Scheherazade macht Geschichten
schwarzen Schleiern stets ein Lächeln aufgesetzt hatten, dieses Lächeln jedoch niemals etwas Gutes verhieß?
Sie wachte dreimal im Verlaufe des Morgens auf, aber außer ihr und Dunyazad war nie jemand im Raum.
Bis auf ein paar Schatten.
Das 10. der 35 Kapitel,
in dem ein Huhn nicht viel zu tun hat, sich aber trotzdem niemand wünscht, ein solches zu sein.
Schließlich wurde es wieder Zeit für die beiden Schwestern. Es galt, sich auf einen weiteren Abend in Gesellschaft des Königs vorzubereiten. Diesmal wurden sie jedoch nicht von sechs, sondern nur von fünf Sklavinnen bedient. Während sie und ihre Schwester auf dem Weg zu den Baderäumen waren, brachte Dunyazad dies zur Sprache und fügte besorgt hinzu: »Ist eine von euch etwa krank geworden?«
Die übriggebliebenen fünf Dienerinnen sahen einander an, bis schließlich eine der Frauen, die die Ranghöchste unter ihnen zu sein schien, sich an die beiden Schwestern wandte und sagte:
»Ach! Wir wissen nicht, was mit ihr geschehen ist«, lautete ihre Antwort. »Gestern abend, als wir die Gärten verließen, um in unsere Schlafräume zu gehen, schien noch alles in Ordnung zu sein. Als wir jedoch im Morgengrauen erwachten und uns an unserem üblichen Treffpunkt versammelten, stellten wir fest, daß wir nur zu fünft waren.« »Und die andere Frau?« fragte Dunyazad. »Wir gingen, um sie zu holen«, erwiderte die Dienstälteste der Dienerinnen, »aber sie war verschwunden.«
»Doch das war noch nicht das Schlimmste«, drängte eine der anderen Sklavinnen. »Erzähl ihr, was du in ihrem Schlafgemach gefunden hast!«
»Was du gefunden hast?« wiederholte Scheherazade. »Ja«, drängte die zweite Dienerin. »Erzähl der Königin, was du in den Kleidern unserer Schwester gefunden hast!«
»Nun, möglicherweise hat es gar nichts mit unserer vermißten Kameradin zu tun«, schränkte eine der anderen ein. »Seltsam ist es allerdings schon...«
»Nun gut«, unterbrach die Älteste. »Als Ranghöchste unter den Dienerinnen ist es meine Pflicht, diejenigen zu wecken und gegebenenfalls zu maßregeln, die sich verspäten. Doch als ich an den besagten Diwan trat, lag dort keine Frau.«
»Aber die Kleider, die drauf lagen, bewegten sich!« warf eine dritte Dienerin ein.
»In der Tat«, stimmte ihr die Dienstälteste ein wenig barsch zu. »Da war etwas unter diesen Kleidern, das sich hin und her wand, als wolle es sich einen Weg ins Freie bahnen.«
Die Dienerin sah von Scheherazade zu Dunyazad, bevor sie fortfuhr: »Also lag da doch etwas auf dem Diwan, aber dieses Etwas war bei weitem nicht so groß wie die verschwundene Frau, sondern ziemlich klein und viel flinker. Ihr könnt Euch sicher vorstellen, was mir bei diesem überraschenden Anblick alles durch den Kopf schoß. Welcher Dämon mochte wohl den Platz unserer Schwester eingenommen haben? Ängstlich, wie ich war, ergriff ich den Saum ihres Gewandes so weit wie möglich entfernt von dem sich bewegenden Körper und zog daran.«
»Und was glaubt Ihr wohl, hat sie entdeckt?« wollte die zweite Dienerin wissen.
»Bitte«, meinte die Dienstälteste in nüchternem Tonfall, » ich erzähle die Geschichte.« Sie warf erneut einen Blick auf die Königin und ihre Schwester, bevor sie mit unheilschwangerer Stimme fortfuhr: »Ihr werdet es nicht glauben, aber unter den Kleidern steckte – ein Hühnchen.«
»Ein Hühnchen?« rief Dunyazad erstaunt.
»Gibt es denn viele Hühnchen im Harem?« fügte Scheherazade nicht minder fasziniert hinzu.
»Normalerweise«, antwortete die älteste Dienerin, »nur in einem Kochtopf.«
»Wo kann das Hühnchen dann hergekommen sein?« fragte Scheherazade spitzfindig.
»Genau das ist ja das Rätselhafte«, stimmte ihr die Dienstälteste der Sklavinnen zu. »Und es ist nur eines der vielen Rätsel, die sich uns in letzter Zeit in diesem Harem gestellt haben.«
Aha, dachte Scheherazade. Das war genau das richtige Stichwort.
»Rätsel?« fragte sie. »Was meinst du damit?«
Doch auf diese Frage runzelte die ältere Frau nur die Stirn. »Einige Dinge sollte man vielleicht lieber nicht zu erklären versuchen.« Sie scheuchte die anderen Dienerinnen vor sich her den Gang hinunter. »Das ist typisch«, rief sie, »da stehen wir und tratschen wie die alten Weiber, und Ihr habt noch nicht einmal Euer Bad genommen. Omar wird sehr böse werden, wenn wir Euch nicht rechtzeitig abliefern.«
»Und es ist nicht gut, Omar zu verärgern«, stimmte eine der anderen Dienerinnen zu.
»Er ist ein
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