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Schau Dich Nicht Um

Titel: Schau Dich Nicht Um Kostenlos Bücher Online Lesen
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Tage sich löste und verflog. Sie lachte aus reiner Lebensfreude, aus Wonne über die wunderbare Befreiung, die dieses Lachen brachte. Sie lachte so heftig, daß ihr der Magen weh tat und die Tränen aus den Augen sprangen. Adam küßte ihr die Tränen von den Wangen.
    »Nein«, sagte sie und entzog sich ihm. »Ich kann wirklich nicht. Ich brauche Zeit zum Nachdenken.«
    »Wieviel Zeit?«
    »Ich könnte ja beim Abendessen nachdenken«, hörte sie sich sagen.
    Er war schon an der Tür. »Wohin möchtest du gehen?«
    Wieder lachten sie beide. »Wie wär’s, wenn ich uns einfach hier etwas mache?« fragte Jess.
    »Ich dachte, du kannst nicht kochen.«
    »Folge mir unauffällig«, sagte sie und ging ihm lachend voraus, am Eßtisch vorbei, wo sie die Tüte mit den Brötchen mitnahm, und
weiter in die Küche. »Eines oder zwei?« fragte sie und öffnete die Klappe des Mikrowellenherds.
    Er hielt zwei Finger hoch. »Ich mach inzwischen den Wein auf.«
    »Ich glaube, ich hab gar keinen Wein da«, sagte sie betreten.
    »Was, kein Wein?«
    Sie öffnete den Kühlschrank. »Und auch keine Limo.«
    »Kein Wein?« sagte er wieder.
    »Wir können Wasser trinken.«
    »Brot und Wasser«, sagte er nachdenklich. »Sag mal, wo hast du denn deine Kochkünste her? Aus dem Zuchthaus vielleicht?«
    Jess hörte auf zu lachen. »Warst du schon mal im Gefängnis?« fragte sie.
    Er sah erst verblüfft aus, dann erheitert. »Was ist denn das für eine Frage?«
    »Ach, ich wollte nur Konversation machen.«
    »Das ist deine Vorstellung von Small talk?«
    »Du hast die Frage nicht beantwortet.«
    »Ich habe nicht gedacht, daß es dir ernst ist.«
    »Ist es mir auch nicht«, sagte Jess rasch, während sie vier Brötchen auf einen Teller legte und ihn in den Mikrowellenherd schob.
    »Ich war nie im Gefängnis, Jess«, sagte Adam.
    Sie zuckte die Achseln, als wäre die Sache völlig belanglos. »Nicht mal, um einen Freund zu besuchen?« Der gezwungen beiläufige Ton tat selbst ihren eigenen Ohren weh.
    »Du glaubst, ich verkehre mit Verbrechern? Jess, was tue ich hier?«
    »Sag du mir das«, erwiderte Jess, aber Adams einzige Antwort war ein Lächeln.
     
    »Du warst also ein Einzelkind«, sagte Jess. Sie saßen auf dem Boden vor dem Sofa bei ihrem kargen Abendessen.
    »Ein sehr verwöhntes Einzelkind«, erläuterte er.

    »Meine Schwester behauptet immer, zu viel Liebe könnte ein Kind nie verwöhnen.«
    »Das hört sich an, als wäre sie eine sehr gute Mutter.«
    »Ich glaube, das ist sie auch.«
    »Das scheint dich zu überraschen.«
    »Ich hab’s nur einfach nicht von ihr erwartet.«
    »Was hast du denn von ihr erwartet?«
    »Ich weiß nicht genau. Eine brillante Karriere wahrscheinlich.«
    »Vielleicht wollte sie die dir überlassen.«
    »Vielleicht«, stimmte Jess zu. Irgendwie gelang es Adam immer, das Gespräch wieder auf sie zurückzulenken. »Wolltet ihr nie Kinder, du und deine Frau?«
    »Doch, wir haben uns Kinder gewünscht«, sagte er. »Aber irgendwie hat’s nie geklappt.«
    Sein Ton verriet Jess, daß dies ein Thema war, das er nicht weiterzuverfolgen wünschte. Sie aß das letzte Stück Brötchen, hob das Glas Wasser zum Mund.
    »Wie war deine Mutter?« fragte er plötzlich.
    »Was?« Jess’ Hand begann zu zittern, das Wasser ergoß sich aus dem Glas auf den Boden. Sie sprang auf. »Oh, mein Gott.«
    Er griff nach ihrem Arm und zog sie sachte wieder auf den Teppich hinunter. »Beruhig dich doch, Jess, es ist ja nur Wasser.« Mit seiner Serviette tupfte er das verschüttete Wasser auf. »Was ist denn los?«
    »Nichts.«
    »Warum zitterst du dann wie Espenlaub?«
    »Unsinn, ich zittere überhaupt nicht.«
    »Was hat deine Mutter dir angetan?«
    »Was soll das heißen, was hat sie mir angetan?« fragte Jess ärgerlich. »Sie hat mir gar nichts angetan. Was redest du da?«
    »Warum willst du nicht über sie sprechen?«
    »Warum sollte ich?«

    »Weil du nicht willst«, sagte er ruhig. »Weil du Angst hast, über sie zu sprechen.«
    »Ach, auch eine von meinen Phobien?« fragte Jess sarkastisch.
    »Das mußt schon du mir sagen.«
    »Hat dir schon mal jemand gesagt, daß du einen guten Anwalt abgeben würdest?«
    »Was ist mit deiner Mutter passiert, Jess?«
    Jess schloß ihre Augen. Sie sah ihre Mutter in der Küche ihres Hauses stehen. Sie weinte . Das habe ich nicht nötig , Jess, sagte sie. Das muß ich mir von dir nicht gefallen lassen . Jess öffnete hastig die Augen. »Sie ist verschwunden«, sagte sie.
    »Verschwunden?«
    »Sie

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