin be i ihr entschuldigt und ihr erklärt, dass er nicht auf der Suche nach etwas Festem war. Sie hatte ihm deswegen wilde Flüche an den Kopf geschmissen und Levin hatte zugesehen, dass er fort kam.
Hinterher hatte er ein richtig schlechtes Gewissen gehabt, er hatte Mia ja nicht wirklich betrogen – aber trotzdem kam es ihm so vor.
Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, internationale Zeitungen zu durchforsten, glücklicherweise hatte er auch einen Kollegen, der in Marokko aufgewachsen war und der für ihn mitschaute. Bisher gab es noch keinen Hinweis auf einen Unfall oder Schlimmeres, bei dem eine blonde junge Frau beteiligt gewesen
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