Schatz, meine Hose rutscht! Wie Sie ohne Diät genussvoll abnehmen. (German Edition)
Heilsschwüre oder Naturgesetze aushebelnde Verfahren muss man also – so schön es wäre, sie würden ihre Versprechen erfüllen – notgedrungen ignorieren.
Klar ist auch, dass ein gesunder Lebensstil nicht einfach so vom Himmel fällt. Auch x-mal zu hören und zu lesen, man müsse einfach mehr Gemüse essen, reicht nicht aus. Man muss ein bisschen mehr über Ernährung und Bewegung wissen als man gemeinhin in der Schule lernt. Dass man bei der Umstellung Fehler macht und Erfahrungen sammelt, gehört dazu.
Dieser Prozess braucht Zeit. Und diese Zeit aufzubringen sind die meisten Menschen nur dann bereit, wenn sie diese weitgehend genussvoll erleben. Genuss ist daher der Schlüssel zur Veränderung. Allerdings – und das ist das Erstaunliche – verändert sich das Verständnis, was Genuss ist, auf diesem Weg dorthin. Wer bisher seinen Kaffee mit Zucker trinkt wird feststellen, dass die Bitterstoffe des Kaffees viel besser zur Geltung kommen, wenn sie von der Süße des Zuckers nicht verdeckt werden. Wer Kartoffelchips und Erdnussflips für die Krönung geschmacklichen Genusses hält, wird bass erstaunt den Jahren nachweinen, in denen er die wunderbare Vielfalt wahrer kulinarischer Köstlichkeiten ignoriert hat.
Genuss ist alles, was positive Sinnesempfindungen auslöst, die mit einem geistigen oder körperlichen Wohlbefinden verbunden sind. Ungetrübt ist solcher Genuss allerdings nur, wenn er erlaubt ist. Gewissensbisse können auftreten, wenn der Konsum gesundheitliche Schäden nach sich ziehen kann. Beim Rauchen zum Beispiel oder bei zu häufigem Konsum von Zucker.
Reduziert ein gesunder Lebensstil dann den Genuss oder steigert er ihn? Naja, manche Leute mögen es ja genießen, mit 130 Sachen um eine enge Kurve zu fahren. Das Kribbeln, das man kurz vor der Berührung mit der Leitplanke verspürt, mag der eine oder andere durchaus als sinnlich empfinden. Es ist aber eben ein bisschen gefährlich. Und sich von einem Baum kratzen zu lassen, ist wohl für kaum jemanden eine wirklich erhebende Erfahrung. Kurzfristiger Genuss kann sich also schnell als Sinnestäuschung herausstellen.
Genuss kann auch Anerkennung anderer Menschen sein. Wer den Frust über die zu vielen Pfunde bisher mit einem Paar neuer Schuhe monatlich kompensiert hat, wird sich genussvoll im Staunen der Freundinnen über die zwei Nummern kleinere Jeans aalen, die plötzlich passt. Früher oder später wird man auch die Erkenntnis genießen, von manchem Unglück verschont geblieben zu sein. Mit Mitte dreißig geht bei den meisten Menschen die Zeit los, in der es im Freundes- und Bekanntenkreis die ersten lebensstilbedingten Erkrankungen gibt. Am Stammtisch oder beim Klassentreffen nehmen Gesundheitsthemen dann immer mehr Raum ein. Der Eine erzählt von Bluthochdruck, der Nächste, dass der Arzt ihn dringend zu mehr Bewegung verdonnert hat, der Dritte weiß von einem, der mit Anfang vierzig einen Herzinfarkt hatte. Fälle von Burnout und Depressionen werden bekannt. Man hört von einem und dann noch einem, der sich mittlerweile Insulin spritzen muss, weil er seine Fettleibigkeit nicht in den Griff bekommen hat. In solchen Momenten dabeizusitzen und sich an das zufriedene Gesicht des Arztes zu erinnern, der einem vor Kurzem die guten Blutwerte erläutert hat – das kann ebenso Genuss sein. Ein weit befriedigenderer und tiefergehender Genuss als das kurzfristige, von einer Sahnetorte ausgelöste Serotoninglück.
Die Erkenntnisse der Hirnforschung haben uns vor Augen geführt, dass wir nur unter großer Willensanstrengung gegen das Belohnungssystem unseres Gehirns angehen können. Den enormen Kräften, die diese grauen Zellen auf den Rest des Körpers ausüben können, kann man nicht dauerhaft widerstehen. Die einzige Chance besteht darin, sie zu den eigenen Gunsten zu verändern. Den inneren Schweinehund kann man zähmen und zu seinem Freund machen. Das subjektive Geschmacksempfinden kann man trainieren. So wie Laien zu Weinkennern werden können, können die meisten von uns zu Hobby-Gourmets werden.
Wenn die aufdringlichsten Beeinflusser unseres Lebens in Werbespots zu uns sprechen, ist es um unsere Ausbildung zum Meister eines gesunden Lebensstils natürlich schlecht bestellt. Etwas gesunder Menschenverstand reicht schon aus, um zu erkennen, dass von Konzernen finanziertes „Schulungsmaterial“ nicht die Mittel unserer Wahl sein sollten. Die Lehrmeister Gesundheit predigender Institutionen kommen allerdings zumeist so unattraktiv daher,
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