Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Scheherazade macht Geschichten

Titel: Scheherazade macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Shaw Gardner
Vom Netzwerk:
schlief. Vielmehr vermutete sie, daß ihre Schwester mit Absicht ausgeschaltet worden war, damit Scheherazade und die Frau in Schwarz sich alleine gegenüberstanden, von Frau zu Frau, sozusagen – eine Konfrontation, zu der es sicher bald kommen würde. Vorausgesetzt natürlich, sie überlebte den Besuch beim König.
    So kam es also, daß Omar seine Königin erneut bis vor die Tore geleitete, die zu Shahryars Räumen führten. Und wie erleichtert war Scheherazade, als sie dort jenen Wachposten entdeckte, mit dem sie sich schon ein wenig angefreundet hatte. Der zweite Posten auf der anderen Seite der Tür war ihr allerdings vollkommen fremd.
    Beide Wachen verbeugten sich tief, als ihre Königin sich ihnen näherte. Scheherazade lobte die beiden für ihre Treue und ihr Pflichtbewußtsein. Außerdem erkundigte sie sich nach dem Mann, der am vergangenen Abend verwundet worden war.
    »Ach, meine Königin«, erwiderte der erste Wachposten mit bitterer Stimme und grimmigem Gesicht. »Er scheint in einem Zustand zwischen Tod und Leben zu schweben. Die Wunden an seinem Körper wollen nicht heilen. Fast könnte man meinen, das Schwert, mit dem er niedergestreckt wurde, sei mit einem Fluch behaftet.«
    »Laßt uns zu Allah dem Allmächtigen beten, daß dies nicht der Fall ist«, entgegnete Scheherazade.
    »Und bitten wir außerdem darum, daß Ihr Euch auch weiterhin bester Gesundheit erfreuen mögt«, fügte der Wachposten höflich hinzu. »Doch wenn ich so frei sein darf, meine Königin etwas zu fragen, wo ist Eure Schwester heute abend?«
    »Sie fühlt sich leider ein wenig unpäßlich«, antwortete Scheherazade.
    »Da scheint sie nicht die einzige in diesem Palast zu sein«, meinte der Wachposten trocken. Und damit öffnete er ihr die Tür zu den Räumen des Königs.
    Shahryar machte an diesem Abend einen leicht verwirrten Eindruck.
    »Ah, da bist du ja endlich. Langsam wurde ich ein ganz klein wenig... Ich hatte einen sehr schlechten Tag am Hof... Die Leute baten mich ununterbrochen um mein Urteil, wo ich doch nichts anderes im Sinn hatte, als meine Hände um einen... Aber das sind unbedeutende Kleinigkeiten, über die es sich gar nicht zu sprechen lohnt. Wo ist deine Schwester? Ich hatte eigentlich angenommen, daß sie zu einem festen Bestandteil unserer Abende geworden ist.«
    Scheherazade hatte lange darüber nachgedacht, was sie auf diese Frage antworten sollte. »Selbst die angenehmsten Gewohnheiten können mit der Zeit langweilig werden, wenn die Abwechslung fehlt. Ich dachte mir, daß wir heute abend vielleicht ohne weitere Umstände gleich zum Vernaschen kommen könnten.«
    »Sehr aufmerksam«, erwiderte der König, obwohl er noch immer mit den Gedanken ganz woanders zu sein schien. »Ich wünschte, ich wäre nicht so müde. Pardon? Hast du gerade etwas von – Lanzen gesagt?« Er warf einen fragenden Blick zur Decke. »Ich hätte schwören können, ich hätte etwas gehört.« Seine Augen richteten sich wieder auf Scheherazade. »Ja. Vernaschen. Eine äußerst angenehme Aussicht. Wenn sich nur meine Hände nicht so danach sehnen würden, blanken Stahl zu streicheln!«
    Er zog also tatsächlich nackten Stahl blanken Schenkeln vor? O weh, dachte Scheherazade. Der Zustand ihres Ehemannes verschlimmerte sich von Abend zu Abend. Nun, wenn sie den König nicht mit Hilfe ihres Körpers beruhigen konnte, mußte sie auf andere Mittel zurückgreifen. Und ihr Körper war nicht die einzige scharfe Sache, die sie zu bieten hatte. Scheherazade fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »O mein König«, meinte sie, »vielleicht solltet Ihr es Euch auf jenem Diwan dort bequem machen und mir erlauben, mit meiner Geschichte fortzufahren.«
    »Siegelringe?« schrie der König. »Da hat jemand etwas von...« er brach ab und blinzelte, »... oh, anscheinend doch nicht. Bequem machen? Ja, das hört sich sehr gut an. Und ich bin schon gespannt, wie es mit deiner Geschichte weitergeht. Wie schön. Immer, wenn ich von den Sorgen anderer höre, kann ich meine eigenen leicht vergessen. Ich bitte dich, fahre fort.«
    Scheherazade beeilte sich, dieser Aufforderung nachzukommen, bevor irgendwelche Stimmen, eingebildete oder nicht, sie unterbrechen konnten:
     
    UND WIEDER EINMAL KEHREN WIR ZU DER
    GESCHICHTE VON DEM HÄNDLER UND DEM
    DSCHINN ZURÜCK, IN DER DIE GESCHICHTE
    DER DREI SCHEICHE ENTHALTEN IST,
    VON DENEN DER DRITTE GERADE DIE
    GESCHICHTE VOM FISCHER UND DEM,
    WAS ER IN SEINEM NETZ FING, ERZÄHLT
     
    Und so stimmte der Sultan also

Weitere Kostenlose Bücher