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Schau Dich Nicht Um

Titel: Schau Dich Nicht Um Kostenlos Bücher Online Lesen
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die Wand, die die beiden kleinen Räume voneinander trennte. Sie hatte das höhnische Grinsen auf Rick Fergusons Gesicht gesehen, als sie aus dem Zimmer gegangen war, um sich mit Don auseinanderzusetzen. Sie wußte, daß ihm völlig klar war, was vorging, und daß er sich an ihrem Dilemma weidete.
    »Also, entweder stellst du meinen Mandanten unter Anklage, oder du läßt ihn frei.«
    »Ihn freilassen! Kommt ja nicht in Frage.«
    »Dann willst du ihn also festnehmen? Mit welcher Begründung? Aufgrund von was für Beweisen? Du weißt genau, daß du absolut
nichts in der Hand hast, um Rick Ferguson mit dem Verschwinden Connie DeVuonos in Verbindung zu bringen.«
    Jess wußte, daß er recht hatte. Sie hatte keine Beweise, die eine Festnahme gerechtfertigt hätten. »Herrgott noch mal, Don, ich will ihn ja gar nicht festnehmen. Ich möchte nur mit ihm reden.«
    »Aber mein Mandant möchte nicht mit dir reden.«
    »Er würde es vielleicht wollen, wenn sein Anwalt sich nicht dauernd einmischen würde.«
    »Aber ich werde nicht aufhören, mich einzumischen, Jess, das weißt du.« Jetzt war es an Don, tief Luft zu holen. »Du hast gegen Zusatzartikel fünf und sechs unserer Verfassung verstoßen, die einem Beschuldigten das Recht auf anwaltschaftliche Vertretung und das Recht zu schweigen garantieren. Ich habe jedes Recht, hierzusein.«
    Jess wollte ihren Ohren nicht trauen. »Willst du mich für dumm verkaufen? Du kennst doch die letzte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs so gut wie ich. Das Recht auf Belehrung und auf die Anwesenheit eines Anwalts gelten nur bei der ersten Festnahme. Sie gelten nicht bei nachfolgenden Vergehen.«
    »Kann sein, kann auch nicht sein. Vielleicht sollten wir die Angemessenheit deiner Handlungen von der Anwaltskammer beurteilen lassen und von einem Gericht darüber befinden lassen, was für Rechte mein Mandant noch besitzt. Wenn überhaupt welche. Lassen wir die Gerichte darüber entscheiden, ob die Verfassung im Cook County noch in Kraft ist.«
    »Eine echte Bravourrede, Herr Rechtsanwalt«, sagte Jess, wider Willen beeindruckt.
    »Wie dem auch sei, Jess«, fuhr Don fort, und seine Stimme wurde etwas weicher, »du mußt dringenden Tatverdacht nachweisen, um meinen Mandanten festnehmen zu können. Und den hast du nicht.« Er machte eine kurze Pause. »Also, kann mein Mandant jetzt gehen?«

    Wieder blickte Jess zu der Wand, die die beiden Vernehmungsräume voneinander abtrennte. Selbst durch die geschlossene Tür konnte sie Rick Fergusons Verachtung spüren. »Wie hast du eigentlich erfahren, daß wir ihn festgenommen hatten?« Sie hoffte, man hörte ihrer Stimme die Niederlage nicht allzu deutlich an.
    »Seine Mutter hat bei mir in der Kanzlei angerufen. Sie hat Rick anscheinend in der Arbeit angerufen, und sein Vorarbeiter hat ihr erzählt, was passiert war.«
    Jess schüttelte den Kopf. War es nicht immer so? Wahrscheinlich hatte die Frau ihren Sohn zum ersten Mal seit Jahren in der Arbeit angerufen, und dann natürlich ausgerechnet heute. »Wieso denn, ist ihr der Alkohol ausgegangen?«
    »Ich möchte mit meinem Mandanten sprechen, Jess«, sagte Don, ohne auf ihren Sarkasmus einzugehen. »Also, läßt du mich jetzt mit ihm sprechen oder nicht?«
    »Wenn ich dir erlaube, mit ihm zu sprechen, sagst du ihm doch nur, daß er den Mund halten soll«, stellte Jess fest.
    »Und wenn du ihn hier festhältst, mußt du ihm einen Anwalt zugestehen.«
    »Nennt man das eine Zwickmühle?«
    »Das nennt man das Gesetz.«
    »Du brauchst mich nicht über das Gesetz zu belehren«, sagte Jess bitter. Sie wußte, daß es keinen Sinn hatte weiterzumachen. Sie ging in den Flur hinaus und klopfte an die nächste Tür. Ein uniformierter Beamter öffnete ihr. Jess und Don traten rasch ein. Ein Kriminalbeamter in Zivil, mit resigniertem Gesicht, als hätte er von Anfang an gewußt, wie das Gespräch ausgehen würde, stand an der hinteren Wand und lutschte auf dem Mundstück einer nicht angezündeten Zigarette. Rick Ferguson, in schwarzen Jeans und brauner Lederjacke, saß auf einem kleinen Holzstuhl. Seine Hände waren an die Wand hinter ihm gekettet.
    »Nehmen Sie die Dinger jetzt ab«, befahl Don ungeduldig.
»Ich hab kein Wort gesagt, Herr Rechtsanwalt«, sagte Rick Ferguson und sah Jess herausfordernd ins Gesicht.
    Jess gab dem Kriminalbeamten ein Zeichen, der seinerseits dem uniformierten Beamten zunickte. Gleich darauf wurde Rick Ferguson von den Handschellen befreit.
    Er rieb sich nicht die Handgelenke und

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