Schau Dich Nicht Um
Sekretärin her, die kann bleiben, solange der Schlosser da ist.«
»Ist das dieselbe Sekretärin, die mir die Unterwäsche bringt?«
»In der Kanzlei ist im Augenblick nicht viel los.«
»Das glaub ich dir aufs Wort.«
»Außerdem solltest du mal über einen Leibwächter nachdenken«, setzte er hinzu.
»Ein Leibwächter? Für wen denn?«
»Für den Weihnachtsmann. Was glaubst du denn, Jess? Für dich natürlich!«
»Ich brauche keinen Leibwächter.«
»Man hat in deine Wohnung eingebrochen, man hat deine Unterwäsche zerfetzt. Es war wahrscheinlich dieselbe Person, die dein Auto demoliert hat und dir diesen widerlichen Brief geschickt hat. Und du bist der Meinung, du brauchst keinen Leibwächter?«
»Ich kann mich doch nicht auf unbestimmte Zeit rund um die Uhr überwachen lassen. Was wäre das denn für ein Leben?«
»Na schön, dann laß ich eben Rick Ferguson von einem Privatdetektiv überwachen.«
»Was? Moment mal. Jetzt komm ich überhaupt nicht mehr mit. Darfst du das denn? Verstößt das nicht gegen das Berufsethos? Ich meine, den eigenen Mandanten von einem Privatdetektiv bespitzeln zu lassen.«
»Ich wollte schon einen Detektiv anheuern, nachdem ich gehört hatte, was mit deinem Wagen passiert war. Ich hätte es tun sollen, verdammt noch mal, dann wäre das hier vielleicht nicht geschehen. Und wenn Ferguson unschuldig ist, braucht er sich ja sowieso keine Sorgen zu machen.«
»Genau meine Rede.«
»Jess, ich liebe ich. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn dir etwas passiert.«
»Aber ist denn so ein Privatdetektiv nicht sehr teuer?« fragte sie, um das Gespräch in unpersönlichere Bahnen zu lenken.
»Betrachte es als mein Weihnachtsgeschenk. Tust du mir den Gefallen?« fragte er, und es klang tatsächlich, dachte Jess verwundert, als täte sie ihm einen Gefallen, wenn sie dieses großzügige Angebot annahm.
»Danke«, sagte sie.
»Das eine kann ich dir sagen«, erklärte er ernst. »Wenn tatsächlich Rick Ferguson der Kerl ist, der dich belästigt, dann knalle ich ihn eigenhändig ab, ob er nun mein Mandant ist oder nicht.«
19
W ürden Sie den Geschworenen bitte Ihren vollen Namen nennen.«
»Terrence Matthew Wales.«
Jess stand von ihrem Platz hinter dem Tisch der Staatsanwaltschaft auf und ging, die Augen auf den Angeklagten gerichtet, zum Zeugenstand. Terry Wales erwiderte ihren Blick ruhig, sogar respektvoll. Er hielt die Hände im Schoß gefaltet und saß leicht vorgebeugt, als wollte er auf keinen Fall etwas überhören, was sie sagte. In seinem dunkelgrauen Anzug, der farblich wie auf ihr Kostüm abgestimmt schien, bot er das Bild eines Mannes, der sich sein Leben lang bemüht hatte, das Rechte zu tun, und nun so bekümmert und überrascht wie jeder andere darüber war, wie sich alles entwickelt hatte.
»Sie wohnen in Chicago in der Kinzie Street Nummer 2427?«
»Ja.«
»Sie wohnen seit sechs Jahren dort?«
»Das ist richtig.«
»Und vorher haben Sie am Vernon Park Place 16 gewohnt?«
Er nickte.
»Bitte antworten Sie so, daß der Gerichtsstenograph Sie hören kann, Mr. Wales.«
»Ja«, sagte er hastig.
»Warum sind Sie umgezogen?« fragte Jess.
»Wie bitte?«
»Warum sind Sie umgezogen?« wiederholte Jess.
Terry Wales zuckte die Achseln. »Warum zieht man um?«
Jess lächelte und behielt einen leichten Ton bei. »Es interessiert mich nicht, warum man umzieht, Mr. Wales. Es interessiert mich, warum Sie umgezogen sind.«
»Wir wollten ein größeres Haus.«
»Sie brauchten mehr Platz? Eine größere Anzahl von Zimmern?«
Terry Wales hustete hinter vorgehaltener Hand. »Als wir in das Haus am Vernon Park Place gezogen sind, hatten wir ein Kind. Als wir in die Kinzie Street umgezogen sind, hatten wir zwei.«
»Ja, Sie haben uns bereits gesagt, daß Ihre Frau es mit dem Kinderkriegen eilig hatte. Sagen Sie mir, Mr. Wales, wie viele Zimmer hatte denn das Haus am Vernon Park Place?«
»Fünf.«
»Und das Haus in der Kinzie Street?«
»Fünf«, sagte er leise.
»Bitte? Sagten Sie fünf?«
»Ja.«
»Ach, die gleiche Anzahl von Zimmern. Dann war wohl das Haus im allgemeinen größer?«
»Ja.«
»Es war genau einen Quadratmeter größer«, sagte Jess sachlich.
»Wie?«
»Das Haus in der Kinzie Street war einen Quadratmeter größer als das Haus am Vernon Park Place. Also ungefähr so viel«, erklärte sie und schritt vor den Geschworenen eine Fläche von einem Quadratmeter ab.
»Einspruch, Euer Ehren«, rief Hal Bristol, der Verteidiger. »Das ist nicht
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