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Scheherazade macht Geschichten

Titel: Scheherazade macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Shaw Gardner
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jemand?«
    » Ihr müßt mir verzeihen, o König«, meinte der Wachposten leise, »aber die Königin, Scheherazade, und ihre Schwester, Dunyazad, sind gekommen, um Euch in Euren Gemächern Gesellschaft zu leisten, wie Ihr es befohlen habt.«
    »Du wagst es?« wollte der König wissen. »Diese Unverschämtheit!« Er hob sein Schwert, als wolle er die Wache in zwei Hälften spalten. In diesem Augenblick fiel sein Blick jedoch auf die beiden Frauen, und der zornige Ausdruck auf seinem Gesicht war wie weggewischt. »Aber da sind ja meine geliebte Scheherazade und ihre bezaubernde Schwester Dunyazad! Warum hast du mir denn nicht gesagt, daß sie da sind?«
    »Es ist allein meine Schuld«, erwiderte der Wächter schnell. Sein Blick haftete noch immer an dem Schwert, das sein König über den Kopf erhoben hatte. »Wünscht mein Herr, mir eine Rüge zu erteilen?«
    »Nur, wenn du dich nicht augenblicklich zurückziehst!« entgegnete Shahryar. Der Wächter verbeugte sich gehorsam und verschwand mit erstaunlicher Geschwindigkeit rückwärts aus dem Zimmer.
    »Gut. Ich bin froh, daß wir endlich alleine sind. Jetzt kann ich euch eine angemessene Begrüßung zukommen lassen.«
    Scheherazade hätte sich bedeutend wohler gefühlt, wenn Shahryar sein Schwert endlich wieder gesenkt hätte. Ganz höflich wies sie ihn auf diese Möglichkeit hin.
    »Schwert?« fragte der König. »Welches Schwert?« Er blickte nach oben. »Oh, dieses Schwert. In letzter Zeit scheine ich ein wenig vergeßlich zu werden.« Er ließ das Schwert sinken und legte es neben sich auf einen Diwan. »Vielleicht brauche ich ein wenig Ruhe.«
    »Vielleicht«, meinte Scheherazade hilfsbereit, »könnte ich Euch bestimmte Stellen meines Körpers als Ruhekissen anbieten?«
    Doch statt wie sonst einen verzückten Ausdruck anzunehmen, wurde das Gesicht des Königs an diesem Abend aschfahl. »Ver-Vernaschen?« Er wischte sich mit einem Seidentuch über seine feuchte Stirn. »Nun, das wäre vielleicht eine Möglichkeit – nachdem ich mich etwas ausgeruht habe.«
    Nun gab es keinen Zweifel mehr für Scheherazade: Der König war tatsächlich, nicht er selbst.
    »Doch halt, schaut, was ich gefunden habe!« rief der König überrascht. Wieder hielt er das Schwert in den Händen. Es schien fast so, als wäre es ganz ohne sein Zutun dorthin gelangt, als hätte die Waffe ein Eigenleben. »Ja, mein Freund. Wir wissen, was ein Schwert braucht.« Sein Lächeln war äußerst unangenehm. »Zerstückeln, zerfleischen, zerhacken, verstümmeln!«
    Unwillkürlich legten Scheherazade und Dunyazad die Hände schützend um ihre Kehlen. Diese Bewegung erregte die Aufmerksamkeit des Königs.
    »Aber was tue ich da?« fragte Shahryar, als sein Blick erneut auf seine Frau fiel. »Spiele mit Schwertern, wenn ich doch Gäste habe, um die ich mich kümmern sollte!« Sein Griff lockerte sich, und das Schwert fiel klappernd zuBoden. »Ich verspüre keinerlei Verlangen danach, meine Geliebte mit einer Waffe zu attackieren. Vor allem nicht, wenn sie noch eine Geschichte zu Ende erzählen muß.«
    Als sie das hörte, lächelte Scheherazade. Vielleicht zeigte ihre Anwesenheit doch einen positiven Einfluß auf Shahryar. Immerhin war es ihr gelungen, die Aufmerksamkeit des Königs von Schwertern abzulenken.
    Stirnrunzelnd starrte Shahryar nach unten. »Allerdings kann ich eine so wundervolle Waffe wie diese hier nicht einfach auf dem Boden liegen lassen. Sie ist ein Geschenk, wie ihr wißt.« Er sah die beiden Schwestern fast entschuldigend an, als er sich bückte. »Was würde meine Mutter dazu sagen?«
    »Laßt uns nicht von Eurer Mutter reden«, schlug Scheherazade vor. »Laßt uns lieber über uns reden. Und den vielversprechenden Abend, der vor uns liegt.«
    Der um Verzeihung bittende Ausdruck auf dem Gesicht Shahryars verschwand in dem Augenblick, in dem er das Schwert berührte. »Abtrennen, abhacken, in Stücke hauen, zerfetzen, zerkrümeln, zerschnippeln!« Wieder steigerte sich seine Stimme zu einem wilden Triumphgeschrei. Dann schüttelte der König den Kopf. »Verzeih mir, o Königin. Ich war ein wenig abgelenkt. Hast du etwas gesagt?«
    »Ich habe Euch nur daran erinnert, daß ich noch meine Geschichte zu Ende erzählen muß.«
    »Zerpflücken, zertrennen, zerteilen, tranchieren, zerfleddern!« schrie der König, während er sein Schwert in die Scheide zurücksteckte. »So. Das ist viel besser.« Er atmete tief ein, versuchte gegen das Zittern seiner Muskeln anzukämpfen und sich zu

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