Schaut nicht weg
gut herausarbeiten, dass nur jede und jeder selbst bestimmen kann, welche Berührungen gefallen und welche nicht. Kinder lernen so begreifen, dass Menschen unterschiedlich sind und dementsprechend anders empfinden – und dass jeder Mensch, jeden Alters das Recht dazu hat, seine eigenen Grenzen spüren und benennen zu dürfen! Gerade Jugendliche haben oft, genau wie wir Erwachsene, verlernt, auf ihr »inneres Alarmsystem« zu hören. Ihnen fällt es häufig besonders schwer, darauf zu achten, ob jemand ihre körperliche Grenzen verletzt oder ihnen zu nahe kommt. Die Angst, sich lächerlich zu verhalten, aufzufallen oder als zickig zu gelten, steht ihnen bei ihren Körperwahrnehmungen häufig im Weg. Deshalb wird gerade in Selbstbehauptungskursen mit Jugendlichen vor allem die Wahrnehmung der Körpergefühle trainiert.
Doch auch die Gefühlswahrnehmung lohnt es sich zu schulen. Denn je besser Kinder die eigenen Gefühle lesen lernen, desto besser können sie sie auch differenzieren undkommunizieren. Kinder können auf Anhieb meist nur die Grundgefühle wie Trauer, Angst, Fröhlichkeit, Wut oder Glück benennen – doch es gibt ja noch so viel mehr Gefühlszustände. Man kann mit Kindern das Benennen dieser Gefühle auf spielerische Art und Weise trainieren. Zum Beispiel mit einem großen Schaumstoffwürfel, auf dem verschiedene Gesichtsausdrücke abgebildet sind – dem so genannten »Mimürfel«. Bei diesem Spiel dürfen die Kinder zum Beispiel würfeln und dann eine Situation nennen, in der sie sich entsprechend gefühlt haben. Ein gutes Hilfsmittel sind auch gemeinsam gebastelte »Gefühlsuhren«, die an jeder Zimmertür hängen und mit deren Hilfe der jeweilige Zimmerbewohner seine derzeitige Laune deutlich machen kann. Gern lassen sich Kinder auch auf Spiele ein, bei denen sie pantomimisch verschiedene Gefühle ausdrücken oder anhand der Körperhaltung der anderen Mitspieler die dargestellten Gefühle erraten sollen. Und natürlich gibt es auch zu diesem Thema wieder ganz wunderbare Bilderbücher wie beispielsweise »Ich und meine Gefühle« (Kreul/Geisler) oder »Schön & blöd« (Enders/Wolters).
»Schlechte Geheimnisse«: Sich mitteilen dürfen
In Präventionsprojekten wird mit Kindern häufig besprochen, was gute und was schlechte Geheimnisse sind. Als gute Geheimnisse geben die Kinder oft an: »Ich bekomme ein Geschwisterchen, aber es soll noch niemand wissen« oder »Ich habe Papa was zum Vatertag gebastelt, aber er darf es erst in einer Woche sehen« oder »Ich bin in jemand verliebt, aber niemand weiß es«. Als schlechte Geheimnisse werden von den Kindern benannt: »Ich habe die Schokolade genommen und mein Bruder hat den Ärger dafür bekommen« oder »Ich habe mit der Lieblingskette von Mama gespieltund sie ist kaputtgegangen und Mama hat es noch nicht bemerkt« oder »Ich habe eine schlechte Note in der Mathearbeit geschrieben und es meinen Eltern noch nicht gesagt«. Eines von vielen schlechten Geheimnissen, die genannt werden, kann aber auch sein: »Mich fasst jemand an, obwohl ich das nicht will, und der hört auch nicht auf, wenn ich nein sage.« In den Projekten werden die Kinder dann gefragt, wie sie sich fühlen, wenn sie ein gutes Geheimnis haben. Ihre Antworten lauten: »Dann bin ich ganz froh und zappelig« oder »Ich muss immer lachen«. Auf die Frage, wie sie sich bei einem schlechten Geheimnis fühlen, fallen den Kindern viele Antworten ein: »Ich mag nichts mehr essen« oder »Ich habe Kopfweh und Bauchweh« oder »Ich träume schlecht« oder »Ich mag nicht mehr spielen« und vieles mehr. Mädchen und Jungen brauchen von ihren Eltern und anderen vertrauten Erwachsenen also die ausdrückliche Erlaubnis, ein schlechtes Geheimnis weitererzählen zu dürfen! Sie brauchen die Versicherung, dass dies kein Vertrauensbruch und auch kein Petzen ist. Denn ein schlechtes Geheimnis weiterzuerzählen ist wichtig – damit sie oder ihre Freunde in schwierigen Situationen Hilfe erhalten können.
»Dann schrei ich Nein«: Lautes Neinsagen ist erlaubt!
Viele Eltern sind der Meinung, dass ihre Kinder problemlos in der Lage sind, laut und deutlich »Nein« zu sagen. Doch in Präventionsprojekten stellen Fachleute immer wieder fest, dass Jungen und Mädchen mit zunehmendem Alter immer weniger gut »Nein« sagen können. Denn insbesondere Mädchen lernen schon früh, dass sie nicht laut werden und nicht auffallen dürfen. Doch »Neinsagen« ist durchaus wichtig, denn es gibt viele Situationen im Leben,
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