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Schau mir ins Herz

Schau mir ins Herz

Titel: Schau mir ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Hope
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willensstark, sonst wäre er für immer geblieben.“
    „Für immer“, wiederholte Nicolas nachdenklich. „Eine lange Zeit. Er und Kalypso wären noch hier, an dieser Stelle, an der Sie und ich gerade stehen, Carol.“
    Er nahm ihre Hand in seine, und die Wärme seiner Berührung ging ihr durch und durch. Sie fühlte sich benommen, als sie zu ihm aufsah. Ihr Herz schlug viel zu schnell, und ihre Stimme klang atemlos, als sie erwiderte: „Und sie würden sehen, was wir sehen, und hören, was wir hören.“
    Das Mondlicht hatte die dunkle See in einen silbernen Spiegel verwandelt. Eine einsame Möwe kreischte, und das entfernte Rauschen der Wellen drang wie ein Flüstern vom Strand zu ihnen herauf.
    „Sie wären nicht so lange stehen geblieben“, sagte Nicolas leise. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und sah ihr in die Augen. Dann beugte er sich zu ihr und küsste sie.

4. KAPITEL
    Das einzig Dumme an magischen Momenten ist, dass sie nicht ewig währen, dachte Carol, als sie am nächsten Morgen aufwachte. Sie lag in der schmalen Schlafkoje des Wohnwagens, den Madrilena benutzt hatte, und spürte dem Abend mit Nicolas nach. Ihre Gefühle schwankten zwischen euphorischem Glück und abgrundtiefem Bedauern.
    Sie konnte die intensive Freude, die sie in seinen Armen empfunden hatte, noch immer fühlen, seine fordernden Lippen auf ihren, seinen Körper, der sich gegen ihren presste. Sie erinnerte sich an den unverwandten Blick seiner fesselnden Augen und an sein leises Lachen, als sie irgendwann versucht hatte, sich von ihm zu lösen.
    Wieso war es ihr auf einmal so wichtig gewesen, Abstand zu ihm herzustellen? Wo doch alles in ihr danach gestrebt hatte, sich den überwältigenden Gefühlen hinzugeben, die sie durchfluteten? War es Naivität gewesen? Instinkt? Auflehnung? Vorsicht? Ihre alberne englische Schulmädchenhaltung?
    Nicolas hatte gelacht, sie noch einmal geküsst, mit einer Gründlichkeit, die ihr den Atem raubte, und sie losgelassen.
    Normalerweise gab Carol sich nicht irgendwelchen Tagträumen über die Männer hin, die zu verschiedenen Zeiten in ihr Leben getreten waren. Nicht dass es viele gewesen wären, und ganz gewiss hatte keiner von ihnen eine besondere Rolle für sie gespielt. Ganz im Gegensatz zu Nicolas. Er hatte mit seinem Kuss bislang ungeahnte Sehnsüchte in ihr geweckt.
    Und er? Wie ging es ihm mit dem gestrigen Nachmittag, dem wie in goldene Farbtöne getauchten Abend und der von silbernem Licht durchwirkten Nacht? Betrachtete er ihre gemeinsame Zeit lediglich als eine willkommene Ablenkung? Ein amüsantes Zwischenspiel? Carol rief sich seinen Augenausdruck in Erinnerung, als sie sich voneinander verabschiedet hatten, und stellte fest, dass sie in Gefahr war, sich vorzustellen, wie es wäre, wenn er sie liebte. Wenn sie nicht nur einen Tag mit ihm hätte oder eine Woche, sondern ein ganzes Leben.
    Ein energisches Klopfen an der Wohnwagentür ließ sie hochschrecken. Kate trat ein, einen Becher dampfenden Tee in der Hand und ein breites Lächeln auf den Lippen.
    „Ich weiß, es ist Sonntag“, sagte sie, „aber Varelle will proben.“
    Sie setzte sich auf die Bettkante und schaute sich um. „Überflüssig zu fragen, ob Sie das Volksfest genossen haben“, fuhr sie fort, als ihr Blick auf eine welkende gelbe Blüte fiel, die Carol auf dem Frisiertisch abgelegt hatte. „Varelle und ich haben Sie und den barone gestern gesehen. Sie waren ziemlich intensiv miteinander beschäftigt, wie mir schien.“
    „Unsinn“, erwiderte Carol. „Nicolas und ich haben uns nur unterhalten. Er hat mir viel über die Landwirtschaft auf der Insel erzählt. Wussten Sie, dass hier Pfirsiche und Feigen und Wein angebaut werden, aber auch Kartoffeln und Tomaten?“
    „Wie ungeheuer romantisch“, gab Kate spöttelnd zurück. „Hießen Tomaten früher nicht mal Liebesäpfel?“
    „Sie sagten, Varelle will proben?“, wechselte Carol das Thema. Sie hatte nicht die Absicht, über Liebe zu sprechen, egal in welcher Form.
    „Ja, richtig. Die Trauung in der Kapelle auf der Klippe“, erwiderte Kate. „Und die Hochzeitsprozession, die vom Hafen heraufkommt. Ohne Kostüme, nur den Szenenablauf. Also nichts, worüber Sie sich Sorgen machen müssten.“
    Aber nachdem sie am Set eingetroffen war, stellte Carol fest, dass sie jeden Anlass zur Sorge hatte. Die einfachsten Bewegungen – Gehen, Stehen, Drehungen – schienen plötzlich so schwierig wie die Choreografie eines Balletts.
    „Nein, nein, nein!“, brüllte

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