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Schau Dich Nicht Um

Titel: Schau Dich Nicht Um Kostenlos Bücher Online Lesen
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Wohnzimmer hinaus. »Hallo, Fred«, sagte sie und trat ganz dicht an den Käfig ihres Kanarienvogels. »Wie geht’s dir denn, kleiner Freund? Es tut mir leid, daß ich gestern abend nicht nach Hause gekommen bin und dich zugedeckt habe. Hast du mich vermißt?«

    Der Vogel hüpfte von Stange zu Stange, ohne sich um sie zu kümmern.
    »Warum schaffst du dir nicht einen Hund oder eine Katze an?« rief Don aus der Küche. »Diesem Vogel ist es doch egal, ob du da bist oder nicht.«
    »Aber ich mag Fred. Er ist pflegeleicht«, antwortete sie und dachte an die schwarzen Vinylstiefel, die sie bei Adam gekauft hatte. Entschieden eine Geldanlage, die sich gelohnt hat, dachte sie jetzt, als sie sie neben der Wohnungstür stehen sah. Der Schnee auf ihren Kappen schmolz langsam, und das Wasser tropfte auf die Holzdielen. Keine Salzringe. Keine Wasserflecken. Bei Nichtgefallen Geld zurück.
    Sie dachte an Adam, hätte gern gewußt, was er jetzt gerade tat, was er unternommen hatte, nachdem er aus ihrer Wohnung weggegangen war. Was er von den verwirrenden Ereignissen des Morgens hielt. Was er sagen würde, wenn er von der vergangenen Nacht wüßte.
    Sie schüttelte den Kopf, als wollte sie sich von solchen beunruhigenden Gedanken befreien, und ging weiter zu ihrem Schlafzimmer. Fast hätte sie den Tag damit begonnen, mit einem Mann ins Bett zu gehen, und beendet hatte sie ihn, indem sie dasselbe mit einem andern machte. Der eine war praktisch ein Fremder, jemand, von dem sie so gut wie nichts wußte; der andere ihr geschiedener Mann, von dem sie so gut wie alles wußte. Der eine war jetzt hier, war immer hier, wenn sie ihn brauchte; der andere kam vorbei, wenn er Lust hatte. Was fand sie so anziehend an Adam Stohn, einem Mann, von dem sie praktisch nichts wußte? War es die Tatsache, daß sie nie sicher sein konnte, wann sie ihn wiedersehen würde, oder ob überhaupt?
    Das Zimmer war so, wie sie es verlassen hatte, das Bett nicht gemacht. Jess haßte ungemachte Betten, wie sie alles haßte, was angefangen und nicht fertiggemacht wurde. Rasch ging sie daran,
das Bett zu richten, schüttelte das Kissen auf, zog das Leintuch gerade, strich die Decke glatt. Dann ging sie ins Bad und drehte die Dusche auf. Sie zog ihren Pullover und die Jeans aus, legte sie ordentlich in den Schrank, nahm ihr graues Kostüm und eine pinkfarbene Bluse für den Tag heraus, legte alles säuberlich auf den weißen Korbstuhl. Aus der obersten Kommodenschublade nahm sie eine hautfarbene Strumpfhose, dazu frische Unterwäsche, rosa Büstenhalter und Höschen, legte die Sachen auf ihr Kostüm, wollte eben die Unterwäsche ausziehen, die sie anhatte, als sie im Schritt des rosaroten Spitzenhöschens einen Riß bemerkte. »Wie ist denn das passiert?« fragte sie und sah sich den unregelmäßigen Riß, der im Zwickel ihres Höschens klaffte, genauer an.
    Dann warf sie es in den Papierkorb, holte sich ein frisches aus der Schublade, nahm es flüchtig in Augenschein und sah diesmal sofort den langen zackigen Riß im Schritt. »Um Gottes willen, was ist denn das?« Mit wachsendem Entsetzen sah Jess den Rest ihrer Unterwäsche durch und stellte fest, daß alle Höschen auf die gleiche Weise aufgeschlitzt worden waren. »Mein Gott!«
    »Jess?« rief Don aus dem anderen Zimmer. »Was schimpfst du da vor dich hin?«
    »Don!« rief sie zurück, unfähig, irgend etwas anderes zu sagen. »Don! Don!«
    Sofort stand er neben ihr. »Was ist denn? Was ist denn los?«
    Wortlos reichte sie ihm die zerrissene Unterwäsche.
    »Ich verstehe nicht.«
    »Sie sind zerrissen. Sie sind alle zerrissen!« Sie zerknüllte den zarten Stoff der Höschen in ihren zitternden Fingern.
    Er starrte sie so verwirrt an, wie Jess sich fühlte. »Deine Höschen sind zerrissen?«
    » Alle sind zerrissen!« rief sie erregt. »Alle ohne Ausnahme. Schau sie dir an. Es sieht doch aus, als wären sie mit einem Messer aufgeschlitzt worden.«

    »Jess, das ist ja verrückt. Wahrscheinlich sind sie in der Waschmaschine zerrissen.«
    »Ich wasche sie mit der Hand«, fuhr Jess ihn ungeduldig an. »Rick Ferguson war hier, Don. Rick Ferguson hat das getan. Er war hier. Er war in meiner Wohnung und hat meine Sachen durchwühlt.«
    Jetzt verlor Don die Geduld. »Jess, ich kann ja verstehen, daß du erregt bist, aber findest du nicht, du bist ein bißchen vorschnell mit deinen Behauptungen?«
    »Wer kann es denn sonst gewesen sein, Don? Wer sonst würde so was tun? Es kann nur Rick Ferguson gewesen sein. Kennst du

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