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Scheherazade macht Geschichten

Titel: Scheherazade macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Shaw Gardner
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angenommen, daß diese beiden Symptome auf dieselbe Schwarze Magie zurückzuführen wären. Jetzt sah es allerdings so aus, als habe sich der König mit Hilfe des einen Leidens vom anderen selbst kuriert. War es möglich, daß nicht ein, sondern zwei verschiedene Flüche auf ihm lasteten?
    Der König murmelte etwas in den Bart. Das Wort war zu leise, als daß Scheherazade es hätte verstehen können, doch wie immer es auch gelautet haben mochte, es wurde von einem deutlich erkennbaren Zucken begleitet.
    Scheherazade fragte sich, welche Auswirkung diese jüngste Entdeckung auf ihr weiteres Schicksal haben würde. Auf jeden Fall würde sie ihr das Leben nicht leichter machen. Sie würde doppelt so vorsichtig beim Erzählen ihrer Geschichte sein müssen.
    Wer verfügte wohl über solch geheimnisvolle, mächtige Kräfte? Die Sultana? Die Frau in Schwarz, die möglicherweise Sulima hieß? Scheherazade wünschte sich inständig, daß Dunyazad bei ihr wäre. Sie brauchte jemanden, mit dem sie reden konnte.
    Doch zum Reden blieb ihr gar keine Zeit. Sie mußte mit ihrer Geschichte fortfahren. Und nie zuvor war ihr so deutlich bewußt gewesen, daß sie keinen einzigen Fehler beim Erzählen begehen durfte, oder ihre Geschichte würde enden, bevor sie sie zu Ende erzählt hatte.

Das 20. der 35 Kapitel,
    in dem eine Geschichte
    beendet wird.
     
    So kam es also, daß Scheherazade sich beeilte, mit ihrer Geschichte fortzufahren. Und als sie zu erzählen begann, bemerkte sie, wie die Zuckungen des Königs immer weniger wurden und schließlich ganz aufhörten, was sicher am beruhigenden Klang ihrer Stimme lag.
    Und sie erzählte das Folgende:
     
    DIE GESCHICHTE
    VOM JUNGEN MANN UND DEN FISCHEN,
    DIE IRGENDWO MITTEN IN ANDEREN
    GESCHICHTEN ERZÄHLT WIRD, MIT DENEN IHR
    INZWISCHEN SICHERLICH BESTENS VERTRAUT
    SEID
     
    ›Was also sollte ich tun?‹ fragte der junge Mann, der die Geschichte über die Untreue seiner Frau erzählte (ein Thema, das mir persönlich, wie ich Euch versichern kann, überhaupt nicht liegt, das ich aber aufgreifen muß, da es den Beginn einer moralisch äußerst wertvollen Lektion darstellt).
    ›Ich beschloß, herauszufinden, ob die Geschichten über meine Frau der Wahrheit entsprachen‹, fuhr der Jüngling fort. ›Ich faßte also einen Plan, und als meine Frau zum Palast zurückkehrte, verbrachten wir unseren Abend ganz so, wie wir es sonst auch taten, aßen zusammen und unterhielten uns auf die gewohnte vertraute Art und Weise, die ich einmal für Liebe gehalten hatte. Und als es Zeit war, schlafen zu gehen, reichte mir meine Frau wie an jedem Abend einen Kelch mit Glühwein, den sie nur für mich bereitet hatte.
    An diesem Abend wartete ich mit dem Trinken jedoch darauf, bis meine Frau einmal wegsah. Als sie das schließlich tat, leerte ich den Inhalt des Kelches schnell in eine der Taschen meines Gewandes. Dann ließ ich mich rasch auf meinen Diwan fallen und täuschte laut schnarchend einen tiefen Schlaf vor.
    ›Und somit schläfst du also wieder einmal, o Fluch meines Lebens!‹ sagte meine Frau, sobald sie mich schlafend glaubte. ›Ich werde dich jetzt verlassen und die Nacht mit einem echten Mann verbringen.‹
    Sprachs, kleidete sich in die prächtigsten Gewänder, hüllte sich in den Duft der feinsten Parfüms, schmückte sich mit den kostbarsten Juwelen und schnallte sich zuletzt mein Schwert um die Hüften, bevor sie schließlich den Palast verließ.
    Kaum war sie aus meinem Zimmer, da sprang ich auf und folgte ihr. Ich war fest entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen. Ich würde herausfinden, wer dieser Mann war, dem meine Frau Gefühle entgegenbrachte, die sie eigentlich nur mir gegenüber empfinden sollte. Dabei fragte ich mich, was ich wohl falsch gemacht haben könnte. War es ein Fehler gewesen, innerhalb der Familie zu heiraten?
    Mehr als tausend solcher Fragen schossen mir durch den Kopf, während ich meiner Frau aus dem Palast durch die wohlhabenderen Viertel der Stadt folgte, dann durch die weniger wohlhabenden Viertel und die wohl kaum wohlhabend zu nennenden Viertel bis in jene Viertel, in denen das Wort wohlhabend nicht zum Wortschatz der Bewohner zählte. Doch das war nicht die Endstation. Von hier aus ging es weiter zu einem Ort, wie ich ihn nie zuvor gesehen hatte, ein Ort, der noch heruntergekommener war als all die Viertel, die wir zuvor durchquert hatten. Wahrlich, so schmutzig und ärmlich war die Gegend, daß sie nicht einmal einen Namen bekommen hatte.
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